Review

Der ganze Hype und Trubel um Mordum entzieht sich nach Ansehen des Films meinem Verständnis - außer das der hype das erreicht, was er erreichen will, man sieht sich den Film an. Ums gleich vorwegzunehmen, mir hat der Film einfach nicht gefallen. Natürlich wusste ich, dass ich hier keinen Film sehe, der Wert auf Story oder sonst irgendetwas legt. Der Film will Underground sein und ist das (wohl) auch, und er will möglichst auf Biegen und Brechen sick sein, und ist das wohl auch. Jetzt könnte man den Film, wenn man gut gelaunt ist und dazu tendiert zu intellektualisieren (was ich natürlich niemals tue) u.U. eine gesellschaftskritische Note geben. Die verteidigende Argumentationslinie wäre dann wohl folgendermaßen aufzubauen (und manche werden das wohl so oder anders tun, da bin ich mir sicher): Der Film zeigt die Banalität, Trivialität und Bedeutungslosigkeit von Gewalt, Folter und Mord in seinen unterschiedlichen Facetten in einer als Leistungsgesellschaft, Multioptionsgesellschaft, Risikogesellschaft und individualistisch apostrophierten Gesellschaft, die analytisch in Systeme und Felder zerteilt ist und multikontextural wahrgenommen wird, in der Sinn und Leben auf höchstem existenzialistischen Niveau bedeutungslos geworden sind. Verrohung und Gewalt mögen in manchen Milieus und Subgruppen dann gruppendynamisch derart eskalieren, dass durch entsprechende in-group-Perzipierung Folter, Mord und Vergewaltigung einfach nur noch Spaß sind - die Kehrseite der reflexiven Moderne ...usw.usf. blabla. Ja so könnte man es intellektualisieren, aber man kann es auch lassen. Und ob Herr Vogel außer gewollt-initiiertes Underground-shocking auch nur irgendwas anderes im Kopf hatte, ich wage es mal zu bezweifeln.Also zum Film:

1) Gewaltfaktor
Der Film will provozieren, deshalb ist der Film als Fake-Snuff gedreht - was bei mir aber überhaupt keine Wirkung erzielt, außer dass das Bild grauenhaft ist und meine Augen strapaziert wurden - deshalb wird ordentlich viel Puking betrieben und einer aufgeschlitzten Frau der Penis in den Bauch gesteckt und ähnliches. Da das ganze so bedeutungslos runtergekurbelt ist und man die meiste Zeit nichts wirklich erkennt und mich das ganze von Filmaufbau auch gelangweilt hat, kann ich auch der Gewalt nichts abgewinnen, Wirklich brutal ist das ganze auch nicht wirklich, sick ja, aber brutal ist anders. Das ganze Gerede über den Film lässt ihn härter erscheinen als er ist - das ist wie bei Zensur, hat man einen Film zuerst cut gesehen und später dann erst uncut ist man meistens enttäuscht, weil die Fantasie einfach wilder auf einen „eindrischt" als es ein Film schafft. In meiner Wahrnehmung steht die Brutalität auch gar nicht im Vordergrund des Films, sondern der Versuch die westlichen Geschmacksgrenzen auszuloten, was versucht wird durch die Darstellung wirklichkeitsnaher Gewalt zu erreichen. Die Gewaltspitzen sind auch (nennen wir es) überschaubar gesät über den Film und dazwischen passiert einfach nichts

