Review

„Elendes Zuhälterpack!“

Helmut Fischers vierter „Tatort“ als Münchner Kriminalhauptkommissar Ludwig Lenz wurde im Frühjahr 1984 von Wilma Kottusch („Unter Verschluß“) und damit von einer der damals wenigen weiblichen Regisseure der öffentlich-rechtlichen Krimireihe inszeniert. Es sollte jedoch leider ihr einziger „Tatort“ bleiben. Der von Plym Pahl geschriebene Milieukrimi wurde am 9. September 1984 erstausgestrahlt.

„Die Organisation erledigt so was unauffällig…“

In München wird eine Prostituierte (Jessica Kosmalla, „Euch darf ich’s wohl gestehen“) brutal zusammengeschlagen, kurz darauf wird ein Mordanschlag auf einen desertierten US-amerikanischen Soldaten (William Mang, „Rockit – Final Executor“) verübt. Beide Gewaltopfer sagten etwas von einem „General“, woraus sich für Kriminalhauptkommissar Ludwig Lenz ein Zusammenhang zwischen beiden Taten ergibt. Wer ist dieser ominöse „General“ und was bezweckt er? Als man selbst im Krankenhaus dem GI nach dem Leben trachtet, kann Lenz eingreifen und den Attentäter verhaften. Dieser ist Teil des Rotlicht- und Drogenmilieus Münchens und hält sich über seine Hintermänner sehr bedeckt. So ist es an Lenz, das Rätsel um den „General“ und eine geheimnisvolle „Organisation“ zu lösen. Seine Ermittlungen führen ihn ins Nachtlokal Ingrid Elstners (Angela Stresemann, „Der Millionen-Coup“) und in ein lokales Studio des US-amerikanischen Militärradios AFN – und er realisiert, dass er auf eine Zusammenarbeit mit der US-Militärpolizei angewiesen ist…

Regisseurin Kottusch beweist viel modernistischen Stilwillen, der sich im Gebrauch einer Ästhetik manifestiert, die später als ikonisch für die 1980er betrachtet werden würde. Synthesizer-Stücke der Elektropioniere Tangerine Dream ziehen sich durch die gesamte Episode und erklingen bei jeder sich bietenden Gelegenheit, die Ausleuchtung tendiert in Richtung Neo-noir und die Kleidung der Figuren entspricht dem damaligen Zeitgeist. Aufgrund des US-Besatzungsmilitärumfelds wird zu Beginn viel Englisch gesprochen, im weiteren Verlaufe viel Deutsch mit breitem US-Akzent. „General“ und „Organisation“ werden stets englisch ausgesprochen, die zahlreiche Verwendung dieser Begriffe lädt fast zu einem Trinkspiel ein. Die Gemengelage ist zunächst sehr unübersichtlich und bleibt dies auch lange Zeit. Vor allem stellt sich die Frage, ob man mit dem „General“ ein Phantom jagt oder es sich tatsächlich um eine reale Person handelt. Es geht um harte Drogen, Prostitution und bald auch um ein Tonband, das ein entscheidendes Beweisstück wäre.

„Heißer Schnee“ bietet kurze Einblicke in den US-Soldatensender, wo popkulturelles Wissen vermittelt wird – „Relax“ von Frankie Goes To Hollywood wird gespielt und darüber informiert, dass die BBC ihn boykottiert – und wo kurioserweise „Kommune 1“-Hippie Rainer Langhans einen Gastauftritt als AFN-Mitarbeiter John McGready hat. Vor allem aber ist „Heißer Schnee“ ein Film darüber, wie sich ein kriminelles Milieu ansiedelt und nährt, wobei das US-Soldatenumfeld nicht immer gut wegkommt. Dramaturgisch ist diese Episode recht ungelenk, dank ihrer Überstilisierung ist aber viel Schönes, wenn auch nicht unbedingt Realistisches, dabei, wenngleich der gespielte US-Akzent der Schauspieler mitunter unfreiwillig komisch anmutet. Zudem agiert Lenz wesentlich rabiater als gewohnt – und muss sich am Schluss eingestehen, dass auch er an die Hintermänner nicht herankommt, womit der desillusorische Neo-noir-Touch dieses Falls konsequent zu Ende geführt wird.

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