1982 war eines dieser Filmjahre, das mehrere Klassiker hervorbrachte, doch kein Publikumserfolg jenes Jahres war wohl so kontrovers wie "First Blood", hierzulande "Rambo".
Der Film gab vor, das Vietnamtrauma aufzuarbeiten, den Verrat Amerikas an seine Söhne, die sich in Vietnam für ihr Vaterland geopfert haben und nun von der Gesellschaft nicht beachtet, im Gegenteil, sogar verachtet werden. Doch entpuppte sich "Rambo" als spektakulärer Actionfilm von dem manche behaupteten, er würde Selbstjustiz verharmlosen, da der offenbar geistig verwirrte Rambo so sehr als Heldenfigur in seinem Krieg gegen das System dargestellt wird. Noch heute, gut 20 Jahre nachdem Rambo zum ersten mal durch unsere Kinos wütete ist in den Besprechungen der TV Today z. b. stets von "fragwürdiger Botschaft" die Rede.
Es ist offensichtlich, auch wenn die Romanvorlage von David Morell hierzulande kaum bekannt ist, dass der Film den Anliegen des Stoffes nicht gerecht wird, sie zugunsten der Action und des Tempos zurückstellt. Letztlich wollte das Publikum ja auch Sylvester Stallone in Action sehen. Und trotzdem ist "Rambo", nicht zuletzt aufgrund des ernsten Hintergrunds eines der ganz großen Action-Highlights der 80er Jahre.
Sozialkritische Ansätze hat der Film einige: Ein Macht besessener Sheriff, der Rambo einsperrt, weil der nicht seine Stadt verlassen will; ein gewalttätiger, scheinbar psychopathischer Hilfsscherriff, der den unbewaffneten Rambo nach dessen Flucht kaltblütig erschießen will; die örtliche Nationalgarde, bestehend aus einem Haufen Wochenendkriegern, die die Jagd auf Rambo richtig genießen; ein Junge der von Rambo fast getötet wird, weil er schon mit einem Gewehr durch den Wald streift; das Waffen-/Jagdgeschäft, das Rambo wie ein Munitionslager in die Luft jagen kann. Natürlich bleibt es bei diesen Ansätzen, da dies ja nun mal ein Actionfilm ist, der es sich schon allein wegen seiner Laufzeit von gerade 90 Minuten nicht erlauben kann, tiefer zu schürfen. Nur Rambos Monolog zum Schluss, in dem er das oben beschriebene Hauptthema deutlich zur Sprache bringt, fällt etwas deutlicher aus. Und das Ende ist dann auch kein wirklich gutes, denn ob Rambo je wieder in die Freiheit entlassen wird, bleibt hier noch offen. Doch gerade diese Art, die Dinge zu zeigen und alles weitere Nachdenken dem Zuschauer zu überlassen, falls er sie denn auch registriert hat, zeichnet den Film aus.
Der kann sich des Weiteren an den Schauwerten des Films erfreuen. Dabei wäre zunächst einmal die Kulisse zu nennen. In einer Zeit, als man sich im Action-Genre mehr im düsteren Großstadtdschungel auszutoben begann (im selben Jahr erschien auch "Nur 48 Stunden") jagte man Rambo durch die nordamerikanische Berg- und Waldlandschaft von British Columbia. Dies schafft die Voraussetzungen für eine besonders gelungene Szene, in der Rambo die ihn in den Wald gefolgten Polizisten außer Gefecht setzt. Scheinbar völlig im Einklang mit der Natur schaltet er seine Gegner mit einfallsreichen und harten Methoden aus.
Vor diesem Hintergrund gibt es solide in Szene gesetzte Stunts und Effekte zu sehen, die heute einen angenehm altmodischen Touch haben. Trotz des extrem niedrigen Bodycounts mangelt es auch nicht an Krawallaction, besonders im Finale geht einiges zu Bruch (die richtig übertriebenen Pyrotechnik-Feuerwerke und Leichenberge gibt’s allerdings erst in den beiden hirnlosen Fortsetzungen zu sehen).
Untermalt wird das Ganze von einer erstklassigen Filmmusik. Nach meiner Meinung neben "Star Trek-Der Film" wohl die beste Score, die Jerry Goldsmith je komponiert hat. Ein echter Ohrwurm ist das Hauptthema, zunächst noch als ruhige, beschwichtigende Musik, wird es später zu richtig großen Action-Klängen erhoben. Dabei ertönt es an zwei Stellen besonders prägnant, wenn Rambo aus der Polizeistation stürmt um aus der Stadt zu fliehen und wenn er wieder in die Stadt hinein bricht. Es wird auch für den Titelsong "It's A Long Road" verwendet.
Darstellerisch sind die meisten Akteure hier voll auf der Höhe. Sylvester Stallone gelang es nach Rocky hier eine weitere legendäre Heldenfigur zu erschaffen (die witzigerweise auch mit R anfängt). Körperlich in Top-Form ist er die Idealbesetzung für den Mann, der zur Kampfmaschine herangezüchtet wurde, im normalen Leben aber nicht zurecht kommt. Auch an Richard Crenna (der inzwischen leider verstorben ist) wird man sich vornehmlich als Rambos väterlichen Vorgesetzten Colonel Trautmann erinnern. Brian Dennehy als Scherriff ist hier ebenfalls in seiner besten Rolle zu sehen, wurde er nach "Cocoon" 1 und 2 in den späten 80er und dann 90er Jahren leider vornehmlich zum Hauptdarsteller zweit- und drittklassiger TV-Produktionen.
Der Name Rambo ist inzwischen in den allgemeinen Sprachgebrauch eingedrungen und steht sogar im Duden. Die beiden Fortsetzungen (1985 und 1988) haben dem Ruf des Originals leider geschadet, besonders hierzulande, in Amerika heißt der erste Teil ja anders als die Sequels.
Nein, dahinter verbirgt sich ein packender, gar nicht dummer Film, der sich immer wieder gut konsumieren lässt.
Anzumerken wäre da noch die deutsche Synchronisation. Die ist zwar insgesamt recht stimmig, dank guter Sprecher, jedoch wurde hier zensierend eingegriffen. Z. b. wurde der Jubelschrei eines der Wochenendkrieger als er auf Rambo schießt weggelassen und einige Ausdrücke abgemildert (Son of a Bitch = Ich krieg dich; I will kill you = Du lernst mich kennen). Trotzdem auch die Wiederholungen im deutschen Fernsehen nicht verpassen. Wenn’s mal geschnitten ist macht’s hier auch nicht so viel aus.
Meine Wertung:
9 / 10