Ein Review von einem "Fantasiewelt-eher-abgeneigten" Buchvorlagen-NICHT-Kenner
Vorwort über Fantasiewelten, Buch-Verfilmungen und Nicht-Buchkenner (Review beginnt ab ***):
Zunächst möchte ich anmerken, das ich die Tolkien-Buchvorlage nicht gelesen habe und auch kein Freund von Fantasy-Welten bin, welche mit eigenen Enstehungsgeschichten, Weltordnungen, Sprachen und erfundenen Gestalten aufwarten, deren Elemente sich eben auch "Herr der Ringe" annimmt. Wenn man sich den akribischen Hype um diese außer- bzw. anders-irdischen Themen z.B. im Internet betrachtet (Übersetzungs-Lexika der Fantasiesprachen einschließlich grammatischer Reglements, Stammbäume der Bewohner über mehrere Generationen etc. pp.) frage ich mich, wozu es überhaupt noch eine Realität gibt. - Okay, man könnte jetzt behaupten, das unser Leben auch nur eine Fiktion ist; aber das ist ein anderes Thema (siehe *Matrix*).
Wohlgemerkt: Fantasyfilme sehe ich mir sehr gerne an, sofern es sich um "märchenhafte" Stories handelt, die nicht bis ins kleinste Detail "logisch" erklär- und nachvollziehbar sind, bzw. sein müssen. Es reicht aus, wenn sie es schaffen, einen für ein paar Stunden zu "verzaubern" und in fremde Welten "entführen" können (nur als Tourist; nicht als Einwanderer, der erst Sprache und Gesetze lernen muss).
Mir fällt immer wieder auf, das Filme, die "based-on-irgendein-book-of-irgendwem"-adaptiert sind, von einigen Kritikern mit jedem Buchstaben der Vorlage abgeglichen werden.
Entscheidend bei einem Film ist aber aus meiner Sicht eben NICHT die gelungene Umsetzung des Buches, sondern ob der Film gelungen inszeniert wurde; ob ich als Filmbetrachter mit dem gezeigten Gesamtbild etwas anfangen kann. Einige Leute scheinen da anderer Meinung zu sein und benörgeln jeden Film, der nicht 1:1 mit dem Buch (so, wie sie es persönlich verstanden haben) übereinstimmt. Und vergessen (oder verdrängen) dabei, das Filme etwas anderen Regeln unterliegen als ein Buch; zumal das gelesene Wort und die damit verbundene Vorstellung von jedem Individuum anders interpretiert werden kann. Letztendlich wäre es vielleicht sinnvoller, man würde erst den Film ansehen, und dann das Buch lesen. Oder sich entweder für Buch oder Film entscheiden. - Gut erkannt: meine Büchersammlung dient ausschließlich der Dekoration.
Bei "Herr der Ringe" hat es (wie der Anschein aufgrund der hohen Bewertungen nahe legt) wohl sehr gut geklappt, den Lesern des Buches das Bild zu vermitteln, wie sie es vor sich hatten. Wobei dies wohl eher dem Autor angerechnet werden sollte, der seine Geschichte offenbar so gut beschrieben hat, sodass bei allen Buchwürmern + Leseratten das gleiche Bild entsteht.
Jedenfalls ist Peter Jackson der Spagat gelungen, auch den Nicht-Buchkenner mit seinem Film-Werk in drei Akten zufrieden zu stellen. Und schafft es, einem die Charaktere näher zu bringen, ohne dabei die (meisten) Doch-Leser zu langweilen.
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Ansichts-Sache: die Extended-Version
Der Auftakt dieser abenteuerlichen HERR DER RINGE Saga, die sich auf dem Fantasy-Kontinent "Mittelerde" abspielt, ist nahezu unglaublich mitreißend in Szene gesetzt worden. PETER JACKSON hat es geschafft, mich in einen Film hineinzuziehen, dessen Thematik eher nicht mein Fall ist, weil er TOLKIENs Fantasy-Weltbild (welches ich vorher nicht kannte) sehr genau und so verständlich wie möglich mit den wichtigsten Details erklärt.
Es werden die Gebietsstrukturen, Städte und Staaten sowie einzelnen Bewohnergruppen ("Rassen") vorgestellt, aus deren Mix sich dann auch die 8 Gefährten (G8) um die Hauptfigur Frodo (Elijah Wood) scharen. Diesem kleinen "Hobbit" wird die nicht sehr ehr- und hoffnungsvolle Aufgabe zuteil, einen magischen Ring an einen Ort zu bringen, von dem aus (und durch den Ring selbst) eine sich zur vernichtenden Invasion vorbereitende schwarze Macht gestürzt werden kann.