2) Sickofaktor
Den Film diesen Faktor abzusprechen wäre lächerlich. Sick ist er auf jeden Fall, zumindest nach der Definition, die ich unter einem sicken Film verstehe. Ob Mordum nun tatsächlich das sickeste ist, das je gedreht wurde, wage ich mal zu bezweifeln. Es wird allerdings gequält, gekotzt, die Opfer werden drangsaliert, was das Zeug hält, und alles wird wie ein ganz normaler Tag oder Leben von drei eben etwas dissozialen Jugendlichen dargestellt, denen ihr etwas anderes Hobby einfach Spaß macht und die sich über den Gestank verwesener Leichen auslassen können und dabei ihre helle Freude haben, die ihren Opfern „befehlen", gefälligst langsam zu sterben, und die ganz up to date alles aber auch alles auf Kamera bannen müssen - man weiß ja nicht, ob es wirklich passiert ist, wenn man die Welt nicht durch die Kamera beobachtet.
Das ganze wird ganz Guinea Pig-mäßig ohne Motivation, Volition oder Zielsetzung unserer leicht devianten Jugendlichen erzählt, außer eben, dass das Thrill-seeking dominant, die Lust am Quälen intrinsisch konditioniert ist und in der Gruppe als gegenseitig wahrgenommener und erlebter selbstverstärkender Prozess dient. Die Devianz selbst ist das Ziel und bekommt durch das Gebannt-Werden auf Kamera ihre realitätssteigernde Wirkung. Die Dialoge sind alltagsbanal, sinnentleert und belanglos, eben wie es oft genug im ongoing accomplishment im Alltag ist und jeder schon mal mehr oder weniger phänomenal erlebt hat. Die Atmosphäre ist ebenso lebensweltlich-banal-dreckig-asozial und verkommen. Das alles ist sick, da gibt es jetzt nichts zu mäkeln.

3) Partyfeeling
Das lässt sich schnell beantworten: NEIN, definitiv kein Partyfilm. Der ungeübte Sickoseher wird einen eher für geistig nicht ganz dicht halten, den meisten dürfte das Gesamtkonzept einfach zu krass sein und für jemanden, dessen Grenzen mit den amerikanischen oder französischen Folter-/Terror-/Backwood-/Survivalfilmen erschöpft sind, dürfte auch eher angewidert von dannen ziehen. Der Film ist sicherlich geeignet die Stimmung auf einer Party gut zu zerstören, egal wie viel Alkohol konsumiert wurde.
Wer an Mordum Spaß hat oder das ganze witzig findet, hat eine (hmm nennen wir es) nicht sehr standardisierte Humorsozialisation durchlaufen, oder vielleicht (nennen wir es mal läppsch) selber schwer einen an der Klatsche oder (nennen wir es etwas psychologischer) die Bipolar 2- Störung gerade auf der manischen Seite, naja oder (nennen wir es mal im Sinne illegal zu konsumierender Wirkstoffe) hat PCP genommen, wer weiß... vielleicht bin ich aber auch einfach zu konservativ für so einen Film, ich bin ja nicht mehr der Jüngste...

4) Narrative Struktur:
Auch hier gilt, wenn man will, kann man die fehlende Erzählstruktur, das Fehlen einer Handlung, die Langweile des Geschehensfluss, das Nicht-Ereignis zwischen der Gewalteskalation als Versuch deuten, die Banalität des Lebens und deren existenzielle Hoffnungslosigkeit und Ausgerichtet.-Sein auf den Tod als phänomenologisch-existenzialistischen Spiegel einer völlig neo-marxistischen Welt einzufangen, in der das Wirtschaftssystem längst die transkontexturale Codierung durch Programmeinbruch in alle anderen Teilsysteme und die Lebenswelten übernommen hat, und der Mensch einen hobbschen (Der Mensch ist des Menschen Wolf) oder serreschen (Der Mensch ist des Menschen Laus) Habitus übernommen hat, der komsupistisch überfrachtet und ausgerichtet ist, d.h. egoistisch, niederträchtig, effektiv und an Effizienz (welcher Art auch immer) und Erlebnisrationalität (rational ist, was Spaß macht) ausgerichtet ist. Ja das kann man in Mordum reininterpretieren, und man kann es eben auch lassen.

Für mich war der Film einfach nur langweilig und enttäuschend und auch nicht shocking, was wohl am schwersten wiegt, denn genau darauf zielt der Film ja von seiner ganzen Machart ab - allerdings gilt die gleiche Einstellung bei mir auch für Guinea Pig, Murder Set Pieces, Aftermath und wie die ganzen Sickos auch heißen mögen... vielleicht gehöre ich also nur nicht zum wünschenswert zu inkludierenden Publikum der Sicko-Subsparte, wer weiß.... Vielleicht ist der Film aber auch einfach nur schlecht... da muss sich jeder seine eigene Meinung bilden, über Geschmack lässt sich schließlich streiten, und das ist ja auch gut so....

Details
Ähnliche Filme