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„Die Kontonummer lautet 129 666.“

Der Brite Richard Marquand trat nicht häufig als Regisseur in Erscheinung. Er debütierte 1971 mit dem TV-Mehrteiler „Die Suche nach den Quellen des Nils“ und machte sich 1983 mit „Die Rückkehr der Jedi-Ritter“ einen Namen. Dazwischen lag jedoch der übersehene Horrorfilm „The Legacy“ aus dem Jahr 1978, der hierzulande unter dem irreführenden, reißerischen und jeglichen inhaltlichen Bezug vermissen lassenden Titel „Das Haus des blutigen Satans“ erschien. Diese vergessene Perle des Okkult-Horrors erinnert an eine gelungene Mischung aus „Suspiria“ und „Hexensabbat“:

„Wie viele Finger sehen Sie?“

Margaret Walsh (Katharine Ross, „Die Reifeprüfung“) reist mit ihrem Freund Pete Danner (Sam Elliott, „Frogs“) von ihrer amerikanischen Heimat nach England, wo sie einen Auftrag als Innenarchitektin angenommen hat. In England erleiden sie jedoch einen Motorradunfall, was sie zunächst zum greisen Jason Mountolive (John Standing, „Der Foltergarten des Dr. Diabolo“) verschlägt. In dessen herrschaftlichen, altertümlichen Anwesen angekommen, erfahren sie, dass er Margarets Auftraggeber ist. Und sie bleiben nicht lang allein mit ihrem todkranken Gastgeber und dessen Krankenschwester Adams (Margaret Tyzack, „A Clockwork Orange“): Per Hubschrauber werden auch die Schwimmerin Maria Gabrieli (Marianne Broome, „Alfie, der liebestolle Schürzenjäger“), der Musiker Clive Jackson („The Who“-Musiker Roger Daltrey), die Verlegerin Barbara (Hildegard Neil, „Ein Mann jagt sich selbst“), der Hotelbesitzer Jacques Grandier (Lee Montague, „Heiße Katzen“) und der Waffenhersteller Karl Liebknecht [sic!] (Charles Gray, „The Rocky Horror Picture Show“) eingeflogen. Eine Mordserie beginnt, einen nach dem anderen dahinzuraffen, was wie späte Rache für ihre in der Vergangenheit begangenen Untaten erscheint. Margaret und Pete wollen dem rätselhaft Ort so schnell wie möglich wieder entkommen, doch eine unsichtbare Macht scheint sie daran zu hindern. Was ist der wahre Grund für Margarets Anwesenheit? Hinter den alten Mauern lauert ein düsteres Geheimnis…

„Hier hat man immer Zeit für eine Tasse Tee!“

Ein anheimelnder Titelsong, gesungen von Kiki Dee, eröffnet den Film und wurde hinter idyllische Bilder Englands gelegt, die Urlaubsstimmung verbreiten. Nach dem diese stoppenden Unfall nimmt sie der Unfallverursacher mit, ein einheimischer reicher Schnösel, der sich als Jason Mountolive zu erkennen gibt und eine Katze mit zwei verschiedenen Augenfarben sowie die Nonne Adams als Krankenschwester beherbergt, welche sich um die Gäste kümmern soll. Man bemüht sich darum, das Paar über Nacht dortzubehalten. Nachdem die weiteren Gäste eingetroffen sind, wird Pete von der Dusche verbrüht – was nicht der einzige mysteriöse Vorfall bleiben soll. Als letzter stößt Musiker Clive hinzu und mit einer langen durchästhetisierten Poolszene um die attraktive Schwimmerin Maria, die im Schwimmbecken ertrinkt, hat „The Legacy“ seinen ersten Höhepunkt: Ihr Todeskampf wurde wunderbar eingefangen. Und es geht beeindruckend weiter: In einer bizarren Einstellung wird Margaret zu Jason ans Sterbebett zitiert, wo er hinter einem Vorhang inmitten medizinischen Equipments etwas von Ringen und „den Acht“ röchelt. Unter Beobachtung der anderen sucht sie ihn auf und bekommt von seiner hexenartigen Hand einen Ring angesteckt, woraufhin sie ohnmächtig wird.

„Passen Sie gut auf sich auf, ja?“

Dies ist vielleicht die am offensichtlichsten an „Suspiria“ erinnernde Szene, denen verständliche Fluchtversuche des Paars folgen, zu Pferd und per Rolls Royce, jeweils erfolglos und nicht ohne Prügeleien vonstattengehend. Jeder Versuch führt über kurz oder lang zum Anwesen zurück, alles sieht in jener Gegend gleich aus und versinnbildlicht totale Orientierungslosigkeit. Clive droht bei Tisch zu ersticken, wodurch ein Luftröhrenschnitt nötig wird. Margaret entdeckt derweil ein Gemälde ihrer Vorfahrin, einer verbrannten Hexe. Sie bekommt sogar ein Buch ihrer Vorfahrin zu lesen, kurz darauf verbrennt unter mysteriösen Umständen Überbringer Karl. Anhand der Information, dass es sich bei Karl um einen Brandstifter handelte, wird nun deutlich, dass die Tode Bestrafungen für frühere Vergehen entsprechen. Karl bleibt nicht das letzte Opfer. Die Todesfälle sind keine Splatterorgien o.ä., jedoch stets sorgfältig und vor allem originell umgesetzt.

„Sie haben ihn gekocht und dann an die Hunde verfüttert!“

Marquand arbeitet mit einigen hübschen indirekten und subjektiven Kameraperspektiven, betont die Farbe Grün bedeutungsvoll und unterstreicht seinen besonderen Sinn für italienisch inspirierte visuelle Ästhetik mit einigen (dezenteren) Farbspielereien, die konterkariert werden von einem besonders scheußlichen Gemälde in der Stube Mountolives. Auch die musikalische Untermalung passt sich der jeweiligen Stimmung des Films an und wird zunehmend bedrohlicher. Der im britischen Stil der 1970er ruhig erzählte Film über Reinkarnation fesselt darüber hinaus mit seiner unwirklichen, ungreifbaren Okkult-Atmosphäre und setzt in schöner Regelmäßigkeit schmerzende Nadelstiche, bis es der Showdown noch einmal in sich hat und u.a. mit einem deutlich gealterten Hausherrn erschreckt. Maskenarbeit und Spezialeffekte werden spärlich, doch wohldosiert eingesetzt und wissen zu überzeugen. Das namhafte Schauspiel-Ensemble trägt den Film glaubwürdig. Ein Double Feature mit dem ebenfalls britischen „Hexensabbat“ drängt sich förmlich auf. Marquand ist unverkennbar von diesem sowie Dario Argentos „Suspiria“ inspiriert und gewinnt daher keinen Originalitätspreis, hat jedoch eine richtig gute Mischung aus beiden kredenzt, die deutlich mehr Beachtung verdient, Freunden des gediegenen ‘70er-Horrors vorbehaltlos ans Herz gelegt werden kann und mir 7,5 von 10 dämlichen deutschen Namensgebungen wert ist.

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