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Irgendwie kann man ja froh sein, dass die Macher bei aller Einfallslosigkeit nicht „Anaconda 2 – Die Rückkehr“ als Titel gewählt haben, aber sonderlich originell macht dieser Umstand „Anacondas – Die Jagd nach der Blutorchidee“ dann auch nicht.
Schon der Auftakt, in dem ein Ureinwohner von einem (natürlich nicht gezeigten) Schlangenvieh gefrühstückt wird, kopiert nur das Rezept des Vorgängers. Auch was danach kommt, ist hinlänglich bekannt: Zwei Mitarbeiter eines Pharmakonzerns informieren ihren Chef passend zum drohen Rausschmiss, dass sie ein Mittel zur Lebensverlängerung herstellen könnten. Dazu brauchen sie nur Proben der seltenen Blutorchidee, die alle sieben Jahre für zwei Wochen blüht. Heissa, da wird nicht nur der Anreisegrund variiert, nein, statt zum Amazonas wie im Vorgänger geht es hier nach Borneo. Originell, was?
In Borneo findet sich dann ein Team aus mehr oder minder geländegängigen Großstädtern zusammen, um das seltene Pflänzchen zu finden. Doch bald steht man vor einem Problem: Weil Regenzeit ist, streikt die Charterfirma. Da kann nur noch der Captain Bill Johnson (Johnny Messner) helfen, der (wie könnte es anders sein) für Geld auch zur Regenzeit auf den Flüssen schippert. Nebenbei erfährt der Zuschauer, dass in Borneo entweder Muskeln oder zumindest Fitnessgeräte auf den Bäumen wachsen müssen, denn sowohl Skipper als sein Mitarbeiter haben Oberarme, mit denen sie Preisboxer aus den Socken hauen könnten.

Also schippert die Expedition los, aber irgendwas fehlt noch? Achja, die Anacondas. Auf die Biester trifft die Horde allerdings erst, nachdem man unpraktischerweise die Schaluppe den nächsten Wasserfall runtergesegelt hat und nun in der Wildnis festsitzt…
„Anaconda“ war unterhaltsamer Tierhorror mit einer ordentlichen Portion Action, aber die Fortsetzung übernimmt leider viele der Schwächen, aber kaum Stärken des Vorgängers. Immerhin hat man bei der Wahl des Regisseurs einen Glücksgriff getan, denn trotz verstärkter TV-Arbeit, hat Dwight H. Little, der die famosen Actionkracher „Zum Töten freigegeben“ und „Rapid Fire – Unbewaffnet und extrem gefährlich“ fabrizierte, nichts von seinem Handwerk verlernt. Der Urwald kommt herrlich atmosphärisch rüber, kleine Zwischenfälle wie Giftspinnen oder Blutegel sorgen für Flair und die Actionszenen (wie z.B. der Sturz des Schiffes den Wasserfall herunter) sehen wirklich klasse aus.
Leider begeht „Anacondas“ im Bereich Charaktere ähnliche Fehler wie der Vorgänger. Die Expeditionsteilnehmerin, der das Wort Heldin fast auf die Stirn geschrieben ist, gehört zu den größten Nervensägen der Truppe. Die einzige Figur, die noch mehr nervt, schafft es leider auch. Dafür kommen sich dann zwei der coolen Charaktere näher – doch einer davon erlebt das Filmende leider nicht. Sowieso sind die Figuren noch flacher und bezugloser als im Vorgänger. Warum nahezu alle männlichen Charaktere auf das Expeditionsblondie abfahren bleibt da genauso unklar wie die Frage, warum sich eine anfängliche Zivilisationszicke bald zur patenten Abenteurerin wandelt. Dabei wäre man ja gerne bereit über die handelsübliche, immerhin ohne größere Längen gemachte Geschichte ebenso hinwegzusehen wie über diverse Logikfehler (z.B. dass es in der Regenzeit nur in wenigen, dramaturgisch passenden Momenten regnet).

Nach „Alien“ kam „Aliens“ mit mehr Viechern, nach „Anaconda“ kommt „Anacondas“ mit (wer hätte das gedacht) mehr Viechern. Doch hier liegt der Hund begraben: Trotz gesteigerter Biesterzahl wirken die Schlangenangriffe oft recht fade und gerade das will man ja bei einem Tierhorrorfilm sehen. Wie im Vorgänger dauert es recht lange bis die Viecher endlich eingreifen und dann sehen die Biester oft noch mieser aus im immerhin sieben Jahren älteren ersten Teil. Hier sehen die Viecher kaum noch realistisch aus (wo kommen die vielen Zähne im Maul her?) und stinken in den meisten Szenen schon zehn Meilen gegen den Wind nach CGI. Da verblüffen die wenigen sehr gelungenen Animationen (z.B. als die Gruppe durchs Wasser wartet und man von oben die Schlange zwischen ihnen sieht) schon. Die miesen Effekte rauben den leider nicht so zahlreichen Actionszenen (der Vorgänger hatte mehr) dann oft den Reiz, zumal hier noch zurückhaltender gestorben wird (da war der Vorgänger doch weniger zimperlich, obwohl ebenfalls mit PG-13 in den USA bewertet).
Darstellerisch ist wenig los, aber inmitten der meist recht durchschnittlichen Schauspielerriege aus Hollywoods zweiter bis dritter Reihe gibt es immerhin ein paar Lichtblicke. Morris Chestnut durfte sein Gesicht ja schon in den Seagalfilmen „Alarmstufe: Rot 2“ und „Half Past Dead“ halbwegs einprägsam in die Kamera halten und Johnny Messner, der irgendwie auf Nebenrollen in Bruce Willis Filmen abboniert ist („Tränen der Sonne“, „Keine halben Sachen 2“ und „Hostage“ von bisher sieben Filmen), empfiehlt sich für wichtigere Rollen.

Die Dschungelatmosphäre stimmt und die handgemachten Actionszenen schick aus, doch es dauert bei „Anacondas“ zu lange bis die Schlangen auftauchen und wenn, dann sind die Übergriffe leider aufgrund mauer Effekte leider wenig erbaulich.

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