Auch für einen Nicht-Buch-Kenner ist die umfangreiche Story gut nachzuvollziehen, trotz der extrem komplexen "Weltordnung" dieses Fantasy-Streifens. Die gesamte Anfangs-Sequenz wird dazu genutzt, die Bewohner dieser Fantasy-Welt sowie deren Lebensart im ausreichenden Maße zu umschreiben. Die vorgestellte Lebensräume der einzelnen, neben den Menschen existierenden Fantasy-"Rassen" ist vom Buch-Autor detailliert und auch genial ausgedacht, sowie von Peter Jackson visuell beeindruckend in Szene gesetzt worden.
Es ist wirklich interessant, diese G8 (bestehend aus Magier, elbischen Bogenschützen, Zwerg, 2 Menschen + 3 Hobbits) kennen zu lernen, die sich etwas später um den zunächst mit drei Hobbit-Freunden wandernden Frodo versammelt, nachdem sie auf dem "G8-Gipfel" bei Elrond (Hugo Weaving) ausgewählt wurde. Jede der Personen, die eigentlich untereinander eher "feindseelig" sind, hat ihre besonderen Fähigkeiten, die es zum Schutze des Ring-Trägers auf dem gefährlichen Weg einzusetzen gilt. Denn die dunkle Macht, die es nicht nur auf den Ring, sondern auf die Herrschaft ganz Mittelerdes abgesehen hat, züchtet genmanipulierte Soldaten ("Orks"), die den Plan der Vernichtung umsetzen sollen. Und jene kreuzen so manches Mal den Weg der G8 und ihrem Schützling.
Doch diese "Orks" sind nicht allein die Gefahr, denn der Ring (aus dem Besitz der Schwarzmacht) beeinflusst und schwächt nicht nur den kleinen Hobbit mit den Strahleaugen.
Die Spannung des Films wird fast ausschließlich durch den abenteuerlichen Rahmen dieser Geschichte erbracht. Die Bedrohung durch das Böse wird Szenenweise eingeblendet, befindet sich aber noch relativ weit weg; nur beizeiten tauchen ein paar Häscher auf, die den Ring so etwas ähnliches wie "riechen" können.
Die recht wenigen und kurzgehaltenen Kämpfe gegen die "Orks" wirken nur aufgrund der herannahenden Gefahr kurz vor dem Gefecht. Die Fights selbst sind reichlich schnell geschnitten worden, sodass diese choreographisch kaum Wirkung erzielen können; zudem wird dort auch unnötig mit der Kamera gewackelt. Nur die Szene mit dem "Pfeil+Bogen"-Ork kann sich davon etwas abheben.
Erwähnenswert sind auch die zu dem Film passenden (und gehörenden) dramatischen sowie romantischen Sequenzen; sie haben es in sich und können berühren.
Ausnahmslos ALLE Darsteller wurden perfekt für ihre Rollen ausgesucht und stellen diese leistungsstark dar.
Ein Vergleich mit anderen Filmen ist meiner Meinung eher unangebracht (vielleicht sogar strafbar).
Fazit: Vom Anfang bis zum Ende konnte dieser Film mit seinem Mix aus Idyll, Mystik, Philosophie, Fantasie, Abenteuer, leichtem Horror und den eingestreuten kämpferischen Auseinandersetzungen auf beeindruckende Weise über die gesamte Laufzeit der "extended"-Version fesseln, unterhalten, anrühren und vor allem: überzeugen.
Schulnote: 1+
***
>> leichte SPOILER <<
Die Review-Vorhersage für Herr der Ringe, der 2. Teil 2002:
Das über ganz Mittelerde ziehende Sturmtief "Sauron" bringt dunkle Wolken über die Gesamtregion Gondors, mit teils ORKanartigen Angriffs-Stürmen. Die flankierenden Schönwettergebiete "Gandalf" und "Frodo" sind zu schwach und haben keinen bedeutenden Einfluss auf die Gesamtwetterlage; sonnige Abschnitte können sich wegen Dauerpfeilregen kaum durchsetzen. Aufgrund des Sturms Gefahr von umgestimmten Bäumen.
Unwetter-Warnung: Gebietsweise ist mit Kritik-Hagel zu rechnen.
Aufregen-Wahrscheinlichkeit: 50%
Obzön-Werte: keine Angaben
Tipp für HdR-Anbeter: etwas wärmer anziehen.
Die weiteren Aussichten für Herr der Ringe, der 3. Teil 2003:
Deutlich angenehmeres Klima, jedoch thematisch bedingt vereinzelt auftretender Niedersteinschlag sowie gelegentliche Anstürme nicht nur aus nördlichen Richtungen möglich.
Seewetterwarnung: In Küstenregionen ist mit schweren Angriffswellen sowie ablandigen Nebel-Schwadronen zu rechnen.
Bauernregel vom Tage: Sind die Oli's fett wie Wale, hilft nur wehrhafte Randale.
Amtliche Mitteilung der elbischen Fährschifffahrtsgesellschaft: Das letzte Schiff "Elbe1" legt gegen Ende des Films planmäßig ab. Das gilt für Last-Minute-Bilbos ebenso wie für Frühbucher-Frodos.