„Ich werde Sie jetzt erschießen!“
Ohne viel Tamtam nahm Helmut Fischer mit diesem „Tatort“ aus dem Jahre 1987 – seinem siebten als Kriminalhauptkommissar Lenz – seinen Hut und verabschiedete sich aus der öffentlich-rechtlichen Krimireihe. Wie der vorausgegangene Fall „Die Macht des Schicksals“ wurde auch „Gegenspieler“ nach einem Drehbuch Ulf Miehes und Klaus Richters vom gebürtigen Salzburger Reinhard Schwabenitzky („Ein echter Wiener geht nicht unter“) inszeniert. Die Erstausstrahlung erfolgte am 13. September 1987.
„Ein sogenannter perfekter Mord!“
Der arbeitslose Jürgen Koch (Horst Kummeth, „Hans im Glück“) stiehlt seiner Freundin, der eine Gastwirtschaft betreibenden Elli Reisinger (Elfi Eschke, „Büro, Büro“), eine stattliche Summe aus der Kasse, um es beim Pokern im von seinem Bekannten Dieter Wenig (Max Tidof, „Loft“) betriebenen illegalen Spielclub zu vermehren – schließlich träumt er von der gemeinsamen Eröffnung eines Ristorante. Gegen den gut bluffenden Pokerprofi Hans Werner Hartung (Karl Michael Vogler, „Frau Wirtin hat auch eine Nichte“) hat er jedoch keine Chance und verzockt die gesamte Summe. Um diese wiederzubeschaffen, nimmt er Wenigs Tipp an, einen Autohändler zu überfallen. Mit diesem kommt es zu einem Schusswechsel, doch Jürgen hat das Geld des lediglich von einem Streifschuss verletzten Händlers – satte 28.000 DM. Dann kommt jedoch alles ganz anders, denn es gibt einen heimlichen Mitwisser – und plötzlich sieht sich Jürgen von der Polizei mit Raubmordvorwürfen konfrontiert: In Grünwald wurde der alte Wehrmachtsoberst a.D. von Bredow (Richard Lauffen, „Der Tiger von Eschnapur“) erschossen und um 30.000 DM erleichtert. Und der Täter floh mit Jürgens Wagen. Jürgen verstrickt sich in Widersprüche und befindet sich nun in der absurden Situation, beweisen zu müssen, den Autohändler statt von Bredow überfallen zu haben…
Direkt zu Beginn wird der „Kriminal-Tango“ Piero Trombettas und Kurt Feltz‘ prominent in Ellis Gastwirtschaft auf der Tonspur platziert. Die Elli Reisinger spielende Elfi Eschke kennt man bereits aus „Die Macht des Schicksals“; Regisseur Schwabenitzky, der sie bereits von seinen „Büro, Büro“-Dreharbeiten gekannte hatte, schien direkt noch einmal mit ihr drehen zu wollen – was man ihm nur schwerlich verübeln kann. Die Pokerpartie mit vorhersehbarem Ausgang findet in klassischer Hinterzimmer-Atmosphäre statt und nach der realistisch anmutenden Inszenierung des ein wenig unbeholfenen Überfalls durch Jürgen macht die Handlung keinen Hehl aus der Identität des zweiten, wesentlich verschlageneren und professioneller vorgehenden Täters. Kein Whodunit? also, woraus ein enormer Wissensvorsprung des Publikums gegenüber der Polizei resultiert, doch erscheint der Täter ebenso rätselhaft wie größere Teile seines Motivs – dieses geht nämlich übers Monetäre hinaus.
Daraus bezieht Lenz‘ Schwanengesang seine Spannung, entspinnt sich doch eine relativ komplexe, aber stets nachvollziehbar und leichtfüßig inszenierte Geschichte um Beziehungskisten, Abhängigkeitsverhältnisse und bis in Kriegszeiten zurückliegende Ereignisse. Und stets schwingt die Frage mit, wie Jürgen aus dieser Sache, die ihm eindeutig ein paar Nummern zu groß ist, wieder herauskommt, zumal die Polizei lange an dessen – wahrheitsgetreuer – Darstellung zweifelt. In diesem Zuge offenbart sich zudem ein Klassengegensatz, auch ohne, dass gleich ein sozialdramatischer Krimi daraus würde. Arbeit und Alltag der Mordkommission sind hingegen wie gewohnt mit sympathischem, eher dezentem Humor inszeniert, wenngleich auch der Zeitgeist Einzug hält: Als eine Art Running Gag zieht sich durch den Fall, dass Lenz Algenkekse isst, weil diese gegen die Strahlung aus dem Tschernobyl-Super-GAU helfen sollen. Neben Lenz und Schneider (Georg Einerdinger) Dritte im Bunde ist nun Kriminalassistentin Susanne Kern (Ursula Wolff, „Büro, Büro“), die bereits in „Die Macht des Schicksals“ ihren Einstand feierte (und offenbar ebenfalls auf Empfehlung Schwabenitzkys kam), hier aber wesentlich mehr zu tun bekommt und tatkräftig mit anpackt, indem sie den flüchtigen Jürgen festnimmt. In weiteren Rollen finden sich Ellen Frank, Johanna von Koczian und Ellen Umlauf. Und das Ambiente? Viel bayrische Idylle – man kann es nicht anders sagen. Auch das macht die Lenz-„Tatorte“ ja ein gutes Stück weit mit aus.
Schade, dass sie mit „Gegenspieler“ enden, zumal hier nichts auf das Ende dieses „Tatorts“-Asts hindeutet. Der Helmut-Fischer-Fanclub Hamburg-Altona bedauert dies ausdrücklich, hat aber bereits die nächsten Serien mit dem guten Mann auf dem Zettel…