Review

Als Arthur Hiller 1976 „Silver Streak“ drehte, schuf er nicht nur die erste Wilder/Pryor-Zusammenarbeit, sondern auch einen ganz eigenwilligen Genremix.
Es beginnt an Bord des titelgebenden Silver Streak (oder auch „Trans-Amerika-Express“ wie der Film hierzulande heißt). Verleger George (Gene Wilder) will mit dem Zug nach Los Angeles nach Chicago und wird von dem Vertreter Sweet (Ned Beatty) darauf hingewiesen wie einfach amouröse Abenteuer während der Fahrt seien. Tatsächlich kann George eher unvermittelt und ungewollt bei Hilly (Jill Clayburgh) landen, was der Film für famose Dialoge in bester Screwballtradition nutzt, wenn sich George und Hilly über von George verlegte Publikationen unterhalten und dabei Passagen aus Gartenzeitschriften mit Passagen aus Sexratgebern gleichsetzen.
Kurz vor der Liebesnacht glaubt George jedoch Hillys Chef, einen bedeutenden Professor, tot vor dem Zugfenster hängen zu sehen. Am nächsten Morgen geht er seinem Verdacht nach, trifft den angeblichen Prof zwar an, doch schöpft bald Verdacht – nicht zu unrecht, wobei der Film sich zur klassischen, Hitchcockschen Geschichte vom Mann, der zuviel wusste, weiterentwickelt, denn ähnlich hilflos wie dessen Protagonisten ist George in diese Situation geworfen.

George hat jedoch kaum Zeit seinen Verdacht zu äußern, denn die Verschwörer werfen ihn kurzerhand aus dem Zug. George hetzt hinterher um seine Liebste zu retten, hat den Zug aber weder zum ersten Mal betreten noch verlassen…
„Silver Streak“ ist ein ganz und gar wildes Unterfangen, übernimmt Elemente aus den bereits erwähnten klassischen Genres, besitzt mit dem Auftauchen von Grover (Richard Pryor), mit dem George bald zusammenarbeitet, in der zweiten Hälfte bereits Elemente eines Buddy Movies, wie sie in den 80ern populär waren, und zum Schluss darf ein Schuss Katastrophenfilm nicht fehlen, wie er in den 70ern gerade angesagt war. Erstaunlich ist nur, wie leicht und unbeschwert der Film seine Genres wechselt, trotz diverser Toter seinen lockeren, komödiantischen Ton beibehält, ohne dabei pietätlos zu wirken. Tatsächlich sind die Dialoge und gelegentlich Slapstickeinlagen mit famosem Timing in Szene gesetzt und einer der Hauptattraktionen von Hillers vergnüglichem Film. Eines der Highlights ist die Szene, in der Grover George als Schwarzen tarnen möchte und der dabei (mit Schuhcreme angemalt) jedes populäre Schwarzenklischee vorführt – hier thematisiert „Silver Streak“ auch den immer noch vorherrschenden, unterschwelligen Rassismus, ähnlich wie in der Szene, in welcher der als Kellner verkleidete Grover dem Oberschurken eine runterhaut, als dieser ihn „Nigger“ nennt.
Für die Spektakelfraktion gibt es dann auch immer wieder was zu sehen, seien es Georges Versuch den Zug via Auto, Flugzeug oder zu Fuß einzuholen, das finale Crashszenario, Klettereien auf dem Zug oder eine finale Ballerei, die sich ordentlich gewaschen hat. Hiller mag kein Actionregisseur mit der Wucht seiner Zeitgenossen Don Siegel, John Frankenheimer oder William Friedkin sein, doch seine ebenfalls eher locker-komödiantisch angelegten Schauwerte wissen ebenfalls zu gefallen und sind auch über 30 Jahre nach Release des Films wunderbar anzuschauen.

So läuft vieles rund bei Hillers Film, aber nicht alles. Die Bösewichte sind hin und wieder doch eine Nummer zu inkompetent um wahrlich bedrohlich zu wirken, Georges Liebe zur (oder eher: Verliebtsein in) der ihm kaum bekannten Hilly ist als Motivation gelegentlich etwas schwach. Zudem geht „Silver Streak“ zu Beginn des letzten Drittels ein wenig die Puste aus, doch glücklicherweise zieht Hiller zum Showdown hin das Tempo an und macht diesen Mangel somit wett.
Den sonst eher als reinen Komiker gecasteten Gene Wilder hier als Jedermann zu besetzen, der letztendlich über sich hinauswächst, mag ein Wagnis gewesen sein, funktioniert erfreulicherweise aber famos. Auch die Chemie mit Richard Pryor stimmt, der hier seine Paraderolle als smartes, schnell sprechendes Schlitzohr spielt, aber auch etwas heroischer als in vielen anderen seiner Filme rüberkommt. Jill Clayburgh spielt ordentlich, Ned Beatty supportet mehr als ansehnlich und der als Beißer bekannte Richard Kiel darf als Handlanger der Fieslinge punkten. Ein großes Highlight des Films ist Patrick McGoohan als charismatischer Schurkenchef, neben dem seine Handlanger leider etwas blass aussehen.

„Silver Streak“ mag ein wenig in Vergessenheit geraten sein, doch trotz kleinerer Schwächen im Aufbau macht der wilde Mix aus Screwballhumor, Verschwörungsthriller und Actionkomödie immer noch mächtig Laune.

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