Ein Ring, sie zu knechten, sie alle zu finden,
Ins Dunkel zu treiben und ewig zu binden
Im Lande Mordor, wo die Schatten drohn.
So heißt es in dem von John Ronald Reuel Tolkien verfassten Roman "Der Herr der Ringe", diesem Epos, welches als ein (wenn nicht das) Vorzeigewerk der Fantasyliteratur gilt. Ebenso galt dieses Mammutwerk als unverfilmbar. Bis zur Premiere des ersten Teils im Dezember 2001 war es daher auch ein langer Weg. Dieser begann bereits Anfang der 1990er Jahre mit dem Verfassen eines Drehbuchs durch Fran Walsh und Regisseur Peter Jackson. Nach Verhandlungen mit mehreren Studios und weiteren Umschreibungen des Skripts unter Mithilfe von Philippa Boyens starteten die Dreharbeiten 1999. Herausgekommen ist dabei ein monumentales Filmerlebnis, welches damals wie heute begeistert und seitdem in der Popkultur verankert ist.
Zu Beginn bebildert „Die Gefährten“ unter der Stimme von Galadriel eine kurze Abhandlung der Vorgeschichte, setzt das Publikum ins Bild und zeichnet dann den ersten Part des Weges zur Vernichtung des Rings nach. Dieser eine Ring, der einst dem Dunklen Herrscher Sauron gehörte und dem eine unheimliche Macht innewohnt, gelangte auf Umwegen zu dem Hobbit Bilbo Beutlin. Dieser beschließt, das heimische Auenland zu seinem 111. Geburtstag zu verlassen. Zauberer Gandalf, der bei den Feierlichkeiten zugegen ist, erkennt den Ring in Bilbos Besitz und setzt die Ereignisse in Gang, dieses Artefakt zu vernichten. Denn in Mordor ist der Dunkle Herrscher erneut erwacht und bereits auf der Suche nach seinem verlorenen Ring der Macht. Und so ist es an Bilbos Neffen Frodo, den Ring zu seiner Zerstörung dorthin zu bringen, wo er erschaffen wurde.
Wie die Buchvorlage erzählt auch Jacksons Umsetzung viel, bringt so einige Figuren und Handlungen unter einen Hut – und das hat eben seinen Preis. Denn trotz der Lauflänge (je nach Fassung) waren Kürzungen und Umstrukturierungen bei der Übertragung von einem Medium ins andere unvermeidbar. So fehlt beispielsweise die Episode mit Tom Bombadil, was aus meiner Sicht kein großer Verlust ist. Im Hinblick auf den Filmfluss und die Funktionsweise des Mediums kann man die Entscheidungen mittragen. Literatur und Film funktionieren einfach unterschiedlich.
Die Fülle an Inhalt macht sich natürlich bei der Länge bemerkbar. War die Kinofassung mit knapp drei Stunden schon kein Kurzfilm, legte die später erschienene verlängerte Fassung nochmal nach. Da diese „Special Extended Edition“ aber nochmal so viel mehr zeigt und abrundet, ist diese immer die bevorzugte Version.
So oder so lässt man sich erst mal Zeit, allein die Einführung im Auenland ist ein ausführliches Stück Erzählung, doch zu keiner Sekunde verschwendet. Schon hier nimmt Jackson mit der Bebilderung der Welt gefangen, schnell wachsen einem die Figuren ans Herz und darauf baut er dann Station um Station in diesem Roadmovie. Dabei vergisst das Skript auch nicht, diesem kleinen runden Ding immer wieder die ihm innewohnende Macht zu thematisieren. Kaum eine Figur scheint gefeit gegen die Anziehungskraft des Rings und die Gefahr, die von ihm ausgeht. Dies schwingt immer mit beim Besuch dieser phantastischen Welt mit ihren Wegpunkten, ihrer Natur, Städten und Lebewesen, freundlich wie fürchterlich.
Die Gruppe der titelgebenden Gefährten, die sich zur Unterstützung des Ringträgers Frodo auf die Reise macht, ist bunt gemischt und so ist es auch die Besetzung. Trotz namhafter Darsteller wie Ian Holm, Sean Bean, Ian McKellen, Cate Blanchett, Elijah Wood, Christopher Lee und anderen – keiner spielt sich in den Vordergrund und das im positiven Sinne. Jedes Mitglied des Ensembles ordnet sich dem Szenario und seiner Figur unter. Und auch wenn die weitere Zeichnung der Eigenschaften mitunter noch erfolgt, so findet sich hier eine Gruppe unterschiedlicher Charaktere wieder, wobei der Film fast nur aus Kerlen besteht, was schon fast anachronistisch anmutet. Ich fände hier dennoch keinen Kritikpunkt, die Schicksale gehen nahe. Die Figuren wirken lebendig, wenn auch einige trotz der Laufzeit weniger im Mittelpunkt stehen. Sie bleiben im Gedächtnis und das kann man der Darstellerriege anrechnen.
Auch hinter der Kamera haben alle ihren Job gemacht. Andrew Lesnie fängt nicht nur die wunderschöne und inzwischen fest mit der fiktiven Welt von Mittelerde verbundene Landschaft Neuseelands schwelgerisch ein, auch im Getümmel oder den ruhigeren Szenen sind die Bildkompositionen gelungen. Hie und da bemerkt man auch noch Jacksons Stil aus seinen früheren Werken, er drückt dem Werk seinen Stempel auf und spendierte sich selbst einen kleinen Cameo-Auftritt.
Das Produktionsdesign ist überwältigend, der Ausstattung sind Detailverliebtheit und Aufwand anzusehen, es ist eine einzige Entdeckungsreise. Alles wirkt stimmig, die Welt dadurch greifbar. Und sind sie ob der Masse ebenfalls beeindruckend, so fallen manche digitalen Effekte etwas auf, ebenso Aktionen vor dem Bluescreen. Trotzdem hat hier die Effektschmiede Weta Digital einen überragenden Job gemacht. Ohne Fehl und Tadel sind dabei die praktischen Effekte, alleine schon die Maskenabteilung verdient Lob, Kostüme, Requisiten – großes Handwerk.
Zu erwähnen ist da noch Howard Shore, der die musikalische Untermalung lieferte und Themen für die Ewigkeit erschuf. Seine Kompositionen, die zu Beginn schon mit dem melancholischen Ringthema einen emotionales Ausrufezeichen für den Rest der Reise setzen, sind durchzogen von Leitmotiven. Es ist eine klassische Herangehensweise, die musikalische Kenntlichmachung von Figuren und Orten, ebenso wie sinfonische Elemente. Alles greift ineinander und rundet die audiovisuelle Präsentation dieses Epos' ab.
Auch noch viele Jahre nach dem ersten Kinobesuch schafft es Jackson mit seiner Umsetzung von Tolkiens erstem Teil um den Einen Ring, mich zu begeistern. Mit dieser erschaffenen Welt, der jede Leinwand zu klein scheint. So überwältigend und ebenso berührend zwischen den Figuren, visuell und musikalisch großartig eingefangen. Der Auftakt zu einem Meisterwerk.