Ein paar Typen wollen in einem alten Gemäuer illegal Giftmüll entsorgen und denken sich dabei nicht sehr viel. Ganz nebenbei plündern sie noch die beiden Gräber, welche sie in der Gruft vorfinden. Als es gerade in diesem Moment allerdings zu einem Erdbeben kommt, öffnet sich eines der Fässer. Die entströmenden Giftgase erwecken die erst kürzlich verstorbene Catherine Valmont (Françoise Blanchard) zu neuem Leben, die kurzen Prozess mit dem unerwarteten Besuch macht. Anschließend begibt sich die lebende Tote wie in Trance in ein großes Schloss, das nahe einer kleinen Ortschaft gelegen ist und in dem sie einst gelebt hat.
Zur gleichen Zeit kommt Helene (Marina Pierro) von einer Geschäftsreise zurück nach Frankreich. Sie hat erst kürzlich von dem Tod ihrer einstigen Freundin Catherine erfahren und ist von diesem Ereignis noch immer schwer mitgenommen. Aus einer Eingebung heraus fährt sie zum Schloss der Valmont's und findet dort zu ihrem Erstaunen ihre Freundin vor, die gerade zwei weitere Menschen getötet hat. Natürlich ist Helene über den Zustand Catherine's entsetzt, dennoch ist sie sich sicher, dass sie die Einzige ist, die ihrer Freundin helfen kann und bleibt bei ihr. Die vollkommen apathisch wirkende Catherine spricht kein Wort und scheint menschliches Blut zu benötigen, um am Leben zu bleiben. Völlig hin und hergerissen, entschließt sich Helene dazu, ihre Freundin nicht im Stich zu lassen, auch wenn dies bedeutet, dass sie ihr regelmäßg Opfer beschaffen muss...
Im Horrorgeschehen der letzten 40 Jahre spielte der Franzose Jean Rollin stets eine nennenswerte Rolle, denn, obwohl er mit Sicherheit, wie die meisten seiner Kollegen, viel Mist produzierte und drehte, schuf er in seiner Karriere doch einige sehenswerte Beiträge zum phantastischen Film. Titel wie "Foltermühle der gefangenen Frauen" und eben "The Living Dead Girl" sind einem einfach ein Begriff, ganz egal, ob man die Art von Rollin's Filmen mag oder nicht. Der Franzose hat einen ganz eigenen, prägnanten Stil, der von vielen gemocht wird, mit dem aber nicht jeder etwas anfangen kann. Wie erwähnt schuf er mit dem Vampirfilm "The Living Dead Girl", einer immer wieder gerne aufgegriffenen Thematik Rollin's, fast schon so etwas wie einen Beinahe-Klassiker, der zwar immer wieder genannt wird, wenn es um interessante Beiträge zum Genre geht, der aber bislang noch nicht wirklich den Status eines Kultfilms einnehmen konnte.
Die größte Stärke des Films ist zweifellos seine Story, die von einer tiefen Freundschaft handelt, die weit über den Tod hinausgeht. Zwei Frauen, die sich einst als Mädchen durch einen Blutschwur ewige Freundschaft geschworen haben, treffen viele Jahre später in einer undenklichen Lage wieder aufeinander - eine von ihnen ist von den Toten auferstanden und benötigt das Blut der Lebenden, um ihr untotes Dasein fortführen zu können. So weit könnte die Handlung sicherlich jedem beliebigen Groschenroman entstammen, es ist vielmehr die ernste Herangehensweise an das Thema, die das Werk auch für all jene interessant macht, die mehr als den üblichen anspruchslosen Horror suchen, in dem Blut das Maß aller Dinge ist und alles andere in Vergessenheit gerät. "The Living Dead Girl", bzw. "Lady Dracula", bzw. "La Morte Vivante" schwankt in seiner Erzählweise stets zwischen poetisch-blutigem Horror und langsamen Drama und unterscheidet sich alleine schon dadurch von den typischen 80er Jahre Genrewerken.
