Review

„Anatomie“ ist der erste deutsche Versuch auf der von „Scream“ losgetretenen Slasherwelle mitzusurfen.
Es beginnt in der Pathologie: Ein junger Mann wacht auf, kann sich nicht bewegen und nichts mehr fühlen. Als er jedoch aufsieht, merkt er, dass zwei Leute ihn bei lebendigem Leibe zu einem Präparat verarbeiten. Ein Anfang für alle Freunde des platten Schockeffekts, zugleich die Szene, die man als ersten Trailer einsetzte. Wer natürlich nach diesem Beginn erwartet, dass es so weitergeht, denn darf ich schon hier enttäuschen: Dies ist mit Abstand die blutigste Szene, dieses ansonsten verdammt blutleeren Schlitzerfilmchens.
Derweil schnippelt die ehrgeizige Studentin Paula Henning (Franka Potente) so emsig an Leichen rum und schreibt dermaßen gute Arbeiten darüber, dass sie für den Sommer ein renommiertes Anatomie-Seminar in Heidelberg besuchen kann. Ebenfalls dorthin fährt auch ihre Kommilitonin Gretchen (Anna Loos), die der wohl lächerlichste Charakter des ganzen Films: Blond, dauergeil wie ein Karnickel, aber hochintelligent (*murharhar*).

Doch in Heidelberg gehen eben besagte beiden Präparatoren vor, die bald (was ein Zufall) auch einen Jungen verhackstücken wollen, den Paula kennt. Diese heftet sich an die Spur der Mörder [wie jeder andere Mensch es auch tun würde, statt die Polizei zu rufen ;-) ] und kommt dabei einem Geheimbund auf die Spur...
Stefan Ruzowitzkys aus „Scream“ und „Nachtwache“ zusammengeklautes Werk mag zwar über einen gewissen Unterhaltungswert verfügen, aber gerade aus der Masse an Slasher-Movies kann dieser teutonische Beitrag nicht herausragen. Die Spannungskurve steigt erst zum Ende wirklich an, genau wie das Tempo des Films, so dass es einfach zu spät ist, wenn der Film anfängt Punkte beim Zuschauer zu sammeln.
Dabei ist das Werk gar nicht mal ideenlos und bringt ein paar recht ordentliche Ideen wie den Bund der Antihippokraten mit ein. Auch das Szenario kann teilweise mit skurrilen Ideen überzeugen und ist recht unverbraucht, aber es fehlt halt einiges, was einen ordentlichen Slasher ausmacht. Zum einen mangelt es „Anatomie“ eindeutig an entsprechend spannend gestalteten Jagd- und Mordszenen, die erst im letzten Drittel zu bewundern sind. Davor werden die Fieslinge nur wenig aktiv und auch nicht auf besonders spannende Weise. Die Tatsache, dass Killer Nr. 1 schon ab der Hälfte enttarnt wird, kostet den Film an sich auch keine Punkte, nur leider erweist sich die Identität von Killer Nr. 2 nach vielen falschen Fährten als enttäuschend banal: Kein neues Motiv oder ähnliches, obwohl dies an sich der Höhepunkt des Films wäre.

Auch die Klischees des Schlitzerfilms werden gar nicht mal so unmotiviert vorgetragen wie z.B. falsche Verdächtigungen oder die Polizei, die der Heldin nicht glaubt (auch wenn diese natürlich erst nach Tagen lebensgefährlicher Nachforschungen gedenkt dort aufzukreuzen). Bei der Wahl der Charaktere schwankt „Anatomie“: Mögen die Rollen von Benno Fürmann und Sebastian Blomberg noch recht originell daherkommen, bleibt Franke Potente das Klischee beladene Final Girl in 80er Jahre Tradition und bei vielen Nebendarstellern hofft man einfach darauf, dass sie abgemurkst werden und so endlich die Fresse halten, ob der reichlich schwachen Dialoge in „Anatomie“. Gerade die vermeintliche originelle Rolle des dauergeilen und trotzdem intelligenten Gretchens erweist sich als dermaßen unfreiwillig komisch, dass es fast weh tut.
Die Darsteller sind insgesamt auch keine echte Offenbarung; lediglich Sebastian Blomberg spielt mit viel Laune gegen die eher dröge Story an. Potente und Fürmann bieten immerhin routinierte Leistungen, aber der Rest der Crew ist auch nicht besser als die dilletantischen Hackfressen in den Meuchel-Movies des frühen 80er.

In gewisser Weise ist es „Anatomie“ geglückt an die amerikanischen Slasher anzuschliessen, denn auch von dort kommen oft genug durchschnittliche Machwerke. Zwar kann man sich „Anatomie“ mal ansehen, aber aus der Maße ragt er sicherlich nicht heraus.

Details
Ähnliche Filme