"Lügen sie, weil sie die Wahrheit nicht kennen oder weil sie die Wahrheit nicht sagen wollen?"
Wir betreten das 12 Jahrhundert. Ein alter eingestürzter Tempel bei Kyoto. Es gießt in Strömen. Ein Holzfäller ein Mönch und ein Bürger der Stadt suchen Unterschlupf vor dem nicht enden wollenden Regen unter den Trümern. So nass so gut! Kann es etwas besseres geben, als sich in dieser Lage eine Geschichten zu erzählen? Und so fängt der Bürger an von einer Geschichte zu erzählen, eine Geschichte die er mit sich herumträgt, aber noch nie wirklich verstanden hat. Eine Geschichte die, verstünde man sie, einen auch die Menschen verstehen lassen würde. Eine Geschichte über die menschliche Natur. Denn was kann uns diese eindringlicher näherbringen als eine Geschichte? Weiß doch jeder Lehrer, dass die Wahrheit spannend und hübsch verpackt, bei seinen Zuhörern mehr Eindruck und schließlich auch Verständnis findet, als die blanken harten wahren Worte aus den Mündern eines Weißen. Und so lauschen wir als Zuschauer 4 Versionen ein und der selben Geschichte und müssen nun selbst genau hinhören und kombinieren, um dem Tatsächlichen geistig auf die Pelle rücken zu können.
Denn einfach ist Weg zur Wahrheit nicht, wird der Glaube daran und das Wissen um sie, doch immer wieder hart getestet. Vom Eigennutz des Menschen bedrängt, von der hinterlistigen Lüge der Schlange hintergangen und von der Selbstherrlichkeit angeblich starker Helden geblendet, wandert das von der Sehnsucht nach Wahrheit geleitete Herz durch alle Abgründe, in dieser von Lügen beherschten Welt.
Akira Kuarsawa ist es gelungen all die Zwiespältigkeit in der Natur der Dinge, in gerade einmal 83 Minuten in (fast) all ihren Facetten in diese eine filmische Erzählung zu packen. Der Film Rashomon ist auf die Weltbühne getreten, um den Verstand der Suchenden zu schulen. Diese werden bei genauer Abwägung und Betrachtung aller Versionen der Geschiche, auch die unverfälschte hinter den Dingen herumgeistern und sich offenbaren sehen. Vielleicht nicht bei der ersten Sichtung dieses Meisterwerkes. Doch das macht gar nichts, denn schließlich braucht jede Frucht etwas Zeit bis zu ihrer Reife und meist ist nur der gereifte Geist, fähig die Wahrheit hinter den Dingen zu Erkennen.