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Los Angeles. In den Nachrichten wird berichtet, dass die Polizei in einem Feuergefecht sechs Jugendliche, mutmaßlich Gangmitglieder, erschossen hat. Diese Nachricht erreicht auch ein paar Jugendliche in einem anderen Stadtteil. Die Gangmitglieder, die alle verschiedenen Ethnien angehören, schließen Blutsbruderschaft und planen, den Tod der sechs Opfer zu rächen.

Währenddessen erhält der schwarze Streifenpolizist Lt. Bishop den Auftrag das Polizeirevier 13 im menschenleeren Stadtteil Anderson nachts zu bewachen. Das Gebäude ist leer, da das Revier am nächsten Tag umzieht.

Zur gleichen Zeit fährt ein Vater mit seiner kleinen Tochter durch die Vorstadt. Auf dem Weg verlangt das Kind nach einem Eis, und der Vater hält an. In diesem Moment überwältigen drei Männer den Eisverkäufer. Als das kleine Mädchen hinzustößt, wird sie ohne zu zögern von einem der Gangmitglieder erschossen. Der Eisverkäufer und das Mädchen werden tot zurückgelassen, die Jugendlichen fliehen. Der Vater schnappt sich die Pistole des Eisverkäufers und verfolgt die Mörder. Es gelingt ihm, einen der Killer zu erschießen, woraufhin er auf das nächstgelegene Polizeirevier flieht: Polizeirevier 13.

Während die verheerenden Geschehnisse ihren Lauf nehmen, ist ein Gefangenentransport mit Schwerverbrechern unterwegs ins nächste Staatsgefängnis, an Bord auch der berüchtigte Verbrecher und Mörder Napoleon Wilson, der hingerichtet werden soll. Doch einer der Verbrecher ist offensichtlich krank, weshalb der zuständige Beamte sich entschließt, ein anderes Ziel anzusteuern und die lästige Angelegenheit zuerst zu bereinigen. Der Transport landet somit ebenfalls in Revier 13.

Als die Gefangenen in ihre Zellen gebracht werden, taucht der Vater des ermordeten Mädchens auf, völlig apathisch und zu Tode verängstigt. Die Gangmitglieder sind ihm bis zum Revier gefolgt, und sie haben Verstärkung mitgebracht - hunderte ihrer Kameraden. Die ersten Schüsse fallen, die ersten Menschen sterben. Die Telefonleitungen werden gekappt, und die Leichen beseitigt. Die Gangmitglieder wollen nur eins: Rache. Der Tod spielt keine Rolle für sie, sie haben mit dem Leben abgeschlossen. Napoleon Wilson, sein Kumpel Wells, Lt. Bishop und die Polizistin Leigh müssen nun zusammenhalten, um die Nacht zu überleben. Polizisten und Verbrecher sitzen in einem Boot. Je mehr Zeit vergeht, desto prekärer wird die Lage – und die Nacht ist lang...

Da Carpenters Debutfilm [i]Dark Star[/i] nicht den erhofften finanziellen Erfolg gebracht hatte, war der Regisseur darauf angewiesen, weiter mit geringem Budget zu arbeiten, denn welches Studio wollte schon ein größeres finanzielles Risiko eingehen. Einen Teil des benötigten Geldes konnte er mit seiner Rockband einspielen, der Rest wurde von privaten Sponsoren zur Verfügung gestellt. Inspiriert zu diesem Film wurde Carpenter von der Gewalt auf den Straßen von Los Angeles. Er erfuhr von einer wahren Geschichte, die ihm seither eine Heidenangst einjagte: die Angst, einfach so, völlig grundlos beim Gang durch eine Straße erschossen zu werden. Im Jahr 1975 gab es einen Fall, in dem eine Gang vor einer Bushaltestelle herumlungerte. Der Bus näherte sich, und einer der Jugendlichen kündigte an, er werde den ersten erschießen, der aussteige. Ein kleines Mädchen stieg aus und wurde tatsächlich erschossen. Die Frage, was in den Köpfen solcher Menschen vor sich geht, war für Carpenter die ausschlaggebende Motivation einen Film wie [i]Assault on Precinct 13[/i] zu drehen. Er wollte mit der realen Angst der Menschen vor einer alltäglichen Gefahr spielen.

Gekostet hat dieses Meisterwerk letztlich gerade mal 200.000 Dollar, verpflichtete der Regisseur doch keine Stars, sondern größtenteils unbeschriebene Blätter. Dabei hat er mit allen Darstellern einen Glücksgriff getan, allen voran Darwin Joston als Napoleon Wilson. Wilson war Fahrer bei der Produktion, bis man ihn bat, die Hauptrolle zu übernehmen. Trotz seiner außergewöhnlich charismatischen Darstellung, blieb ihm eine erfolgreiche Karriere verwehrt, und er starb 1998 an Leukämie. Ende der 1980er Jahre erklärte er in einer Talkshow mit unverhohlener Wehmut, er hätte eine Chance auf den ganz großen Durchbruch gehabt, hätte John Carpenter sich später nicht auf Kurt Russell als Stamm-Protagonisten festgelegt, sondern auf ihn. So blieben nur einige Theater-Engagements und kleinere Auftritte in Serien.
Neben Joston spielen auch Austin Stoker als Lt. Bishop und Laurie Zimmer als Leigh herausragend. Besonders die Chemie zwischen Wilson und Leigh ist großartig, liegt doch stets eine unausgesprochene erotische Spannung in der Luft. Leigh ist tough, emanzipiert und doch verletzlich. Wilson ist einfach nur cool bis zum Abwinken. Desweiteren sehen wir Tony Burton ([i]Rocky I, II, IV, Rocky Balboa[/i]) als Pechvogel Wells in einer frühen Rolle, und auch Carpenters Stammschauspieler Charles Cyphers und Nancy Loomis (beide aus [i]Halloween[/i] und [i]The Fog[/i] bekannt) sind hier bereits mit an Bord.

