Als die erste von qualitativ höchst unterschiedlichen Adaptionen der Alistair MacLean – Romane genießt „The Guns of Navarone“ heutzutage einen nahezu makellosen Ruf, dem der Film letztlich nur phasenweise gerecht werden kann. J. Lee Thompson (u.a. auch „Cape Fear”), später bekanntlich für einige Bronson-Machwerke (u.a. unter Cannon) verantwortlich, kann für sein mit 150 Minuten für die damalige Zeit (1961) imposant lang laufendes Kriegsabenteuer nicht nur auf eine Riege hochkarätiger Stars, sondern auch auf ein Drehbuch von „High Noon“ – Schreiber Carl Foreman (hier auch Produzent) zurückgreifen.
Schade nur, dass das sich hinter Foreman und auch den Darstellern verbergende Potential nie wirklich ausgeschöpft wird. Immerhini findet man hier einmal mehr MacLeans Erfolgsrezept vor. Eine Schwadron ausgesuchter Spezialisten wird auf ein Himmelfahrtskommando geschickt, um den Nazis empfindlich ins Handwerk zu wuschen. Sie stolpern über einen Verräter in ihrer Mitte und stehen unter Zeitdruck.
Thompson verstand mit dieser Prämisse wohl nicht so schrecklich viel anzufangen, denn besonders die Action kommt zu kurz und die aus dem Zeitdruck eigentlich resultierende Spannung ist nichtexistent.
Dabei ist die Einführung mit einer Erklärung der aktuellen Kriegssituation und der Notwendigkeit der Mission wirklich gelungen. Captain Keith Mallory (Gregory Peck, „Moby Dick”, „Cape Fear”) wird, anstatt in den Urlaub zu fahren, zur Spezialeinheit von Major Roy Franklin (Anthony Quayle) befohlen, um ihn bei einer heiklen Mission zu helfen. Es gilt an der Meerenge zur Aegis zwei riesige Kanonen einer Seefestung auf der Insel Navarone auszuschalten, um sieben Zerstörern der Alliierten zu ermöglichen, dezimierte und erschöpfte Kameraden zu evakuieren, die sonst von einer deutschen Übermacht überrannt werden würden.
Mit von der Partie ist auch noch Colonel Andrea Stavros (Anthony Quinn, „Attila“, „Notre Dame de Paris), der mit Mallory noch eine Rechnung zu begleichen hat...
Das eigentlich Filmgeschehen beginnt klassisch mit der Missionsbesprechung und der Vorstellung der wichtigsten Personen, darunter unter anderem auch der Sprengstoffexperte Captainlieutnant Miller (David Niven, „Casino Royale“, „The Sea Wolves: The Last Charge of the Calcutta Light Horse“), bevor man dann ohne großartige Umschweife gen Island schippert, ein Patrouillenboot der Deutschen aufbringt und schon Verrat wittert. Bis dahin keine aufregende Szenen und nennenswert herausstechende Charaktere (bis auf Niven mit seinem schwarzen Humor) sondern die Vorahnung, dass diese 145 Minuten sehr lang werden können.
Und sie werden es auch, trotz einiger wirklich gelungen getrickster und Oscar-prämierter Momente, wie den Schiffbruch bei schwerem Seegang, das folgende Klettern an der Steilwand und natürlich das explosive Finale. Doch abseits dieser Schauwerte, herrscht eine dröge, wenig begeisterungsfähige Regie von Thompson, der neben des heruntertickenden Countdowns dem kleinen Trupp auch noch Horden von deutschen Soldaten (Flugzeuge inklusive) auf den Hals hetzt, aber nie das Gefühl gibt, dass das Kommando damit nicht klar kommen würde. Selbst wenn man schon unter Beschuss oder in Gefangenschaft ist, windet man sich sehr mühelos aus dem Schlamassel. Ein ähnliches Problem, das der späte Nachfolger „Force 10 from Navarone“ auch hatte.
