Review

1972 war der Mafiafilm nun wirklich alles andere als neu, bedenkt man, dass bereits in den Dreißigern Gangster und Mobster die Leinwand bevölkerten. Aber seit „Der Pate" den Fokus auf die soziologischen, psychologischen und gesellschaftlichen Besonderheiten dieser Parallelwelt verschob, wurde letztlich ein neues Subgenre installiert. Der moderne oder postmoderne Gansterfilm brachte dann weitere bekannte Klassiker hervor und letztlich findet sich seit 1972 in jedem Jahrzehnt mindestens ein Film, der zum Klassiker wurde. Coppolas eigener „Der Pate 2", Scorseses „Goodfellas", „Casino" und „Departed", Leones "Es war einmal in Amerika", Scotts "American Gangster", De Palmas „Calitos Way" und „Scarface" - Der Gangsterfilm war und ist beliebt.

Nun muss man aber auch anerkennen, dass vor Hollywood der Gangsterfilm europäisch war, da besonders in den Sechzigern besonders die Franzosen mit Filmen wie „Der Clan der Sizilianer" (1969) oder „Der eiskalte Engel" von 1967 mit Alain Delon recht ruhig und cool die Innenwelt jenseits von Recht und Gesetz abbildeten.  


„Die Valachi-Papiere" von 1972 unter der Regie von Bond-Spezi Terence Young stellt nun eine Mischung aus angloamerikanischem und französisch-italienischem Filmhandwerk dar und wird aufgrund des Themas und des Erscheinungsjahres stets mit „Der Pate" verglichen. Jedoch erweist sich dieser Vergleich inhaltlich und auch formalästhetisch als unpassend, denn Youngs Film schafft es zu keiner Sekunde, uns seine Figuren so nahe zu bringen, wie es Coppola es tat und er konzentrierte sich vielmehr auf die Darstellung grundsätzlicher Strukturen innerhalb der Mafia und ist sehr darauf bedacht, über die erste Hälfte des Films ein Organigramm dieser Strukturen zu erstellen. 

Die dabei dargestellten Machtkämpfe mitsamt der brutalen Morde werden dabei aber lediglich zweckhaft umgesetzt und generieren leider keine Spannung. Ebenso gelingt es dem Film nicht, uns die Charaktere so nahe zu bringen, dass uns ihr Schicksal irgendwie berühren würde. Die Anlage der Rolle des Joe Valachi ist die eines schlichten Menschen, der mit einer Mischung aus Stumpfheit und Einfältigkeit die mafiösen Strukturen mitträgt, bis er irgendwann feststellt, dass er gerade der Gelackmeierte ist. Als er sich dann als Kronzeuge gegen den Mob wendet, erfahren wir noch, wie hart das für das kleine Rad im großen Getriebe ist.  Aber auch hier: Drohende Ermordungen, beklemmende Situationen, das familiäre Drama - alles wird nicht so pointiert, dass es den Zuschauer wirklich mitziehen könnte. Schade auch.  


Fazit

Eventuell waren der bloße Inhalt und die dargestellten Informationen 1972 noch sensationell genug, um diesen Film zu rechtfertigen. Aber als Kenner von Filmen wie „Carlitos Way", „Donnie Brasco" oder eben „Der Pate" wirkt „Die Valachi-Papiere" etwas zu straight inszeniert. Nur selten kommt so etwas wie wirkliche Spannung auf und so erweist sich Youngs Film als eher klassischer europäischer Gangsterfilm, der Neugier an des Strukturen organisierter Kriminalität zeigt, aber wenig Interesse an den Figuren und ihren individuellen Situationen zu haben scheint.

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