Review

Der Teufel erzählt uns in mehreren Episoden, wie er die Menschen immer wieder dazu bringt, die Zehn Gebote zu übertreten, und wie er sie dabei an der Nase herumführt. Eine junge Frau, die ihren erfolglosen Mann liebt, lässt sich von einem reichen Charmeur becircen und als Lohn für eine Liebesnacht ein wertvolles Schmuckstück schenken. Ihr Plan, wie sie ihrem Mann den Besitz dieses Schmucks erklären will, ist klug, geht aber nach hinten los. In der nächsten Episode will ein Priester den Mörder seiner Schwester töten. Dann ist da Gott, der sich höchstpersönlich darum kümmert, dass die Menschen wieder an ihn glauben, und der Götzenbilder anderer Götter sicherheitshalber entsorgt. Ganz großartig ist der soeben gekündigte Bankkassierer, der einem Bankräuber gerne und voller Vergnügen den gesamten Inhalt der Kasse übergibt. Und dem Räuber dann anschließend das Geld wieder abluchsen will, um mit seiner Freundin ein schönes Leben führen zu können. Und zu guter Letzt ist da noch der junge Mann, dem beigebracht wurde, dass man Vater und Mutter ehren soll. Und der zuerst lernen muss, dass seine Mutter gar nicht seine Mutter ist. Und anschließend erfährt, dass sein Vater gar nicht sein Vater ist …

Die Stoßrichtung dieses Omnibusfilms ist nicht so ganz klar: Das Segment "Homicide point ne seras" ist ein lupenreiner Noir, fast ein wenig vergleichbar mit einem Film wie SCHIESSEN SIE AUF DEN PIANISTEN. Dunkel, hintergründig, pessimistisch. "Bien d'autrui ne prendras" ist dann das andere Extrem, eine reine Komödie mit Nouvelle Vague-Anklängen, die einen agilen Jean-Claude Brialy gegen einen sinistren Louis De Funès stellt und mit dieser Konstellation ausgesprochen komisch ist. Die anderen Episoden, inklusive der nur in Deutschland veröffentlichten Episode „L'oeuvre de chair ne désireras qu'en mariage“ sind mal mehr und mal weniger heitere Geschichtchen, die zum Schmunzeln reizen und einer gewissen Grunderotik nicht abgeneigt sind. Ah, und die Rahmenhandlung um den Hausmeister im Kloster und seinen Schulfreund, den Bischof, bietet dann einige deftige Fremdschäm-Kalauer, ist aber nicht unwitzig.

Was ist der Konsens dieser unterschiedlichen Erzählungen? Das Ende der Episode, in der Fernandel Gott darstellt, kann auf jeden Fall als Grundlage heißer Diskussionen laufen. Der Krimi, in dem Charles Aznavour und Lino Ventura sich irgendwann mit einem einzigen geladenen Gewehr gegenüberstehen ist spannend und hat auch eine klare Aussage, die ich aber dann wiederum in den Stories über den Schmuck und über das Nicht-Kennen der eigenen Ehefrau wiederum vermisse. Das Zusammenspiel von Brialy und De Funès hätte gerne noch länger dauern dürfen, dafür hat die Rahmenhandlung, ich erwähnte es, einiges an Fremdschäm-Szenen im Bauch, wenngleich da auch manches an Komik unterwegs ist.

Die Abfolge der Szenen stellt sich halt etwas uneinheitlich dar, was beim Zuschauer durchaus zu Verwirrung, und daraus resultierend zu Enttäuschung führen kann. Es stellt sich aber auch die Frage: Muss man über solche Dinge nachdenken? Kann man DER TEUFEL UND DIE ZEHN GEBOTE nicht einfach als heitere Nachmittagsunterhaltung ansehen, die Spaß machen soll, die unterhalten soll, die vielleicht auch den ein oder anderen Gedankengang anstößt, die aber auf keinen Fall tiefgründiges Irgendwas sein will. Denn trotz gelegentlicher Alterungserscheinungen in Form von punktueller Betulichkeit oder Biederkeit ist der Film auf jeden Fall eines: Charmant und bezaubernd. Großartige Schauspieler und wunderschöne Frauen in kleinen liebevoll dargebrachten Geschichten, die allemal ein Lächeln auf das Gesicht des Zuschauers zaubern können. Wer älteres französisches Kino liebt kann her nichts verkehrt machen.


Details
Ähnliche Filme