Spoilerwarnung!
Stephen King ist neben seiner Eigenschaft als Horrorschriftsteller ein ziemlich genauer Beobachter und Chronist des amerikanischen Kleinstadtlebens und in seinem Roman SALEM'S LOT (Brennen muss Salem) gelingt es ihm ein Gesellschaftsbild zu zeichnen, das den Eindruck erweckt, das titelgebende Städtchen wäre auch ohne Zutun eines schuftigen Vampirs früher oder später untergegangen.
In der bereits zweiten Adaption des Romans (nach Tobe Hoopers ebenfalls fürs TV gedrehten Zweiteiler von 1974) wird daher also erneut durchgespielt, was wohl geschehen würde wenn sich Graf Dracula nach Maine verlaufen hätte und wie sich typische Durchschnittsmenschen angesichts einer solch schleichenden (der INVASION OF THE BODY-SNATCHERS nicht unähnlichen) Invasion verhalten würden. Entsprechend sind Schriftsteller, kleine Jungs (natürlich ein Horrorfan, der HELLRAISER-Miniaturen sammelt), Ärzte, homosexuelle Lehrer und am Glauben zweifelnde Pfarrer die Sympathieträger, die in Van Helsings Fußstapfen treten.
Das Hauptaugenmerk liegt dabei auf dem Schriftsteller Ben Mears (Rob Lowe), der zeitgleich mit dem Vampir Barlow (trotz geringer Screentime ein eindrucksvoller Rutger Hauer) nach Salem's Lot kommt um dort traumatische Kindheitserlebnisse in Buchform aufzuarbeiten, in denen das gruselige Marsten-Haus (in dem sich auch Norman Bates wohlfühlen würde) eine bedeutende Rolle spielt - eben das schäbige Gemäuer, das nun Barlow mit seinem Adlatus Straker (Donald Sutherland) bewohnt. In Jungschen Formeln gesprochen ist Barlow somit der Schatten von Ben und in der Tat läßt der Film keinen Zweifel daran, daß Ben gewissermaßen literarischen Vampirismus betreibt wenn er das Kleinstadtleben in einem Roman verwurstet. Sehr interessant ist hierbei auch die Aktualisierung der Vorlage: Ben schreibt anders als im Roman keine beinah-pornographischen Skandalromane sondern löste durch einen Tatsachenbericht über den Afghanistankrieg eine Kontroverse aus, die mehrere Soldaten, die ihn dort aus der Gefangenschaft retteten vors Kriegsgericht brachte.
Ebenso wurde die Rolle seines Love-Interests Susan Norton mit erheblich mehr Stärke und Selbstbewußtsein ausgestattet - was ihr allerdings den finalen Pflock durchs Herz trotzdem nicht ersparen kann.
Einige kritische Distanz zu den übernatürlichen Geschehnissen wird durch einen ebenfalls von der Vorlage abweichenden Rahmen geschaffen, in dem der nach einer Attacke auf Pater Callahan (der im Laufe der Geschichte durch seine Charakterschwäche die Seiten wechselt obwohl der Film keinen Zweifel daran läßt, daß in der Welt nicht ausschließlich das Böse existiert, denn Kruzifixe und Weihwasser funktionieren tadellos) schwer verwundete Ben einem Krankenpfleger seine Geschichte erzählt - es könnte sich somit theoretisch auch um die deliriösen Auswüchse eines verwirrten Obdachlosenhirns handeln.
Gefilmt wurde das alles in der für TV-Produktionen typischen Hochglanzoptik und auf konventionelle Sehgewohnheiten zugeschnitten, Ausnahmen bilden nur einige körnige Flashbacks in kräftigen Rot- und Orangetönen, die Bens Kindheitserlebnisse im Marstenhaus zum Inhalt haben. Durch die Laufzeit von ca. 3 Stunden gelingt es zwar leider nicht, wirklich durchgehende Spannung aufzubauen, das beste Schockmoment bietet ein Toaster (klingt lächerlich, wirkt aber in dieser Szene tatsächlich), trotzdem ist der der Film aber insgesamt nicht langweilig oder wirkt gar wie andere King-Mehrteiler (und auch zahlreiche seiner Romane) künstlich in die Länge gezogen - man vergleiche SALEM'S LOT beispielsweise mit der Verfilmung von TOMMYKNOCKERS oder dem quälend langatmigen STORM OF THE CENTURY. Splatter bietet das Thema Vampirismus naturgemäß auch nur eher am Rande, aber dies ist im Falle von SALEM'S LOT durchaus von Vorteil, da man so ein Abdriften in den Klamauk von FROM DUSK TILL DAWN oder BORDELLO OF BLOOD vermeidet; daß darüberhinaus auch Kinder nicht verschont werden trägt zur düsteren Atmosphäre fernab von TWILIGHT-Kitsch ebenfalls maßgeblich bei.
Unterm Strich also die deutlich bessere Verfilmung - schon alleine deswegen weil man nicht den Fehler machte, Barlow in einem lächerlichen NOSFERATU-Kostüm herumhüpfen zu lassen.