Review

"Heart of Midnight" ist ein ungewöhnlicher Fall von Thriller, der sich mit psychischen Störungen und Perversitäten auseinandersetzt, ohne deren Schockpotential voll auszukosten, sich dessen zu bedienen oder es in irgendeiner Weise zu bewerten. Stattdessen nutzt der Film nur die bizarre Atmosphäre solcher Lokalitäten und erzeugt ansonsten lediglich Suspense durch den Einsatz einer subjektiven Kamera für einen ungesehenen Täter, der in einem verlassenen Bordell/SM-Club umgeht.

Die Handlung verspricht da schon wenig Massenappeal, wenn Jennifer Jason Leigh, als mental arg angekratzte junge Dame den Nachtklub ihres Onkels übernimmt, der vor kurzem gestorben war. Das einsame, halb heruntergekommene Gebäude ist nicht gerade das Pflaster, um alleinlebend psychisch wieder fit zu werden und daß ihr bald nur ein Handwerker für die Renovierung bleibt, ist auch wenig praktisch. Bald schon scheint es einen weiteren Bewohner des Hauses zu geben, zumindest kann das der Zuschauer ausmachen und die Indizien häufen sich auch für die labile Carol, der die Atmo zunehmend auf den Geisteszustand geht. Da öffnen und schließen sich Türen, tauchen Gegenstände und Äpfel auf und alsbald zeigt sich, daß der ganze Laden ein simples Perversitätenkabinett war und ein voyeuristisches noch dazu, denn hinter den Wänden des Hauses ist mehr los, als man auf den ersten Blick sieht.

Ein geheimnisvoller Besucher, der sich als Polizist ausgibt; ein Polizist, der unbemerkt den Tod im Haus findet, ein weiterer, vollkommen unkooperativer Bulle, der der Gestörten nichts glaubt, das sind die Motoren, die die Handlung vorantreiben. Oder auf der Stelle, je nachdem.

Um ehrlich zu sein: der Film lebt von seiner Location. Es mag ganz interessant sein, wenn die Leigh langsam aber sicher in einen meditativen Störzustand abgleitet, aber das ist ungleich fader, als die bizarre, gänsehauterregende Atmo in den Bordellzimmern, die in ihrer Verruchtheit jetzt funktionslos und obszön schweigend dargeboten sind. Hier kann man (besonders stark in einer komplett rot gemalten Ecke des Korridors) richtiggehend den Wahnsinn fühlen.

Die Auflösung wiederum ist dann doch ein wenig von der Stange, da man ahnen kann, daß der Onkel einerseits ein böser, aber verdrängter Kinderficker war und der geheimnisvolle Mitmieter etwas mit ihm zu tun haben muß.
Alle Handlungsstränge (es geht u.a. auch noch um Geld) finden zwar einen Höhepunkt, der jedoch arg konventionell daherkommt und mittels einer geträumten Schlußszene offen läßt, ob die Protagonistin geheilt und total durchgeknallt ist.
Auf jeden Fall bleibt es ein ungewöhnlicher und manchmal sehr intensiver Bizarr-Thriller (übrigens ohne "Erotik"), der aber seinem Publikum Geduld abfordert. Das ist nicht für jeden etwas. (6/10)

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