Wenn Sie beispielsweise auf dem Münchner Marienplatz eine Umfrage starten würden, wer denn die 1991 erschienene Action-Komödie Auf die harte Tour kennt, bin ich mir relativ sicher, dass 85% der Befragten resignierend abwinken würden, weil ihnen der Film aber auch so gar nichts sagt. Trotz prominenter, groß aufspielender Besetzung, einem unbestreitbarem Unterhaltungswert und einem soliden weltweiten Kinoeinspiel von knapp 65 Millionen Dollar verschwand John Badham & Rob Cohens 24 Millionen Dollar teures, sehenswertes Buddy-Movie mehr oder weniger sang und klanglos von der Bildfläche. Deshalb ist es mir eine Ehre, ihnen The Hard Way, so der Originaltitel, eine kleine vergessene Filmperle als Geheimtipp vorzustellen und Ihnen eine baldige Sichtung ans Herz zu legen, sofern Sie mit den typischen 80er/90er Jahre Cop-Vehikeln warm werden und zum Lachen nicht unbedingt in den Keller gehen. Glauben Sie mir, es gibt so viele Streifen, welche überall rauf und runter gespielt werden, bzw. in aller Munde sind, die es aber sachlich und nüchtern betrachtet niemals auch nur annähernd mit Auf die harte Tour aufnehmen können. Wenn sie also irgendwo in einem Kaufhaus-Wühltisch ein Exemplar erspähen, greifen Sie zu, es lohnt sich, doch Vorsicht ist geboten, ihr Zwerchfell muss strapazierfähig sein!
Auf die harte Tour sollte ursprünglich in 16 Wochen abgefilmt werden. Um Zeit und Geld zu sparen, drehten die beiden Regisseure Badham / Cohens an verschiedenen Orten gleichzeitig. So konnte die Realisierungszeit auf 13 Wochen verkürzt werden. Die Geschichte entsprang der gemeinschaftlichen Feder von Daniel Pyne und Lem Dobbs, welche penibel darauf achteten, der Haßliebe der Protagonisten Micheal J. Fox und James Woods genügend humorige Entfaltungsmöglichkeiten zu bieten. Rasante Actioneinlagen sowie der Krimi-Plot um die Erfassung Serienmörders nehmen da eher eine begleitende Rolle ein. Der ehrgeizige, cholerische New Yorker Polizist John Moss (James Woods) hat es nicht einfach. Gerade ist sein vierter Verhaftungsversuch des skrupellosen Partykillers (Stephen Lang) gescheitert und das Buhlen um die Gunst seiner Herzensdame Susann (Annabella Scoirra) sowie deren Tochter Bonnie (Christina Ricci) erweist sich als schwieriger als gedacht, da wird ihm zu allem Überfluss von Captain Brix (Delroy Lindo) auch noch ungewollte "Verstärkung" ans Bein gebunden: Der eingebildete Hollywoodstar Nick Lang (Michael J. Fox) möchte für seine nächste Rolle als knallharter Cop an der Seite eines echten Polizisten auf Streife gehen, um sich vom Polizeidienst ein Bild zu machen und seine Figur, welche er darstellen soll, zu studieren. Moss bleibt also nichts anderes übrig, als die quasselnde Nervensäge widerwillig mitzuschleifen, was seine verzwickte private Situation und die Jagd auf den Mörder nicht einfacher macht...
Ich habe selten einen Film gesehen, bei welchem die knapp 110 Minuten Spieldauer so im Fluge vergangen sind, wie bei Auf die harte Tour, woran die phänomenal aufspielenden Akteure wohl nicht ganz unschuldig sind. James Woods (Casino, Salvador) verkörpert den wütenden, schlagfertigen, verbissenen Superbullen mit seiner ausdrucksstarken Mimik, seinem zynischen Spruchfeuerwerk und seinem unbändigen Einsatzwillen derart glaubwürdig und formidabel, dass der Eindruck entstehen könnte, er wäre tatsächlich der fluchende, besessene, cholerische Gesetzeshüter, welchen er laut Drehbuch darstellen soll. Obwohl sich diese Attribute alles andere als sympathisch anhören, ist das Publikum auch wegen dessen flammenden authentischen Darbietung auf seiner Seite und wünscht ihm, das Herz der attraktiven Susann zu erobern, den Psychopathen einzulochen und sein penetrantes Klotz am Bein loszuwerden, welches von Michael J. Fox (Zurück in die Zukunft, Doc Hollywood) nicht minder beeindruckend dargestellt wird. Fox zieht seinen eigenen Berufsstand köstlich durch den Kakao und treibt dabei das gängige Muster vom hochnäsigen, selbstverliebten, realitätsfremden Schnösel mit einer überwältigenden Performance auf die Spitze, das es eine wahre Freude ist. Die Divergenz dieser beiden aufeinander prellenden Welten und die einzigartige Chemie zwischen den Alphatieren sorgt mit herrlicher Situationskomik in bester Buddy-Movie Tradition, sowie dem Hintergrund der spannenden Verbrecherjagd auf den von Stephen Lang (Letzte Ausfahrt Brooklyn) charismatisch diabolisch gespielten Geisteskranken, für lustige, fesselnde und hoch unterhaltsame Filmmomente.
