Review

Zur Handlung dieses kleinen, fiesen Streifens muß / darf man nicht zu viel sagen:
Zwei Männer finden sich in einem abgeschotteten, heruntergekommenen Waschraum wieder, in zwei entgegengesetzten Ecken mit den Füssen an massive Wasserrohre gekettet, in der Mitte des Raumes liegt ein Toter in einer immensen Blutlache. Diese wirklich grausige Lage wird noch verschärft, denn bald erfahren die beiden Männer, warum sie hier sind: Der eine soll den anderen töten - tut er das nicht, wird seine Familie sterben. Obgleich die beiden zunächst auf Zusammenarbeit setzen, werden ihr Vertrauen und ihre Nerven auf eine unvorstellbare Probe gestellt...
Allen Schwächen und kleinen Ärgernissen zum Trotz: SAW ist in meinen Augen einer der besten Horrorfilme des letzten Jahres. Die Grundidee ist gut und verspricht bereits in den ersten zehn Minuten hochgradige Spannung und die wird fast komplett bis zur letzten Minute gehalten. Kleinere Aussetzer in der Story vergisst man dabei schnell, ebenso die Frage, was zum Teufel Danny Glover hier zu suchen hat. Dafür wird man viel zu rasant durch die Handlung gezogen, ein makabrer Mord (wobei man in diesem Film kaum von Mord sprechen kann...) jagt den nächsten, und wenn's gerade nichts zu töten gibt, setzt der Regisseur auf knallharte Schockeffekte! Daß der gute dabei dem Spitznamen seines Mörders (Jigsaw - Puzzle) alle Ehre macht, ist nicht wirklich ein Manko; kaum eine der vielen guten Ideen ist nämlich wirklich neu: Daß der Film sich in der Tradition von Se7en sieht, ist ja kein Geheimnis, dementsprechend gibt es eine ganze Reihe von Parallelen in der Story. Die (wirklich hundsgemein aussehende) Bauchrednerpuppe hat man sich aus NON HO SONNO, bzw. DEEP RED geliehen, den kriechenden Killer mit seiner gemeinen Maske und seine abrupten Attacken gab's in ähnlicher Form bei THE RING, der Raum voll Stacheldraht stammt aus SUSPIRIA, etc. Aber das neue Gesamtbild all dieser kleinen Puzzleteile hinterläßt nichts desto trotz einen überwältigenden Eindruck - hier wird wirklich geklotzt, nicht gekleckert, man hat kaum Zeit zum Luft holen, während man durch dieses Inferno gejagt wird.
Im Nachhinein ärgere ich mich gewaltig, daß ich SAW beim letzten FFF verpasst habe, denn das sind Bilder, die nach einer wirklich großen Leinwand schreien!
Hat man dann die Achterbahn wieder verlassen, gibt es durchaus ein paar Dinge, die den Genuss ein wenig trüben:
Da wäre zum einen die Handlung - allem scheinbaren Realismus zum Trotz gibt es doch eine ganze Menge wunder Punkte, sei es, daß die Identität des Killers eher unbefriedigend enthüllt wird und der Schluss im Ganzen etwas hektisch herunterproduziert wirkt; sei es, daß die Charaktere bisweilen ziemlich dämlich und unbeholfen agieren. Nicht, daß man das nicht aus anderen Filmen des Genres kennen würde (Das berühmte vollbusige Mädchen, das vor dem Killer ins obere Stockwerk flieht, anstatt aus dem Haus zu rennen, bspw.), aber hier nervt es manchmal einfach.
Die Schauspieler selbst können auch nicht durchweg begeistern, die Charaktere wirken bisweilen etwas steif und hölzern. (Daß einer der beiden eingesperrten Männer von Biber-Bruder Dag synchronisiert wird, was besonders in den höheren, panischen Stimmlagen deutlich zu hören ist, hat mir dafür gelegentlich ein wohlwollendes Schmunzeln aufs Gesicht gezaubert, das aber nur am Rande.)
Größter Minuspunkt (alle Storyschwächen werden wie gesagt ganz gut durch die Inszenierung übertüncht) ist meiner Meinung nach, daß in Regisseur Wan bisweilen der Videoclip-Regisseur hervorbricht: Die Sequenzen, in denen die Bildfolge auf Zeitraffer-Niveau gesteigert wird, während dazu die Metal-Bratz-Gitarren röhren, sollen wohl die Schockwirkung erhöhen, wirken aber albern und slapstickhaft. Sind zum Glück nur wenige, deshalb läßt sich auch das ganz gut verkraften.
Insgesamt gesehen, kann ich mich nur wiederholen: Einer der besten Horrorfilme des letzten Jahres! Sicher kein Geschichte schreibendes Meisterwerk (und ganz sicher nicht auf dem Niveau von Se7en anzusiedeln), aber ein makabrer, knallharter Schocker, der den Horror von RING o.ä. mit erstklassigen Gore-Sequenzen zu verbinden weiß.
Haltet eure Freundin fest! Sie wird's euch danken!

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