Review

Eine selten erfolgreiche Mixtur wird in "Mein Name ist Nobody" zu einem wahren Triumph geführt, die Vermischung des klassischen amerikanischen Western mit komödiantischen Elementen und Anleihen bei der Italo-Variante. Wichtiger und auch wesentlicher jedoch ist die Tatsache, daß dies wohl der unterhaltsamste melancholische Abgesang auf den Western, wie wir ihn kennen, ist.

Das Zentrum der Handlung sind die gegensätzlichen Hauptdarsteller. Altstar Henry Fonda gibt den alternden Revolverhelden Jack Beauregard, dem ein Ruf wie Donnerhall voraushallt, obwohl er seines zweifelhaften Ruhms schon recht müde ist und sich nach Europa absetzen will. Beauregard ist historisch gesehen ein Bad Guy, doch die Grenzen zwischen Gut und Böse verschwimmen in diesem Film, der den Charakter nur zu oft von Simplifizierungen und Legenden abhängig macht. Fonda ist der Abschied vom John-Wayne-Stil und Leone-Schüler Valerii setzt die Ideen seines Meisters augenzwinkernd um. Schon die Pre-Title-Sequenz, in der Fonda sich von einem von drei Killern rasieren läßt, ist eine Hommage an "Spiel mir das Lied vom Tod" (ebenfalls mit Fonda als klinisch reinem Bad Guy). Fondas Beauregard ist lässig und tödlich zugleich und die Frage nach einem schnellerem Revolvermann, wird allzu schnell mit "Niemand/Nobody" beantwortet.
Und der kommt auch gleich ins Bild: Terence Hill, ein fleischgewordenes Chiffre für den Tod des alten Westens und das Nahen einer jüngeren, gewitzteren Generation. Nobody ist Beauregards größter Fan, er hat ihn in- und auswändig studiert und er will sein Nachfolger werden, was bedeutet, sein Vorbild zur Legende zu machen. Doch hinter der Western-Legende steckt nicht viel und so wird er einen ganzen Film damit zubringen, die Legende von Beauregard zu schneidern. Er hilft ihm, er unterstützt ihn, er bringt ihn in Gefahr und in Situationen, in denen er zur Handlung gezwungen ist. Nobody währenddessen, der die Methodik der neuen Zeit durchschaut hat, geht mit Unbekümmertheit und dem Willen, sich einen Namen zu machen, ans Werk. Und das bedeutet nicht töten, sondern alles fertig bringen, ohne zu töten.

Wenn man dem Film überhaupt einen Schwachpunkt anhängen will, dann die Tatsache, daß er ein wenig zu gedehnt ist. Manche Sequenzen und Gespräche wirken sehr forciert und bisweilen sogar wiederholt. Die Ritte der "Wilden Horde", einer Banditengruppe von 150 Köpfen werden ausufernd gezeigt, während deren Thema minutenlang erschallt. Dagegen wirkt der Inhalt des Films relativ bunt zusammengewürfelt. Der Plot rund um die Beschaffung des Geldes für die Schiffspassage bleibt unterentwickelt und geht in Nobodys Bemühungen, Konfliktsituationen zu stricken (aus denen er selbst erst mal wieder raus muß) zeitweise unter. Auch pendelt das dramatische Gleichgewicht stark in beide Richtungen. Bald gibt es eine volle Viertelstunde reichlich Klamauk und Komik von Hill, ehe der Ton dann bei Fonda wieder traurig wird.

Synchronisiert ist das alles natürlich auf den Schultern des guten, alten Rainer Brand, dessen Crew auch hier es wieder nicht lassen kann, gerade Hill und allen bösen Buben verbalen Wildwuchs in den Mund zu legen, wenn sie sich gerade mal von der Kamera wegdrehen oder gar nicht im Bild sind. Trotzdem ist der Text noch akzeptabel, bisweilen sogar recht kultig.
Wirklich hervorragend sind aber über den ganzen Film verteilt Sequenzen, die atmosphärisch das Genre Western voll auskosten, sei es nun das finale Duell, die Begegnung der beiden auf dem Friedhof (der glatt aus "The Good, the Bad and the Ugly" stammen könnte), die Schießerei mit der Wilden Horde oder die Sequenz auf dem Volksfest ist.

Fonda ist wunderbar ernst und gesetzt, während Hill seine schon erprobte Hill/Spencer-Nonchalance voll ausspielt, komplett mit reichlich Abgerissenheit aus den Corbucci-Western. Und obwohl beide Teile nicht so ganz passen wollen, ergänzen sie sich hier wunderbar. Die Anwesenheit Nobodys gibt Beauregard viel mehr Tiefe als ein todernster Western das je hätte tun können.

Besonders stimmig die gute Kamera und ein paar musikalische Themen, die probate Westernohrwürmer sind. Dazu halt noch eine ordentliche Prise Klamauk (inclusive der Variation der Pre-Title-Sequenz am Schluß) und fertig ist der unterhaltsame Abgesang auf den Western. Oder ein witziger Knaller mit ernsten Anleihen. Ganz wie man möchte. Ich bitte beides. (8/10)

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