Seit Anfang der 80er Jahre drehte der spanische Filmverrückte Jess Franco quasi nur in seinem Heimatland und hinterließ dabei keine bleibenden Erinnerungen, wobei man gestehen muss, dass die rund sechzig bis siebzig in dieser Zeit entstandenen Filme wohl kaum jemand kennt.
Aus irgendwelchen Gründen bekam er dann plötzlich für diese französische Koproduktion etwas mehr Geld in die Hände und siehe da-der gute Jesus kann's immer noch, wenn man ihn nur lässt. Hier konnte er zum vorerst letzten Mal zeigen, dass doch etwas mehr in ihm steckt als die ewigen langen Einstellungen sich lustlos räkelnder nackter Frauen oder etwa "interessante" Nahaufnahmen der intimsten Zone (zumindest bei den meisten Menschen) seiner Frau Lina Romay.
Natürlich ist Faceless kein Meisterwerk; so gut kennt man Franco und das hat auch keiner von ihm erwartet. Doch schafft er es ganz gut, seine Darsteller-allen voran Helmut Berger als skrupelloser Arzt-in Szene zu setzen. Man muss nicht viele Worte verlieren über diesen Film. Zu sehr orientiert er sich an Georges Franju's Meisterwerk Les Yeux Sans Visage (Augen Ohne Gesicht), wobei er nie dessen Klasse erreicht. Aber das ist auch nicht das Ziel eines Jess Franco-er dreht, was er will. Das sind eben mal sehr derbe Sexploitationer, ambitionierte und mehr oder weniger künstlerische Filme mit einem gewissen psychologischen Hintergrund und dann eben einen harten Schocker wie diesen. Außerdem kann man nicht nur in der Rolle des eiskalten Arztes ein beliebtes Hauptthema Franco's erkennen, sondern auch in der sich selbst erklärenden Darstellung eines gewissen Dr. Orloff (Francophile wissen natürlich, wer gemeint ist!) durch Franco-Spezialist Howard Vernon, der wieder einmal als völlig Entrückter glänzen kann.
Erwähnenswert seien da noch zwei hübsche Damen-zum Einen die Britin Caroline Munro, die eine kleine Popularität erreicht hat durch ein paar Gruselfilme Anfang der 70er Jahre und später als Bond-Girl und zum Anderen der erste französische Pornostar Brigitte Lahaie, die sich ab 1980 auch einigermaßen im Mainstream etablieren konnte und heute wohl zurückgezogen mit ein paar Tieren zusammenlebt.
Ach ja, beinah hätte ich Telly Savalas vergessen-diesmal allerdings ohne Lolli...
Es bleibt ein ganz passabler, routiniert gedrehter und auch wegen seiner bekannten Darsteller relativ überzeugender Film, der nach langer Zeit eine der besten Arbeiten des Schund-Meisters darstellt.
6,5 / 10 Punkte