1990 machte sich Dr. Herbert West zur Freude seiner Fans wieder an die Arbeit - und zwar so, als sei er nie weg gewesen.
Wir erinnern uns zurück an das Ende des Originals. Wests Experimente, ursprünglich dazu verwendet, um Leben zu schaffen, arteten aus in einer Flut aus Gedärmen und Blut. Mittendrin West, dessen Schicksal am Ende des Massakers noch ungewiss blieb.
Und nun ist er wieder da - einfach so. Im adrenalingeladenen Prolog wird uns West zusammen mit seinem Kollegen ohne weitere Erklärungen einfach so vor die Füße geworfen... die Verbindung zum Original bleibt vage, die Verhaltensweisen der Charaktere jedoch haben sich kein Stück geändert. Denn wir begrüßen West und Caine inmitten eines Kriegsgefechtes in einem Lazarett. Natürlich - wo sonst? Im ersten Teil rechtfertigte der wahnsinnige Wissenschaftler die von ihm begangenen Morde mit dem Vorwand, das sei doch nur Notwehr gewesen. Dabei weiß er es besser, denn er braucht die Leichen für seine Experimente, und er will sie töten. Also - wo käme man wohl besser an frisch gestorbene Versuchskaninchen als auf einem Kriegsfeld?
Diese inhaltlich vollkommen aus dem Zusammenhang gerissene Einleitung gibt die Marschrichtung vor, denn Yuznas Sequel zum kultigen Horrorspaß aus den 80ern ist wirr und unlogisch, scheint nur eine Anhäufung der altbekannten Charaktereigenschaften der Darsteller zu sein. Eine bloße Variation des Originals, die auf ihre Weise immer noch bestens unterhalten kann, storymäßig aber unter aller Kanone ist.
Als Grundkonstrukt wählte man allerdings eine wundervoll ironische Anspielung auf den berühmten Universal-Sequelknaller "Bride of Frankenstein". Damit werden zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Zum einen stellt man damit verstärkt den ironischen Unterton dar, der den gesamten Film von der Last der Ernsthaftigkeit befreit, wodurch die bereits angesprochenen Storylöcher an Bedeutung verlieren. Zum anderen bietet die "Braut" eine Möglichkeit, die Geschichte um West und sein neongrünes Wunderserum auszubauen. Sowohl Frankenstein als auch seine Braut sind bekanntlich wieder zum Leben erweckte Lebewesen, die von einem Wissenschaftler durch das Verbinden verschiedener Körperteile erweckt wurden. Philosophisch ergibt sich dadurch die Fragestellung, wie das Bewußtsein definiert wird: ist Frankenstein ein selbstständiges Lebewesen mit eigenen Gefühlen und Gedanken oder ist er nur die Summe seiner Teile?
In "Re-Animator" werden diese Fragen noch nicht aufgeworfen, zumindest nicht konkret, da hier nur vollständige Leichen oder zumindest einzelne Leichenteile (wie der Kopf des Professors) wiederbelebt werden. In "Bride of Re-Animator" hingegen entwickelt man die Idee des ersten Teils in Anlehnung an die Frankenstein-Reihe weiter und macht West ein Stück weit zu Gott, denn durch das Kombinieren von Leichenteilen schafft er ganz neue Wesen.
Als erste Versuche werden uns seltsame Kreaturen demonstriert wie etwa ein Auge, das auf fünf Fingern krabbelt, ein Hund mit einer Menschenhand, ein Bein verbunden mit einem Fuß etc. Diese durch Stop-Motion, Mechanik oder simple Versteck-Tricks (auf dem Tisch liegt ein Bein, das offensichtlich echt ist. Wie geht das? Im Tisch ist ein Loch, durch das ein versteckter Darsteller sein Bein steckt) zum Leben erweckten Kreaturen sorgen für den humoristischen Esprit, der den Film deutlich an Spritzigkeit gewinnen lässt.
Aber auch die zwischenmenschliche Komponente kommt nicht zu kurz. Wieder einmal verliebt sich Caine in eine Frau, was für West nichts weiter als ein Hindernis für seine Forschungen ist. Mit aller Macht versucht er, Caine für sein großes Projekt zu begeistern: einen komplett aus Leichenteilen kürzlich Verstorbener zusammengestellten Menschen. Also verarbeitet West bei seinem "Werk" das Gehirn von Caines verstorbener Freundin. Seine neue Freundin steht nun umso mehr im Kreuzfeuer.
Als wäre das noch nicht genug, ermittelt auch noch ein Cop gegen West, weil seine Frau bei dem Massaker aus Teil eins zum Zombie geworden ist, so wie noch ein paar andere. So bekommt man gleich noch die Gelegenheit, die "Mad Scientist"-Grundlage der Re-Animator-Reihe mit dem bewährten Spritzer Zombiefilm abzuschmecken. Die drei, vier Zombies, die vorkommen, sehen auf ihre billige Art auch richtig fies aus, was gerade auf die Frau des Cops zutrifft.
Und auch das ist noch nicht das Ende der Fahnenstange: ein gewisser Kopf aus dem Vorgänger ist nämlich auch wieder mit von der Partie...
Splattermäßig verhält sich das Sequel äquivalent zum Original. Hält man sich mit Blut fast die gesamte Laufzeit über galant zurück, sorgt die "Braut" im Finale in Wests Keller für einige gorige Einlagen, die zwar nicht an das Leichenhallenmassaker herankommen, aber doch gerade durch die Absurdität glänzen, die sich aus den Umständen entsprechend "normalen" Situationen ergeben. Selten wurde eine emotionale Kernszene so intensiv mit dem Stilmittel Gore hinübergebracht.
Die Schwächen des Films offenbaren sich durch den erschreckend schlechten dramaturgischen Aufbau. Da wird mal eben Dr. Hills Kopf gefunden und wiedererweckt, während der schmierige Cop vor Wests und Caines Haus herumschleicht und schwachsinnigerweise Caines Freundin befragt und zu seiner Zombie-Frau mitnimmt, nachdem sie ihn gerade kennengelernt hat etc. Das alles wird ohne Motivation sinnlos aneinandergereiht. Lediglich im Finale kommt so etwas wie Dramaturgie auf. Bis dahin plätschert das Geschehen so vor sich hin. Wir werden mit seltsamen Einfällen geradezu überhäuft, nur ergibt sich daraus noch kein zusammenhängendes Gesamtbild. Über Logiklücken, schwache Dialoge und Schauspielkunst aus der zweiten Liga kann man da noch großzügig hinwegsehen.
Letztendlich ist vor allem West-Darsteller Jeffrey Combs die Zeit wert, die man für "Bride of Re-Animator" aufbringt. Er spielt den besessenen Doc so perfekt, dass er quasi als der Inbegriff des Mad Scientist in die Bücher eingehen könnte. Yuznas Stärken und Schwächen als Regisseur werden überdeutlich. Während die absurden Einfälle und der herrlich makabre Einfallsreichtum begeistern, ist der Streifen rein filmisch ein zwiespältiges Vergnügen. Ironie, Anspielung auf Horrorklassiker und das stets bemerkbare Augenzwinkern lassen die Waage am Ende doch leicht zum Positiven ausschlagen.
6/10