Wenn der Slasher rotiert auf Erden, dann darf good old Germany natürlich nicht nachstehen und schickte somit im Jahre 2000 "Anatomie" auf den Weg.
Bemüht kein schematisches Rip-Off eines US-Erfolgs zu produzieren, versuchte man sich an einer eigenen Geschichte rund um eine Medizinersekte namens Antihippokraten, die den betreffenden Eid nicht so wörtlich nehmen und von denen einige sogar vollends übers Ziel hinausschießen.
In der Hauptrolle müht sich Jungstar Franka Potente samt Benno Fürmann und Sebastian Blomberg, da ward schon bald ein Raunen im Blätterwald, das kundete vom deutschen "Scream". Nichts könnte falscher sein, denn schlußendlich hat dieser Film mehr mit Klassikern wie "Koma" zu tun, die von den moralischen Aspekten medizinischer Menschenversuche handeln, als mit den Slashern unserer Tage.
Bedauerlich nur, das "Anatomie" trotz seiner mehr als unterhaltsamen Grundaussage dieses Terrain nie völlig auslotet, die Antihippokraten mehr am Rande berührt und (hier sind dann doch die recht bemühten Scream-Parallelen) zwei Jungspunde in deren Reihen kreativen Amok laufen lassen.
Ruzowitzky, der neben der Regie auch das Buch schrieb, ist da mit den Erwartungen an so einen Film leicht überfordert, möchte man meinen, denn dieses dramatische Ungleichgewicht zugunsten eines langgezogenen Slasher-Endes mit reichlich Toten schadet dem Werk mehr, als es ihm nützt.
Dabei kann der Regisseur auf dem Gebiete der Suspense mehr, wie man hier über die ersten zwei Drittel sehen kann. Die Sets sind erlesen nüchtern, steril und morbide und Heidelberg ist als Schauplatz auch malerisch genug, um zu beeindrucken. Darüber hinaus wird recht effektvoll mit dem Grauen gespielt, wenn Opfer des Erstarrungsprozesses während ihrer eigenen Anatomie aufwachen und zusehen, wie sie seziert werden. Hier dreht Ruzowitzky enorm an der Spannungsschraube, muß jedoch zugunsten des Studentenwhodunits immer wieder loslassen.
Das pendelt sich alsbald bei zwei möglichen Kandidaten ein, von denen es dann einer tatsächlich ist, während der zweite Täter nur noch als Zugabe gereicht wird. Und obwohl der Showdown reichlich vorhersehbar ist, ist er doch spannend genug, wenn auch etwas schnell vorbei für unseren Zuschauer-Gerechtigkeitssinn, wenn es um die Grausamkeiten der Täter geht.
Das Treiben der Antihippokraten läßt der Film jedoch dann gänzlich fallen für ein "Schatz, küß mich"-Happy End.
Wo es wirklich mangelt, ist die zeitweise äußere Inszenierung. Da erinnert einfach noch zu vieles an deutsche Fernsehserien oder TV-Movies, wenn Potente in der Familienpraxis mit Daddy aneinander gerät oder Anna Loos als hyperintelligente Bück-dich-Tussi auf Sex in der Anatomie besteht (eh die unpassenste Rolle im ganzen Film). Potente spielt angemessen, vernuschelt aber wie gehabt einen Großteil ihrer Dia- und Monologe, wo eine leichte Überzeichnung in den unterhaltsam-realitätsfernen Bereich durchaus drin gewesen wäre. Auch sonst werden die Gespräche häufig sonor gemurmelt oder gefühlswarm gehaucht und da ist es dann flöten, das Flair von Hollywood.
Trotzdem reicht es zu einen sauberen Spannungsbogen und einer Vielzahl von beklemmenden Szenen mit dem gewissen Tröpfchen Blut, damit es nicht staubt. Und das will in Deutschland schon mal was heißen. (7/10)