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„Erstochen und erwürgt – doppelt hält besser…“

Kurt Junek ist einer der wenigen Regisseure, die in ihrer Karriere hauptsächlich für die öffentlich-rechtliche „Tatort“-Krimireihe gearbeitet haben: Elf Episoden gehen auf sein Konto, so auch „Wunschlos tot“, zu der er auch das Drehbuch verfasste. Es handelt sich dabei um den vierten vom ORF produzierten österreichischen „Tatort“ um Oberinspektor Pfeifer (Bruno Dallansky, „Und Jimmy ging zum Regenbogen“), der es insgesamt auf acht Einsätze brachte. Die ersten drei wurden jedoch lediglich im österreichischen Fernsehen ausgestrahlt; der am 21. September 1987 erstmals gesendete „Wunschlos tot“ war der erste, der auch im deutschen Bundesgebiet über den Äther ging.

„Können Sie sich nicht auf ein menschliches Mittelmaß einigen?“

In Wien wird Frau Springer, eine ältere Dame, ermordet in ihrer Wohnung aufgefunden. Die Polizei rätselt über das Motiv und stößt im Zuge ihrer Ermittlungen unter anderem auf Springers Neffen Robert Hauser (Heinz Weixelbraun, „Die Rattenfänger“), der heroinabhängig ist. Über ihn führt eine lose Spur zu Josef Peischl (Heinrich Schweiger, „Frau Wirtin hat auch einen Grafen“), einer großen Nummer im Rotlichtmilieu. Als auch noch Robert Hauser das Zeitliche segnet, steht die Polizei um Oberinspektor Pfeifer und seinen jungen neuen Kollegen Inspektor Passini (Christoph Waltz, „Wahnfried“) unter massivem Ermittlungsdruck – denn auch wenn es danach aussehen sollte: Ein Suizid ist sehr unwahrscheinlich…

„Ich mag keine Schießeisen!“

Die erste Zeugin belastet Frau Springers Nachbarn Herrn Spanntaler (Karl Krittl, „Ein echter Wiener geht nicht unter“), einen Trinker, doch dieser Verdacht bestätigt sich nicht. Immerhin sorgt er aber für reichlich Wiener Lokalkolorit, bei dem man als Norddeutscher bei Weitem nicht jedes Wort versteht, aber Frau Springers Wohnsituation auch sozial einordnet: Nein, sie war kein vermögende Witwe, die in einer vornehmen Villengegend gelebt hätte. Christoph Waltz als Harald Passini bringt mit seinem analytischen Geist wohl so etwas wie frischen Wind den Ösi-„Tatort“, fasst aber Robert Hauser auch ungewöhnlich hart an. Dieser geht schließlich stiften und bald darauf vollends verlustig. Als Passini inkognito im Bordell ermittelt, wird er zusammengeschlagen und muss sogar eine lancierte Rufmordkampagne über sich ergehen lassen.

Der semi-gemütliche Fernsehkrimi wird fortan recht dialoglastig, verzichtet weitestgehend auf weitere Action-Einlagen und verstolpert seine Dramaturgie, indem er zunehmend unfokussiert vorgeht. Er stellt indes die Macht des Rotlichtmilieus heraus und deutet Korruption bis in höchste Polizeikreise hinein an. Roberts Mutter (Helli Servi, „Charleys Tante“) ist eine Prostituierte, die Passini an ihre jüngere Kollegin Jenny (Angelika Meyer, „Der Leihopa“) vermittelte, welche nun vornehmlich traurig in die Kamera linsen darf. In diesem an hörenswerter Musik armen „Tatort“ bescheren ihre Auftritte immerhin lauschige Ambientklänge. Gastauftritte der Münchner Kollegen Lenz (Helmut Fischer) und Schneider (Georg Einerdinger) im letzten Drittel werten den Fall auf und versetzen den Helmut-Fischer-Fanclub Hamburg-Altona in Verzückung.

Wenn gegen Ende zwar nicht alles, aber zumindest einiges aufgedröselt wird, arbeitet Junek mit Rückblenden; das Geständnis des Mörders Roberts jedoch wird lediglich im Dialog behauptet, aber nicht gezeigt. Die, nun ja, „Pointe“ des Falls ist dann das Wiener Polizeiversagen, das hier aber weniger als bissiger Kommentar à la früher „Kottak“ rüberkommt, sondern vielmehr eine ziemliche Enttäuschung darstellt. Passini jedenfalls hat keine Lust mehr und möchte zukünftig lieber in Herrenmode machen. Pfeifer fühlt sich dadurch an der Bullenehre gepackt und nimmt die Ermittlungen im Mord an Frau Springer wieder auf, die durch den einsetzenden Abspann jäh beendet werden.

Ein seltsamer, unbefriedigender „Tatort“, der nicht dazu beigetragen haben dürfte, die Akzeptanz der Piefkes für die Ösi-Variante ihres allsonntäglichen Krimivergnügen herzustellen.

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