Ja, da ist er also, der lang ersehnte erste Teil der noch länger ersehnten (oder gefürchteten) „Der Herr der Ringe“ Verfilmung. Und wie es bei Verfilmungen von Büchern nun mal so ist, hagelt es schon im Vorhinein schlechte Prognosen und viel Kritik, denn schließlich kann kein Regisseur ein Buch 1:1 umsetzen und dabei die Atmosphäre des Lesestoffes behalten. Noch dazu bei so einem Mammutwerk wie „Herr der Ringe“. Gott sei Dank bewilligte New Line Cinema Peter Jackson, das Buch in 3 Filmen und nicht nur in einem, was eine enorme Kürzung des Inhaltes zufolge gehabt hätte, zu drehen. Und das ganze auch noch gleichzeitig! So was gab es vorher nicht und wird’s in naher Zukunft wahrscheinlich auch nicht wieder geben, da ein so langer und aufwendiger Dreh doch ein enorm hohes Budget, fiel Organisationsarbeit und vor allen Dingen den uneingeschränkten Glauben des Studios an das Talent des Regisseurs erfordert. Umso ungewöhnlicher ist es, dass New Line Cinema diese gewaltige Aufgabe gerade Peter Jackson, einen für den Mainstream-Zuschauer doch total unbekannten Regisseur überließ, der vorher hauptsächlich mit extrem brutalen (und lustigen J) Splatterfilmen auf sich aufmerksam gemacht hat. Wie auch immer, die Einspielergebnisse von „Die Gefährten“ geben den Studios mit ihren Glauben an das Projekt recht, denn bis jetzt ist wenigstens der erste Teil finanziell ein voller Erfolg (und ich bin mir sicher, die nächsten werden diese Tradition fortsetzen).
Aber ist ein erfolgreicher Film gleichzeitig ein guter Film? Können denn Millionen von Kinobesuchern irren? Leider ja, wie man schon oft erleben musste, doch nicht in diesem Fall, denn „Der Herr der Ringe“ hat es verdient, ein Erfolg zu werden. Klar, er ist gewiss nicht das völlig neuartige, konkurrenzlose Meisterwerk zu dem ihn viele Fans machen, aber dennoch beste Kinounterhaltung.
Mir persönlich haben die Bücher von Tolkien noch nie sonderlich zugesagt, was hauptsächlich an den ewigen Beschreibungen der Landschaften und Beziehungen der Menschen in Mittelerde lag. Dadurch habe ich auch nur den kleinen Hobbit und den Anfang von „Die Gefährten“ gelesen und kann so auch nicht den Film auf Nähe zum Buch vergleichen. Ich sehe ihn jetzt einfach mal als völlig eigenständiges Werk (wie die meisten Kinobesucher).
Obwohl die Fantasyfilme eigentlich nicht ganz so mein Ding sind (wenn man es genau nimmt, überhaupt nicht), schafft Jackson es, den Zuschauer mit der Geschichte um Frodo und co. sofort in seinen Bann zu ziehen, was wohl darauf zurückzuführen ist, dass die Welt von Mittelerde doch bis auf die Sagengestalten sehr realistisch gehalten ist. Das geht von Waffen aus den Mittelalter bis hin zu altertümlichen Rüstungen, die aus dem Museum stammen könnten. Daher hat man fast das Gefühl, man sieht sich einen Film über die Vergangenheit an. Was diesen positiven Eindruck der erschaffenen Welt doch etwas stört, sind die Verwendung vieler Namen, die wohl nur echten Fans was sagen werden. Da wird mit Begriffen um sich geschmissen und der Zuschauer fragt sich bloß noch: Ist das jetzt eine Stadt? Oder meinen die eine Person? Oder ein Land? Da die Eigennamen nämlich pure Erfindung Tolkiens sind, könnte ein Wort wie „Mordor“ alles bedeuten... So steht man als unwissender doch stellenweise ziemlich im Dunkeln, was aber letztendlich egal ist, wenn man sich nur auf die Haupthandlung und die Gegenwart beschränkt. Die ist nämlich sehr simpel: Frodo kommt mit seinen Freunden von einen Ort in den anderen, trifft neue Personen, die auch zu Freunden werden oder ihn etwas wichtiges mitteilen, kämpft hier und da mit den „Bösen“ und reist dann weiter. Zwischendurch sieht man immer mal Orkminen, wo feindliche Armeen langsam zur Schlacht rüsten. Am besten kann man die Handlung nun mal mit einer Reise vergleichen, denn darum geht es ja auch. Und wenn man keine Lust hat, sich zu Hause mit Literatur zum Thema einzudecken, lässt man eben die politischen Hintergründe und gesellschaftlichen Beziehungen von irgendwelchen Personen, Völkern und Ländern Mittelerdes außer acht.
