Bond-Regisseur Roger Spottiswoode legte mit "Mörderischer Vorsprung" einen überraschend gelungenen Thriller hin, der Genrefreunden absolut gefallen wird. Es geht um einen psychopathischen Geiselnehmer, der nach einem Juwelenraub und einem Mord in die Wälder Nordamerikas flüchtet. Zwei ungleiche Männer nehmen die Verfolgung auf.
Der Anfang ist psychisch äußerst hart, die Kaltschnäuzigkeit, mit der der Killer vorgeht, ist nicht leicht zu verdauen. Nach zwei Leichen geht es plötzlich ruhiger zu und die Kulisse wechselt abrupt: Die Verfolgung findet in der freien Wildbahn statt, was diesem Thriller eine Ausnahmestellung verleiht. Es gibt nicht viele seiner Art, die sich von der Urbanität entfernen und sich mal etwas neues trauen. Riesenlob hierfür, denn der Mut hat sich gelohnt. Die Wald- und Gebirgskulisse ist eine echte Augenweide, so prächtig fotografiert, dass man sich stellenweise in einen Abenteuerfilm versetzt glaubt.
Die Spannung reißt dennoch nicht ab, denn es ist klar, dass der Mörder irgendwo da draußen ist und eine Gruppe von Wanderern bedroht. Bis er sich erkenntlich gibt, dauert es eine ganze Weile, dafür stockt einem bei dieser Szene echt der Atem.
Anschließend wird immer wieder zwischen dem Killer und seiner Geisel und beiden Verfolgern hin- und hergewechselt. Leider sind anschließend ein paar Szenen etwas klischeeüberladen und unglaubwürdig geraten. Vor allem Stantins Charakter ist mir zu unbeständig, erst ruhig und bedächtig, dann plötzlich wieder aufbrausend. Ansonsten liefert Sidney Poitier bei seinem Comeback eine ordentliche Leistung, geht aber neben dem hervorragenden Tom Berenger etwas unter.
Das Finale hätte etwas spektakulärer ausfallen können, die Alibi-Verfolgungsjagd hätte nicht sein müssen. Dafür ist der Showdown wieder sehr spannend, obwohl überraschungsarm.
Bleibt für Thrillerfreunde und Filmfans, die ein Faible für Naturkulissen haben, ein absolut unterhaltsamer Film, den man sich prima reinziehen kann, wenn man am Abend sonst nix vorhat.