Review

Michael Moore, kaum ein Mensch polarisiert mehr als er.
Er ist der Anwalt des „alten Europas“, der einzige Amerikaner, der Dinge sagt, die gegen die geschriebenen und ungeschriebenen patriotischen Grundsätze verstoßen, der größte Gegner der Familie Bush, aber für viele auch ein Mensch der sich nur anhand seiner Dokumentationen profiliert, ein Lügner, ein Polemiker......................
Unzählige Titel, von verschiedenen Leuten, die je nach politischer Orientierung unterschiedlich urteilen.
In der Tat ist es sehr schwierig die Dokumentationen von Moore und seine Person objektiv zu bewerten. Es gibt allerdings entscheidende Fragen, die hilfreich bei der Beurteilung von Dokumentationen sind:

Wie werden Dinge dargestellt und welche Mittel benutzt??

Auf „Fahrenheit 9/11“ bezogen fällt das Urteil hier deutlich kritischer aus als beispielsweise bei „Bowling for Columbine“.
Dafür gibt es einfache Gründe:

Während Moore bei „Bowling for Columbine“ seine „Angeklagten“ durch naiv gestellte ich-weiß-von-nichts-erkläre-es-mir-du Fragen selbst ins Verderben stürzen lässt, fehlen diese nahezu gänzlich bei seiner neuen Doku. Es war (ist) eben die große, charakteristische Stärke von Moore auf Suggestivfragen zu verzichten. Er ließ dem Betrachter gewisse Freiräume, um selbst zu urteilen.
Bei „Fahrenheit 9/11“ gibt es eine klare Richtung, eine Message, die allgegenwärtig ist: „Wählt diesen texanischen, debilen Cowboy namens George W. Bush ab“!
Dabei erscheinen leider viele Mittel recht, mehr Populismus und Propaganda als man von Moore gewohnt ist, wobei man nicht einmal mehr den Stempel Satire und Sarkasmus aufdrücken kann.
Der Kontrast zwischen Tragödie bzw. schreckliche Ereignisse und einem eingefügten, lachenden Bush ist willkürlich erzeugt und Polemik pur. Moore verfügt eigentlich über andere Mittel, um seine Thesen zu untermauern.
Darüber hinaus sind die Bilder eines fröhlichen, liberal anmutenden Vorkriegs-Bagdad sehr kontrovers. Bei allen fragwürdigen Argumenten, Motivationen, Unterstellungen oder erfundenen Verbindungen hinsichtlich des Terrorismus darf nie vergessen werden, was Saddam Hussein für ein Oberhaupt war bzw. welche Art zu regieren er bevorzugte.

Bei aller Kritik gelingt es Moore auch teilweise hier seine Thesen eindrucksvoll zu fundieren. Statt den beschriebenen Interviews mit der Gegenseite beruft er sich allerdings überwiegend auf Berichte aus Fernsehen und Zeitung. Er sammelt die Fragmente und fügt diese wie ein Puzzle zusammen.
Die Annahme der geschäftlichen Verbindungen zwischen Familie Bush und Bin Laden bzw. Mitglieder der Regierung Bush zu Saudi-Arabien erscheint logisch und durch wirtschaftliche Fakten untermauert.
Die Prämisse wieso und weshalb der Krieg im Irak stattfinden sollte, liegt laut Moore klar auf der Hand.
Im Anschluss daran beschränkt er sich auf den Part der Emotionalisierung. Er lässt überwiegend betroffene Personen, wie eine trauernde Mutter die ihren Sohn im Krieg verloren hat, einen Marine, oder Veteranen zu Wort kommen, welche allesamt die Sinnlosigkeit des Krieges bekunden. Die emotionale Darstellung gelingt ihm eindrucksvoll.
Überhaupt ist Moore ein Meister der wirksamen Strukturierung. Alleine der Schnitt vom dummen, lässigen Wahlbetrüger George W., der mehr Urlaub macht als arbeitet und keine Geheimdienstberichte liest, zu einem schwarzen Bildschirm, die Darstellung der Ereignisse des 11. Septembers, ist effektiv gestaltet. Außer schwarz sieht man nichts von den schrecklichen Geschehnissen rund um den 11. September, es erklingen nur hilflose, grausame Schreie sowie gewaltige Explosionen. So suggestiv, so kontrovers!

Zugegeben, auch „Fahrenheit 9/11“ ist irgendwie beeindruckend, alleine der Aufbau der Dokumentation. Allerdings ist es wirklich schade, dass man sich auf das Niveau der Gegner herablassen muss, um vermeintlich effektiv zu sein. Diese Dokumentation ist ein verkrampfter Versuch Wähler gegen Bush zu gewinnen. Dabei forciert Moore alles zu sehr und setzt Mittel ein, die er gar nicht nötig hat. "Fahrenheit 9/11" ist kein Muss, vor allem nicht für Leute die Politik kritisch hinterfragen und nicht zu der aussterbende Rasse jener Leute gehören, die immer noch an die selbstlosen Ziele der amerikanischen Regierung glauben.
Der Kern bzw. die Thesen sind interessant, die Mittel der Darstellung dahingegen teilweise äußerst fragwürdig. (5/10)

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