Natürlich darf die Leistung von Annabelle Sciorra (Die Hand an der Wiege, Copland) nicht unter den Tisch gekehrt werden, welche als rassig feurige Schönheit den Herren der Schöpfung den Kopf verdrehen darf und dank ihrer herzlichen, natürlichen Aura Beliebtheitspunkte nicht nur beim männlichen Publikum gesammelt haben dürfte. Der familiäre Aspekt des Subplots um die Schwierigkeiten in partnerschaftlichen Bindungen des zur Gewalt neigenden Kämpfers und seinem verschlossenen Inneren bedient gängige Vorurteile evident und gefällig in dessen beruflichen Milieu, funktioniert aber auf Grund der charmanten, unverkrampften Herangehensweise und der ebenfalls entzückenden Tochter Bonnie, die von Christina Ricci (Addams Family, Sleepy Hollow) ausgezeichnet dargestellt wird, blendend. Den letzten Feinschliff erfährt der auf hohem Niveau agierende und überzeugende Cast durch die Beteiligung von namhaften Nebendarstellern wie John Capodice (Speed, Ace Ventura), Delroy Lindo (Nur noch 60 Sekunden, The One) oder Luis Guzmán (In the Blood, Traffic - Macht des Kartells), welche mit ihrem professionellen Auftreten zum gesamtheitlichen Gelingen von Auf die harte Tour beitragen.
Ach fast hätte ich es vergessen, Action gibt es in The Hard Way glücklicherweise auch noch zu verzeichnen. Zwar nicht ganz so erlesen und nachhaltig wie in ähnlichen, actionorientierteren Genreflaggschiffen aká Nur 48 Stunden, Lethal Weapon oder Last Boy Scout. Wenn es knallt, dann aber kurz, temporeich und handwerklich einwandfrei inszeniert. Bei den vereinzelten Schusswechseln dürfen sich kleine Gewaltspitzen mit blutigen Körpertreffern als gelungen erweisen, während die beiden Verfolgungsjagden ausgesprochen schwungvoll und spektakulär ausgefallen sind. Trotz des etwas ausgiebigeren und dramatischen Showdowns muss aber ganz klar konstatiert werden, dass ein wenig mehr Action der ansonsten rockenden Buddy-Party nicht geschadet hätte, was aus meiner Sicht der einzig vorwerfbare Kritikpunkt an Auf die harte Tour wäre, hier hätten Badham & Co. durchaus noch mehr liefern können beziehungsweise müssen. Das vergebene R-Rating in den vereinigten Staaten und die FSK 16 Klassifizierung der Freiwilligen Selbstkontrolle in Deutschland erachte ich hingegen in Anbetracht einiger härterer Sequenzen als absolut angemessen, auch wenn die humorige Ausrichtung nicht ganz von der Hand zu weisen ist.
James Woods räumte Jahre später in einem Interview ein, dass seine Rolle zu einer der schwierigsten Herausforderungen seiner Karriere zählte, weil er permanent auf Michael J. Fox wütend sein musste, obwohl er diesen im realen Leben echt gut leiden konnte. Diese ehrliche Einschätzung spricht meiner Meinung nach auch für die primären Qualitäten von Auf die harte Tour Bände, nämlich die herausragenden Darstellerleistungen, aus welchen sich die weiteren Vorzüge ausgezeichnet ableiten lassen: Auf den Punkt gebrachte Situationskomik, erinnerungswürdige One-Liner am laufenden Band, eine fesselnde Krimi-Geschichte und pointiert verfeinernde Actionbonbons, auch wenn von diesen leckeren Aperitifs eine ganze Mahlzeit nicht schlecht geschmeckt hätte. "Ich ziehe bei dir ein! - Auf gar keinen Fall, nur wenn mein Arsch gelernt hat, Kaugummi zu kauern" MovieStar Wertung: Mehr als verdiente, knallharte 9 von 10 Punkte.