So interessant die Handlung in ihrem späteren Verlauf auch werden mag, leider war Jean Rollin bei der Erklärung, wieso Catherine den Weg zurück ins Leben findet, nicht sehr kreativ und verstrickt sich zu Beginn in einer absolut einfallslosen und billigen Abhandlung des üblichen Schemas, das einen glauben lassen könnte, man befinde sich in einem weitaus weniger ernst gemeinten Genrebeitrag à la "Return of the Living Dead". Dass Catherine ausgerechnet durch unachtsam gelagerte Giftmüllfässer wieder zurück ins Leben geholt wird, war eine.. nun ja, eher unschöne Lösung und will atmosphärisch nicht in den restlichen Film passen, ebenso wie die hässliche Kulisse, die als Gruft herhalten musste. Zumindest wird an diesem Punkt allerdings schon sehr schnell klar, wieso der Film einst verboten wurde, denn gesplattert wird hier von Anfang an und das nicht gerade zimperlich. Heutzutage ist man eindeutig schlimmeres gewohnt und es ist keine Übertreibung, wenn man behauptet, dass "The Living Dead Girl" bedenkenlos ab 16 Jahren freigegeben werden könnte. Das Blut spritzt vereinzelt schon ganz ordentlich, allerdings sehen die Effekte nie so realistisch aus, dass sie einen verstörenden Eindruck hinterlassen. Als Splatterfan darf man sich auf abgebissene Finger, Entweidungen, ausgestochene Augen und mehr einstellen, allerdings klingt das vermutlich alles heftiger, als es im Film letztendlich rüberkommt.
Die Gewalt spielt in dem Film onehin nur die zweite Geige, im Vordergrund steht die Story. Diese wird von Rollin ohne großartige Höhepunkte wiedergegeben. Ab und an geschieht ein Mord, doch das war es dann auch schon, Raum für einen Spannungsaufbau existiert hier nicht. "The Living Dead Girl" wird von einer drückenden und langsamen Stimmung dominiert, die für eine leicht deprimierende Atmosphäre sorgt, einen aber um so besser die Entwicklung der Charaktere miterleben lässt. Gerade Helene macht eine beachtliche Veränderung durch und wird zum eigentlichen Monster, indem sie ihrer Freundin eigentlich nur beistehen will. Durch die Morde verliert sie allerdings den Bezug zur Realität und kann nicht mehr zwischen Gut und Böse unterscheiden, wodurch sie die brutalen Gewaltakte immer gleichgültiger hinnimmt, während Catherine langsam beginnt, den Sinn ihrer untoten Existenz anzuzweifeln und sich ein Ende der Bluttaten wünscht.
Durch derartige Storyelemente wird klar, dass man "The Living Dead Girl" nicht mit dem typischen Zombie - bzw. Vampirfilm gleichsetzen kann. Dies mag zwar das Beeindruckende am Film sein, sorgt aber auch dafür, dass man als Horrorfilm-Anhänger seine Probleme damit haben könnte, einen Zugang zu dem Ganzen zu finden. Dadurch, dass die Handlung äußerst träge und ohne viele Spannungselemente erzählt wird, muss man sich schon darum bemühen, einen Zugang in das Geschehen zu finden, alleine durch die blutigen Szenen wird man hier nicht unterhalten werden. Wenn man sich aber erst mit der Machart des Films angefreundet hat, wird es einem auch leichter fallen, seine wirklichen Stärken zu erkennen. So ist die Regiearbeit Rollin's durchaus beachtlich. Viele Kameraeinstellungen und Aufnahmen zeugen von einem beachtenswerten künstlerischen Verständnis, ebenso weiß der gelassene und atmosphärisch sehr stimmige Soundtrack von Philippe d' Aram zu gefallen. Die Schauspieler agieren letzten Endes so, wie man es erwarten könnte. Marina Pierro und Françoise Blanchard dürfte man aus einigen älteren Produktionen kennen. Gerade Blanchard muss man zu Gute halten, dass sie sich nicht zu schade dafür war, reichlich Haut für den Film zu zeigen und oftmals entblößt vor der Kamera stand, genau so wie einige andere, weibliche Darstellerinnen. Für eine gewisse Erotik ist hier also auch gesorgt.
"The Living Dead Girl" ist ein beinahe schon poetisch anmutender Beitrag zum blutgetränkten Vampir - bzw. Zombiefilm der 80er Jahre und hebt sich durch sein ungewöhnliches Erscheinungsbild merklich von vielen Vergleichswerken ab. Das Gesamtbild wird nicht von Blut und Eingeweiden, sondern von der drückenden und melancholischen Erzählweise und der tiefgreifenden Freundschaft der beiden Hauptprotagonistinnen, die weit über den Tod hinausgeht, geprägt. Gerade dadurch ist es verständlich, dass Regisseur Jean Rollin viele treue Anhänger hat, viele Horrorfans aber auch nichts mit seinen Werken anfangen können. Einen Blick ist der Streifen auf jeden Fall wert.