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„Das Gespenst“ ist eine antiklerikale Low-Budget-Satire des bayrischen Schriftstellers, Malers und Filmemachers Herbert Achternbusch aus dem Jahre 1982, an dem seinerzeit die FSK ein wenig zu knabbern hatte, der aber vor allem durch eine Kampagne des Axel-Springer-Verlags zum vielbeachteten und polarisierenden Skandalfilm geriert, der die Politik beschäftigte und zu Änderungen innerhalb der Filmfördermittelvergabe führte.

So wurde „Das Gespenst“ im eigentlich in Filmfreigabefragen so liberalen Österreich als damals bisher einziger Spielfilm beschlagnahmt, und zwar ausgerechnet auf eine Anzeige des Alpennazis Herwig Nachtmann hin; das Buch zum Film wurde ebenfalls eingezogen und unterschlagen. (1985 folgte Werner Schroeters „Liebeskonzil“ als zweiter in Österreich beschlagnahmter Spielfilm.) In Deutschland unterschlug der reaktionäre CSU-Innenminister und Kunstfeind Friedrich Zimmermann die noch ausstehenden Filmförderungsratenzahlungen i.H.v. 75.000,- DM an Achternbusch. Dank der medialen und politischen Aufmerksamkeit lockte der Film Monate nach seiner Erstaufführung jedoch mehr als 150.000 Zuschauer in die Kinosäle und bescherten ihm damit einen Überraschungserfolg. Das Landgericht wies sämtliche Klagen gegen den Film zurück – wenn auch mit der sinngemäßen Begründung, dass er schlicht zu mies sei, um überhaupt ernstgenommen werden zu können –, Zimmermann aber setzte durch, dass es unabhängige deutsche Filmproduktionen zukünftig wesentlich schwerer haben sollten, ihre Projekte mit staatlicher Hilfe vorzufinanzieren. Doch worum geht es in „Das Gespenst“ überhaupt?

In einem bayrischen Kloster geschieht ein Wunder: Eine lebensgroße Jesus-Skulptur (Herbert Achternbusch) erwacht zum Leben, steigt vom Sockel, verwandelt sich in eine Schlange und beglückt, wieder in Menschenform, die Mutter Oberin (Annamirl Bierbichler, „Bierkampf“) sexuell. Diese verschafft ihm Arbeit als Kneipenwirt (= Ober) in der Klosterbar, wo er diverse Menschen kennenlernt, und zieht, mittlerweile schwanger, mit ihm durchs bayrische Landesgebiet, bis er sich wieder in eine Schlange verwandelt und von der Mutter Oberin, die sich nun ihrerseits in einen Vogel verwandelt hat, im Schnabel davongetragen wird.

Achternbusch übernahm die Hauptrolle höchstpersönlich und konzipierte „Das Gespenst“ nach Art eines Episodenfilms: Wenig bis gar nicht zusammenhängend sieht sich Jesus mit dümmlichen Polizisten (Kurt Raab, „Endstation Freiheit“ und Dietmar Schneider, „Der Neger Erwin“), aus der Zeit gefallenen Römern (Josef Bierbichler, „Hexen“, Franz Baumgartner, „Das letzte Loch“ und Alois Hitzenbichler, „Die Atlanktikschwimmer“) und verständnislosen Passant(inn)en sowie der Erkenntnis konfrontiert, dass die Kirche und die Menschheit seine christliche Lehre kaum in seinem Sinne auslegen. Darüber lässt Achternbusch ihn bisweilen theologisch philosophieren, jedoch hat dieser Aspekt überraschend geringen Anteil am Film. Vielmehr frönt Achternbusch seinem eigenartigen, mitunter sehr plumpen Humor, sodass zwei Polizisten in Gläser zu koten versuchen, Frösche an kleine Kreuze gebunden werden und insgesamt viel, viel sinnloses Zeug gebrabbelt wird.

Einen zeitgenössischeren Film wie „Er ist wieder da“ im Hinterkopf habend, ist „Das Gespenst“ aus heutiger Sicht eher enttäuschend. Die blasphemische Komik nutzt sich schnell ab und die Religionskritik tritt hinter ermüdende, spröde und unlustige Szenen zurück, die in Schwarzweiß und bisweilen mithilfe von Laiendarsteller(inne)n umgesetzt wurden. Zudem bleibt die Kamera gerade in den innerhalb von Räumen spielenden Sequenzen meist vollkommen statisch, was „Das Gespenst“ wie ein abgefilmtes bayrisches Lustspiel erscheinen lässt. Religions- und Autoritätskritik, auch harsche und provokante, wurde schon weitaus besser verpackt, dagegen wirkt Achternbusch geradezu provinziell.

Aufgrund dessen, was er losgetreten hat, ist Achternbuschs Film eher auf der Metaebene interessant denn als Filmgenuss, dafür erscheinen seine damaligen empörten Kritiker im Nachhinein umso lächerlicher.

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