Harte Schale, von Narben gezeichnet. Stattlich und widerstandsfähig. Wächst besonders in Freiheit zur vollen Reife. Wenn man sie knackt, kann man sein rotes Wunder erleben. Und muss vielleicht ein paar Kugeln Schrot schlucken.
Was auf die Melone zutrifft, lässt sich ebenso gut über Charles Bronson sagen. Der wandelnde Archetyp eines jeden späteren Actionhelden pflegt als „Mr. Majestyk“ in der Hochphase seines Schaffens weiter das Bild vom gerechten, wehrsamen Solisten, mit dem man sich besser nicht anlegen sollte. Als Melonenfarmer und ehemaliger Army-Ranger verbindet er gute, ehrliche Arbeit mit einer Vergangenheit, die ihn dazu befähigt, notfalls die verdiente Routine des Lebensabends zu unterbrechen und in alte Einzelkämpfer-Muster zurückzukehren.
Zum Einstieg lässt Richard Fleischer erste kleine Provokationen auf den Landbesitzer los, die ihn langsam aus der Reserve locken sollen. Diese frühen Abschnitte bieten zum Auftakt einfachere, in sich noch geschlossene Problemkonstellationen, die einerseits den Zweck einer Aufwärmübung verfolgen, andererseits aber bereits unbemerkt auf die komplexeren Ereignisse vorbereiten, die der Regisseur nachfolgend mit Hilfe eines raffinierten Erzählbogens entfesseln wird. Eine Konfrontation an einer Tankstelle zwischen dem Tankwart und einer Gruppe Zigeuner weiß der eigentlich so wortkarge Majestyk als einmischende dritte Partei noch mit dem Witz entwaffnender Logik gewaltfrei zu lösen; am Melonenfeld ist hingegen bereits Waffengewalt nötig, um einen Kleinkriminellen mit Mafia-Methoden (Paul Koslo) von den eigenen Werten zu überzeugen. Durch diese Vorfälle präsentiert Fleischer dem Publikum nicht nur die von ausgeprägtem Gerechtigkeitssinn geprägte Denkweise und die effiziente Methodik des Protagonisten, nebenbei werden Pfade ausgelegt für die Haupthandlung sowie eine Romanze am Wegesrand, auch wenn letztere unterentwickelt bleibt und einen fast zweckmäßigen Charakter beibehält (man führe sich Bronsons pragmatische Anmache in einer Bar vor Augen, in der Filmmitte, als der Baum eigentlich schon längst lichterloh brennt). Selbiges muss man über die Andeutungen von Rassismus- und Minderheitenthemen sagen, die zweifellos angeschnitten, schnell aber wieder fallen gelassen werden. Eine noch stärkere Ausarbeitung der Einwanderungsthematik wäre grundsätzlich denkbar gewesen (wobei der Film in Colorado spielt und somit nicht in unmittelbarer Grenze zu Mexiko). Der völlig wertungsfreie, rein auf Leistung und Erfahrung geeichte Charakter der Hauptfigur reicht aber eigentlich aus, um in dieser Hinsicht eine klare Ansage zu machen.
Als sich dann das Gesetzt einmischt und die Dinge so deutet, dass eine himmelschreiende Ungerechtigkeit entsteht, ist die Trockenübungsphase abgeschlossen und der Plot startet richtig durch. Bis in die 90er Jahre und darüber hinaus haben sich Actionfilme immer wieder ein Beispiel an diesem Kniff genommen, ob „Con Air“ oder die „Undisputed“-Reihe; wer schließlich zu Unrecht von der Hand des Gesetzes gestraft wird, dessen Rache schmeckt am Ende um so süßer. Das wäre durchaus die ideale Entschuldigung für ein simples Auge-um-Auge-Drehbuch, doch so einfach macht es sich ein Elmore Leonard erfreulicherweise nicht. Die Art und Weise, wie hier Folge und Wirkung eine Kette unglücklicher Ereignisse auslösen, hat eine gewisse Klasse, die man bei der Exploitation-Verpackung nicht erwarten würde.
Obwohl „Das Gesetz bin ich“ über eine grimmige äußere Erscheinung verfügt und vor allem im Blockhütten-Finale auch mal die Blutbeutel auspackt, müssen es nicht einmal in jeder Phase die ganz drastischen Mittel sein, um den Zuschauer emotional abzuholen. Salven von Maschinenpistolen, die sich in die grünen Bäuche der zusammengetragenen Melonen bohren, sind beinahe so schmerzhaft anzusehen wie Menschenopfer in vergleichbaren Filmen, weil Fleischer sich eben die Zeit nimmt, im Vorfeld zu zeigen, welche Mühe es erfordert, dieser Arbeit nachzugehen, die Majestyk das Überleben sichert.
Auch wenn die Grundformel sicher keinen Bronson-Fan überraschen können wird (Der Mann, dem unfairerweise alles genommen wird, rückt die Dinge per Selbstjustiz wieder ins rechte Licht), der Handlungsablauf als solcher nimmt doch immer wieder unvorhersehbare Wendungen, in denen sich die Kräfteverhältnisse zwischen Majestyk und seinem Hauptwidersacher permanent verlagern. Das beinhaltet eine Unmenge an Drohungen (bei denen Al Lettieri ebenso viel Zorn wie Unsicherheit versprüht) und plötzlichen Angriffen, wobei schon die Konstellation im symbolischen Sinne viel über die Verteilung der Potenzen verrät: Renda (Lettieri), stets mit einer Horde Untergebener im Schlepptau, die ihre Colts und MGs auch gerne mit einem Hauch von „ejaculatio praecox“ bedienen, und auf der anderen Seite Majestyk, der einem Gegenspieler schon früh seine Flinte abnimmt (ihn also gewissermaßen entmannt) und klarstellt, dass nur er eine Waffe mit dieser Durchschlagskraft tragen darf.
Das letzte Drittel gehört dann vollständig der Action. Diese zeichnet sich zunächst durch Autos aus, die bei der geringsten Berührung mit einem roten Feuerball in die Luft fliegen. Weshalb der Fahrzeughersteller Ford dennoch so begeistert war, dass er Ausschnitte aus „Das Gesetz bin ich“ für einen Werbespot verwendet haben soll, lässt sich mit den Offroad-Szenen erklären: Die dürften der Federung des verwendeten Pickup zwar mächtig zugesetzt haben, die waghalsigen Sprünge über Fels und Stein, durch Bäume hindurch und Abhänge hinab sind allerdings so dynamisch und fließend inszeniert, dass sie als druckvolle Country-Alternative zu Steve McQueens urbaner Car-Chase-Nummer durchgehen, die zwei Jahre zuvor mit „Getwaway“ entstand. Mit einer intelligent konzipierten Belagerungssequenz in einer Blockhütte und ein, zwei flapsigen Bemerkungen ist der Status Quo dann auch wieder hergestellt. Die nächste Melonenernte muss ruhiger verlaufen sein, denn eine Fortsetzung gab es nicht.
So mag man jedenfalls seinen Bronson. „Das Gesetz bin ich“ überzeugt mit einem sorgfältigen Skript und einem Hauptdarsteller im besten Alter. Mit 52 Jahren auf dem Buckel, gegerbter Ledervisage und Graustich im Haar haben andere Darsteller ihre guten Zeiten längst hinter sich, dieser hier entfaltet in dem Alter gerade erst sein Bouquet.