Vom Zuckerhut in die Mojave! (1. Vorhang!)
Nun war es also soweit: die 20th Century Fox schnitt die alten Zöpfe ab.
Gedreht im Herbst 1941, also kurz vor Pearl Harbor, befanden die Fox und die übrigen großen Studios, dass man für den „war effort“ nun einiges am Publikumsgeschmack drehen müsste, damit die rechte patriotische Gesinnung das Land erfassen würde. Kriegsfilme waren und kamen mehr den je „en vogues“, die Musicals drehten sich verstärkt ums „drafting“, die Einberufung und andere edle Dinge, die aufrechte Amerikaner tun würden und in den dunklen Ecken der Nebenstraßen suchte man weniger nach Schwerverbrechern und Gangstern als vielmehr nach Nazi-Spionen.
Als der Film schließlich im Februar 1942 veröffentlicht wurde, war die Entscheidung längst getroffen, diese – wirklich schon sehr alte – Serie zu Grabe zu tragen, ungeachtet der Tatsache, dass Chan immer noch reichlich treue Fans hatte und in Double Bills gutes Geld brachte. Andererseits war man zunehmend unsicher darüber, wie lange ein US-Publikum noch interessiert daran wäre, einem Asiaten dabei zuzusehen, wie er anstelle eines Cops die kniffligsten Fälle löste. Zumindest in diesem Punkt irrte das Marketing – denn bei Charlies Rückkehr würde der Detektiv hauptberuflich für den Secret Service deduktiv unterwegs sein und den Krieg noch um vier Jahre überleben.
„Castle in the Desert“ zählte nicht zu den „Schaustücken“ der Reihe wie „Panama“; „Rio“ oder „Paris“, sondern zu den gegen Ende der Fox-Reihe immer häufigeren Routine-Mysteries, die man durch spezielle Spielorte aufwertete. Aber das musste jetzt nicht immer die schlechteste Wahl sein.
Tatsächlich ist „Castle“ ein echtes „Limited Space Mystery“, indem sein Handlungsort in die ferne Mojavewüste verlegt hat, wo sich angeblich ein Angehöriger der legendären Borgia-Familie (ja, das ist enorm weit hergeholt) ein mittelalterliches Schloss mit allen Unannehmlichkeiten hingestellt hat, exclusive einer guten Straßenverbindung oder eines Telefonanschlusses.
Dort läuft so ziemlich alles herum, was nach dem Baukastengesetz in Mysteries Rang und Namen hat: die Herrin des Hauses läuft Gefahr, verrückt zu sein; der tonangebende Professor Manderley (Schloss und Name sind mit Sicherheit ein Hinweis auf „Rebecca“ und „Citizen Kane“) verbirgt sein versehrtes Gesicht hinter einer Teilmaske, der Rechtsanwalt rollt mit den Augen, der Arzt (mit Akzent) macht sich zur leise Rede verdächtig. Neben einem Bildhauer ist auch noch ein Professor anwesend, der aber alsbald einem Giftanschlag zum Opfer fällt.
Flugs wird – mysteriöserweise – auch Chan herbei gerufen, der dank eines Autoschadens, nicht so einfach wieder verabschiedet werden kann. Und dann laufen noch eine spinnerte Hellseherin, ein Privatdetektiv und der unvermeidliche Jimmy in dem Gebäude auf.
In der Folge wimmelt es von Schleichereien durch Salons und gut ausgebaute Giftmischer- und Folterkammern, die den Ausstattern wohl noch aus diversen Historien- und Gruselfilmen zur Verfügung standen, die Verbrechen entpuppen sich als Verschwörung, aber wie es denn immer ist, spielt plötzlich auch noch ein gut getarnter weiterer Mörder eine Rolle.
Das ist alles sehr viel für gerade 63 Minuten Laufzeit, wenn man in den Mix auch noch ein paar Aphorismen des Stars und das übliche Gezappel seines Sohnes hineinrechnen muss. Da bleibt am Ende nur ein Best-Of der bekanntesten Elemente, wobei man wieder einmal wirkliche Spannung vergeudet, zugunsten von reichlich Albereien mit allerlei Ritterrüstungen, mit denen man sich vor den vielerlei Armbrustpfeilen schützen kann.
Allzu albern wird es aber nicht, doch wenn ich schon die Wendungsdichte bewundere, dann muss ich doch kritisieren, dass vieles hier, mit Potential, meist schnell beiseite gewischt wird, der Film behandelt seine Vorteile wie Wegwerfprodukte und die Figuren sind wirklich nicht mehr als Chiffres für die üblichen Verdächtigen.
Auch das Finale hat man relativ hastig herbei geschrieben, so dass man gar nicht auf den ersten Blick versteht, wer denn nun den Mörder am Ende überwältigt – für ein Fazit lässt man sich auch keine Zeit mehr und schließt dann auf die Schnelle mit einem Einberufungsjoke, der ein recht unwürdiges Ende für die Serie bedeutet hätte, wäre das wirklich für immer der letzte Film geworden.
Aber wenn die Fox den Chan auch ruhen lassen wollte – Sidney Toler war nicht dieser Ansicht.
Stattdessen handelte er einen beachtlichen Deal aus, der fast genau zwei Jahre nach den letzten Dreharbeiten einen Neustart der Reihe bewirkten.
Für das Wüstenschloss ein wenig traurige 6/10 für das verschwendete Potential – aber was die Originalserie von Fox gegenüber der neuen Serie bei Monogram bedeuten würde, konnte man hier ja noch gar nicht ahnen.