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Zwischen der De-Sade-Verfilmung „Die Jungfrau und die Peitsche“ und dem erotischen Vampirfilm „Vampyros Lesbos“ drehte der Spanier Jess Franco im Jahre 1970 in Liechtenstein’scher Produktion das Erotik-Drama „Die nackten Augen der Nacht“, das lange als verschollen galt, nach seiner Bergung aber sogar eine deutsche Synchronisation spendiert bekam.

Striptease-Tänzerin Anna de Istria (Diana Lorys, „Der Hexentöter von Blackmoor“) arbeitete in einem Nachtclub in Zagreb, wo sie die dominante Cynthia Robins (Colette Giacobine, „Die Jungfrau und die Peitsche“) kennengelernt hatte, die sie zu sich in ihrem Palast holte, um eine sexuelle Beziehung mit ihr einzugehen. Dort wird Anna jedoch von Alpträumen geplagt und zunehmend fällt es ihr schwer, Traumwelt und Realität voneinander zu unterscheiden. Was hat das Blut an ihren Händen zu bedeuten? Ist sie in Mordfälle verwickelt oder bildet sie sich alles nur ein? Der hinzugezogene Arzt Dr. Paul Lucas (Paul Muller, „Der Vampir von Notre Dame“) verspricht, ihr helfen zu wollen…

Francos Film beginnt mit dem Erwachen Annas aus einem Alptraum und dem Blut an ihren Händen. Als der Arzt hinzustößt, besteht der Hauptteil des Films aus einer mehr als einstündigen Rückblende, in der Anna von ihrem Beruf und ihrem Kennenlernen mit Cynthia berichtet. Und dafür nimmt sich Franco alle Zeit der Welt… Kammerspielartig und auf die Gruppe der drei genannten Personen beschränkt, lädt Franco ein zu einem minimalistischen Wachkoma-Erlebnis, das haarscharf an einem erzählerischen Nichts vorbeischrammt. Der Erotikanteil besteht vorrangig aus größtenteils langweiligen bis sogar statisch gefilmten Strip- und Nackteinlagen, die seltsam unmotiviert wirken. Annas weit ausgeholte Berichterstattung ist gespickt mit poetischen Monologen, die den „Nackten Augen der Nacht“ zumindest stellenweise zu stimmiger Atmosphäre zwischen Verwunderung, Angst und Realitätsverlust verhelfen. Erst gegen Ende werden zwei weitere Charaktere halbherzig eingeführt, die das Geschehen vom Nachbarshaus aus beobachten. Dadurch findet auch Soledad Miranda („Vampyros Lesbos“) in den Film, jedoch wurden diese Szenen aus einem anderen Film hineingeschnitten.

Die finale Auflösung ist wenig überraschend und setzt den Schlusspunkt unter einen extrem langatmigen Film, der weder sonderlich viel Wert auf seine Handlung, noch auf die voyeuristisch-erotische Inszenierung seiner Darstellerinnen zu legen scheint und zu einer wahren Geduldsprobe gerät, sofern man nicht bereits völlig ins Franco-Universum eingetaucht ist und Freude an allen Werken des umtriebigen Vielfilmers findet, die ein gewisses Niveau nicht unterschreiten. Von der avisierten Sinnlichkeit war für mich indes nicht viel zu spüren und so ließen mich „Die nackten der Augen der Nacht“ recht ratlos und ermüdet zurück.

Fazit: Hilft bei Schlaflosigkeit-bedingten „nackten Augen“ wunderbar, die Lider zum Verhüllen der Sehorgane zu bewegen.

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