Ähnlich wie bei Carpenters späterem Meisterwerk [i]Big Trouble in Little China[/i] wurde unter den Kritikern der Vorwurf des Faschismus laut. Die Jugendlichen werden als "namenlose Untermenschen" dargestellt, die problemlos austauschbar sind, und deren Tod nicht weiter tragisch ist. Dabei ging es Carpenter doch, genau wie bei seinen späteren Filmen, immer nur darum zu unterhalten. Eine politische Botschaft wollte er nie mitteilen, und er hat sich auch stets verbeten, eine solche in seine Filme hineinzuinterpretieren. Sicher war es nicht ganz zufällig, dass die Jugendlichen der Gang verschiedenen Ethnien (ein Weißer, ein Farbiger, ein Chicano etc.) angehören, dennoch lag es nicht in der Absicht des Regisseurs, damit eine politische Diskussion vom Zaun zu brechen. Überdies ist es offensichtlich, dass Carpenter den Film wie einen Western inszenierte, ist es doch allseits bekannt, dass ein Werk seines Idols Howard Hawks – [i]Rio Bravo[/i] mit John Wayne – als große Inspirationsquelle diente. Dementsprechend gibt es auch unzählige Gemeinsamkeiten zwischen den beiden Werken.

Der Film hat viele herausragende Qualitäten. Die Darsteller habe ich bereits genannt. Die reduzierte, minimalistische Story, die ein wenig an [i]Night of the Living Dead[/i] erinnert, nur eben mit Gangs anstelle von Untoten, ist sicher eine weitere. Wie Schatten tauchen die Belagerer immer wieder auf, keiner sagt ein Wort. Und doch scheinen sie alles zu wissen, jede Aktion vorauszuahnen. Die Straßen sind menschenleer, die Grundstimmung dadurch fast schon apokalyptisch. Dies wird bereits zu Beginn etabliert, und in der Folge Stück für Stück ausgebaut.
Natürlich wieder eine Bombe: Die Musik. Der Soundtrack, wie gewohnt von Carpenter selbst komponiert, erweist sich auch schon in diesem Frühwerk als halbe Miete für die Atmosphäre des Films. Ohne diesen Soundtrack wäre der Film wohl nur halb so gut. Für mich neben [i]Halloween[/i] vielleicht sein bester und eingängigster Score.
Darüber hinaus hat mich auch die unterschwellige Sympathie und Solidarität zwischen Napoleon Wilson und Lt. Bishop beeindruckt. Man spürt sofort, das sind zwei Menschen, die zwar auf verschiedenen Seiten des Gesetzes stehen, aber beide eine gewisse Klasse besitzen. Beides Ehrenmänner. Bishop ist stets die Stimme der Vernunft, Wilson ist u.a. nicht bereit, die anderen im Stich zu lassen, als sich ihm eine Gelegenheit zur Flucht bietet. Und Bishops rigoroses Insistieren, dass man Wilson gottverdammt nochmal keine Handschellen anlegen soll, als der ganze Spuk vorüber ist, unterstreicht diese Vermutung nur.
Und selbst der Humor kommt nicht zu kurz. Vor allem angesichts Wilsons ständig wiederkehrender Frage, ob jemand eine Zigarette habe.

Der Film war in den USA sehr erfolgreich und wurde von der Kritik über den grünen Klee gelobt. Die Produktion spülte in den USA rund 8 Millionen Dollar in die Kinokassen, einmal mehr ein Riesenerfolg gemessen an den Herstellungskosten. Nach wie vor gilt ja [i]Halloween[/i] als einer der – wenn nicht [i]der[/i] –, erfolgreichsten Filme aller Zeiten gemessen an der Relation zwischen Drehkosten und Einspielergebnis. In Deutschland schlug der Film trotz einiger Festivalerfolge zunächst nicht wirklich ein, doch er sollte eine zweite Chance erhalten. 1982, drei Jahre nach der deutschen Erstaufführung, wurde das Werk nochmal ins Kino gebracht und bescherte dem Regisseur den verdienten Erfolg.

Ich besitze die Collector's Edition von e-m-s, die über eine gute Bild- und Tonqualität verfügt und einige Extras bietet. So den gewohnt informativen und unterhaltsamen Audiokommentar von John Carpenter, ein Booklet, und ein Interview mit Carpenter und Stoker. Auf einer zweiten DVD findet sich dann die sehr gelungene Dokumentation "Angst ist nur der Anfang", in der wir mehr über Carpenter und sein Schaffen erfahren. Das Doppel-Amaray steckt in einem hübschen Schuber, und O-Ton ist neben der Synchro natürlich auch enthalten.

Für mich sehr weit vorn in meiner persönlichen Carpenter-Bestenliste, und immer noch ein unterschätzter, aber hervorragend funktionierender Film, der in vielerlei Hinsicht oft kopiert, aber nie erreicht wurde. Auch im obligatorischen Remake nicht.

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