Die Hauptdarsteller bestehen hauptsächlich aus Newcomern und Hollywoods zweiter Liga, was man ihnen zum großen Teil nicht anmerkt. Souverän stellen sie ihre Figuren dar, obwohl auf diese leider (?) nicht näher eingegangen wird. Gimli ist eben ein jähzorniger Zwerg. Das muss reichen, mehr erfährt man nicht über ihn. Das Problem ist nun, ob Tolkien mehr in seinen Büchern über die Personen geschrieben hat oder sie auch dort so oberflächlich sind und ob den Zuschauer überhaupt näheres interessiert hätte. Für einen reinen Unterhaltungsfilm (und das ist er meiner Meinung nach) reicht der Raum, den Jackson seinen Figuren zugestanden hat, völlig aus, wer aber etwas tiefgründigeres erwartet hat, wird enttäuscht. Trotzdem bauen die Schauspieler eine gewisse Beziehung zum Zuschauer auf und man bangt in gefährlichen Situationen mit ihn. Probleme kriegt der Film nur bei Szenen, die eigentlich bewegend sein oder zur Trauer anregen sollen, wie zum Beispiel der Tod Gandalfs oder als Sam am Ende Frodo hinterher schwimmen will und fast ertrinkt. Das ist zwar alles mit schön schwulstiger Musik und den traurigen Gesichtern der Darsteller unterlegt, aber als unbedarfter Zuschauer geht einem das doch ziemlich am Ar....Hintern vorbei.
Naja, was soll’s, man kann ja schließlich nicht alles haben. Wer weinen will, muss sich eben ein Drama anschauen.
Von den Schauspielern geht’s nun zur Regie, also auch Kameraführung, Schnitt und was sonst noch so dazu gehört. Der ganze Film ist schön flüssig erzählt und wird eigentlich sehr, sehr selten etwas langsamer. Andauernd passiert was, die Helden rutschen von einer brenzligen Situation in die nächste. Dazu gibt es noch schön epische Kameraaufnahmen von wundervoller Landschaft sowie sehr gut geschnittene Kämpfe (viele Schnitte, schnelle Kamera und man behält trotzdem den Überblick). Da macht das Zuschauen richtig Spaß, aber was neues ist das, entgegen den Behauptungen einiger Kritiker, nicht. Hat es alles schon vorher gegeben, bloß hier ist eben zur Perfektion gebracht. Das ist besonders an den langen und schnellen Kamerafahrten durch die Minen der Orks zu merken, die einen förmlich aus dem Sessel werfen.
Die Musik unterstützt den Film passend, wobei ich mich hier aber der Kritik der Cinema anschließen muss: Wenn man sie mal extern nur von den musikalischen Aspekten her betrachtet, ist sie unterer Durchschnitt. Hollywood Standartware vom Fließband. Schön übertrieben laut, episch, monumental (man hört immer nur das riesige Orchester), sozusagen „immer feste druff“. „Lieber zu laut als zu leise“ muss sich Howard Shore beim komponieren gedacht haben, wodurch die Musik im Film auch das mit Abstand lauteste ist. Aber, was soll’s, sie passt nun mal zu den Szenen und macht den Film nicht schlechter, bloß wie es dafür einen Oscar geben konnte, ist mir vollkommen schleierhaft.
Nun noch kurz was zu den Spezialeffekten, die hier von einigen Usern doch stark bemängelt wurden: Die Masken der Fabelwesen sind erst mal einsame Spitze, genauso wie ihre Rüstungen, etc. Hapern tut’s wenn überhaupt an den CGI-Effekten. Die sind gut, doch bei weitem nicht so perfekt, wie sie sein könnten (wenn man genügend Zeit und Geld zur Verfügung gehabt hätte). Sie passen aber gut zum Stil des Films und wenn man sich erst mal auf sie eingelassen hat, bemerkt man sie gar nicht mehr. So ein Film steht und fällt ja schließlich nicht mit den Computereffekten.
Ein besonderes Lob verdient noch das Setdesign: Was man hier an wunderbaren Kulissen bestaunen kann ist einfach nur phänomenal. Vom kleinen, gemütlichen Ort Hobbingen, über die düstere Stadt Bree bis hin zu Bruchtal sieht einfach alles perfekt aus. Das trägt enorm zur Atmosphäre bei und man merkt, wie viel Liebe in den Kulissen steckt. Sie sehen eben nicht wie solche aus, sondern man könnte fast denken, dass sie schon seit tausenden von Jahren real existieren und Jackson sie einfach nur mal zum Drehen genutzt hat.
Abschließend kann ich nur sagen, dass hier ein wirklich guter Film von epischer Breite entstanden ist, dem es zwar an Tiefgründigkeit mangelt, der aber auf alle Fälle beste Kinounterhaltung darstellt und nicht nur was für Fantasyfans ist.
Noch kurz ein Nachtrag zur deutschen Version:
„Der Herr der Ringe“ ist einer der wenigen Filme, bei denen die Synchronisation 100% geglückt ist. Die Stimme der Synchroniseure sind den Orginalen sehr ähnlich und betonen die Sätze genauso. Man merkt sofort, hier waren Profis am Werk, die Spaß an der Sache hatten.
Falls es doch mal die englische Version sein soll, kann ich Ängstliche beruhigen: Im Gegensatz zu anderen Filmen wird sehr klar und verständlich gesprochen.
9/10