Ihre Gegner stellen sich teilweise so debil an, dass sich der Trupp schon Mühe geben muss, um nicht zu entkommen. Man nimmt sie beispielsweise bei einer Rast mit Granatwerfern unter Beschuss, ist gleichzeitig aber zu blöde um vorzurücken. Man kesselt sie in der Stadt ein, will sie zum Reden bringen und lässt sich ungeheuer naiv dann wieder überrumpeln. Weil solche Situationen sich stapeln, erlischt viel zu schnell die Zuschauerangst, dass tatsächlich etwas schief gehen könnte. Selbst der Verräter und dann am Ende auch empfindliche Verluste vermögen daran kaum etwas zu ändern. Auch weil der Cast selbst, gemessen an vorrangegangenen und späteren Leistungen alles andere als überragend agiert. Allen voran Peck und Quinn, die man beide schon wesentlich besser gesehen hat.
Immerhin bleibt man mit dem notwendigen Ernst bei der Sache, liefert mit Finten, zurückgelassenen Kameraden und neu dazu stoßenden Mitstreitern so viele unbekannte Variablen, dass der eigentliche Plan mehrmals über den Haufen geworfen werden muss. Aus der einen oder anderen Schwierigkeit (Stichwort: Sprengstoff) hätte sich viel mehr herausholen lassen, doch Thompson war hier ohnehin nicht in Suspense-Laune.
Es gab seinerzeit stattliche sieben Oscar-Nominierungen, bei einem Erfolg. Die vielen Auszeichnungen hat „The Guns of Navarone“ aber auch nur verdient, weil er technisch seinerzeit wirklich top, sowie immens teuer ausgestattet war und über einen stargespickten Cast verfügt. Heute punktet der Film eher mit seinem nostalgischen Charme und der Tatsache, dass er nicht allzu penetrant mit Nazi-Klischees jongliert, weswegen er auch bei mir einen Findling in der Bretterbude hat.
Dass der Film eigentlich mehr zu bieten hätte, wird zwar am Rande deutlich, allerdings sofort sträflich fallen gelassen. Nivens sinnierende Momente oder seine Diskussion mit Peck über dessen getroffene Entscheidungen sind auch in Hinsicht auf den Krieg zumindest mit interessanten Ansichten, für deren Ausstaffierung leider keine Zeit blieb, gespickt. Seelisch ausgebrannte, des Tötens überdrüssige Soldaten sind auch vorzufinden, werden allerdings zugunsten der Action geopfert. Wobei man in den 145 Minuten für beides sicher noch hätte Platz finden können. Notfalls indem man die beiden zarten Romanzen streicht, die in MacLeans Buch auch gar nicht existieren, weil dort gar keine Widerstandkämpferinnen zu Hilfe eilen. Übrigens auch ein Grund warum bei „Force 10 from Navarone“ Verweise auf den Vorgänger (z. B. der Verräter...) nicht verstanden werden. Das dortige Drehbuch geht direkt von MacLeans Vorlage und nicht von „The Guns of Navarone“ aus.
Fazit:
Seinen Klassiker-Status kann „The Guns of Navarone“ nur mit Mühe und Not, größtenteils aufgrund des Nostalgie-Bonus, verteidigen. Abseits der tollen Kulissen und den ausgezeichnet getricksten Momenten hat der zu lange Film so schrecklich viel nicht anzubieten. Der Cast agiert zwar solide und vor dem Hintergrund des Zweiten Weltkriegs genießen solche Kommandos auch immer eine gewisse Brisanz, aber das Fehlen jeglicher Spannung, den sich ewig wiederholenden Fluchtszenarien und dem Herunterschrauben tiefgreifender Aspekte zugunsten des Abenteuerflairs kosten den Film viele Punkte. Gerade noch im 7er Bereich... aber gerade so..
Einmal mehr führt kein Weg an „Where Eagles Dare“ vorbei.