Gleich zu Beginn ein (animierter) Wassertropfen, welcher sich von der Decke löst und spritzend auf den Boden fällt. Danach verbinden sich kleine, verteilte Wassertropfen zu einem Rinnsal, um sich zum Filmtitel zu formieren, gefolgt von einer Kamerafahrt durch ein Abflussrohr hindurch, hinein in den Ort des Geschehens: ein Badezimmer, in welchem nicht der Mensch regiert, sondern der Raum als solcher die Kontrolle ausübt. La Douche ist wahrlich kein Film, dem man Konventionalität oder mangelnde Originalität in Sachen Bildkomposition oder Ausgangsidee ankreiden könnte.
Klo, Wasserhahn und Dusche scheinen hier ein Eigenleben zu führen, entscheiden scheinbar willkürlich über das (Über-) Leben von Menschen, die ihr Reich, das Badezimmer, betreten. Allerdings erfahren wir auch bis zum Ende dieses 10-Minüters nicht, warum und wieso. Vielmehr wird der Protagonist, Raymond Hosni, ins Geschehen eingeführt. Er betritt pfeifend das Bad und begibt sich schnurstracks zur Duschkabine, um sich zu waschen. Nachdem er begonnen hat, sich einzuseifen, beginnt die Dusche, Amok zu laufen. Die Duschkabine lässt sich nicht mehr öffnen, sie läuft voll und für den Protagonisten geht es ums nackte Überleben.
Wer sich jetzt kontrapunktisch irgendwie an Farin Urlaubs Song „Dusche“ erinnert fühlt, liegt richtig. Alle Sanitäreinrichtungen des Bades scheinen ein eigenes Bewusstsein und sich gegen den/die Menschen verschworen zu haben. Regisseur Michel Kammoun (Falafel, 2006) inszenierte dabei seinen Film als spannenden Thriller, selbst das Licht beginnt zu flackern und vermittelt somit auf konventionelle Art den Eindruck, dass an diesem Schauplatz etwas Unheilvolles passieren wird.
Kameramann Muriel Abourrousse griff zu einem originellen Kunstgriff: Er arbeitet zu Beginn mit dynamischen Kamerafahrten, um später mit längeren Einstellungen die einzelnen Gegenstände des Bades regelrecht charakterisieren. Was zunächst absurd klingt, erhält jedoch später Kontur: Durch das lange Verharren der Kamera auf Duschkopf, Wasserhahn etc. wird eine Personifizierung dieser Anlagen angedeutet. Sie sind im weiteren Handlungsverlauf der Handlungsträger, der Akteur; der menschliche Darsteller hingegen ist einzig zur Passivität verdammt und kann noch nicht einmal angemessen reagieren. Mit schon erwähntem flackerndem Licht sowie das Tauschen der Szenerie in graue oder verwaschene Töne wird die durch die befremdliche Personifizierung der Sanitäranlagen die ohnehin schon beklemmende Horrorfilm-Atmosphäre noch weiter verstärkt.
Bis zum Ableben des Protagonisten geht La Douche durchaus als gelungener Horror-Thriller durch, auch wenn die Logik zuweilen etwas hinkt. Warum tritt der Protagonist nicht schon frühzeitig(er) gegen die Duschkabine, damit er sich aus dieser befreien kann? Warum schreit er nicht? Aus welchem Grund das Eigenleben und die Lebendigkeit des Badezimmers? Alles Fragen, die nicht geklärt werden und nicht allesamt gerade aus dieser Rätselhaftigkeit, die bis zu einem bestimmten Maße auch einen Horrorfilm ausmachen und als Genrekonvention akzeptiert werden, ihren Reiz beziehen.
So wird auch trotz der angedeuteten Metapher mit einem an die Wasseroberfläche seines Wasserglases strebenden Goldfisches am Ende die Intention des Films nicht klar. Es fehlt schlicht eine Pointe für das bis dahin mysteriös aufgebaute Grusel-Szenario. Dass diese nicht geliefert wird, lässt dem Film viel von seinem Potenzial einbüßen, denn Kameraarbeit, Schnitt und Regie sind als erstklassig anzusehen. Nur am Drehbuch hätte noch etwas mehr gefeilt werden müssen (6/10).