„Hast du dich der Politik gewidmet? Die Erfahrungen eines Gangsters sind doch vielleicht eine Voraussetzung dafür!“ – „Nein, das ist nichts für mich. Dafür bin ich doch nicht skrupellos genug.“
„Hölle vor dem Tod“ ist ein italienischer Gangsterfilm aus dem Jahre 1968. Regie führte Alfio Caltabiano („Robin Hood und die Dämonen des Satans“), der während seiner Filmkarriere vornehmlich als Darsteller in Erscheinung trat.
In der Unterwelt Kanadas tobt der Krieg, eine Mordserie unter Mafiosi hält selbige sowie die Polizei in Atem. Ein Goldtransport für die „Organisation“ hat ihr Ziel nie erreicht und wurde im Meer versenkt. Dass unter anderem eine gewisse Helen Klein dran glauben musste, ist Motivation genug für den ehemaligen Profi-Safeknacker Norton, nach Kanada zu reisen, um ein letztes Mal in die Dienste der „Organisation“ zu treten – sie war seine Schwester und will gerächt werden. Dabei gerät er zwischen die Fronten mehrerer erbarmungslos konkurrierender Banden und muss in verlustreichen Auseinandersetzungen auch um sein Leben fürchten...
Schon beim Betrachten des Vorspanns wird dem Filmkenner warm ums Herz: Musik von Maestro Ennio Morricone und Drehbuchbeteiligung von Dario Argento, bevor dieser mit seiner eigenen Regiekarriere voll durchstartete. Das sind schon einmal optimale Voraussetzungen für Italo-Kino der angenehmen Sorte – dem man noch überdeutlich die Verwandtschaft zum Italo-Western anmerkt, denn die gesamte Handlung hätte auch einige Kilometer weiter südlich und leicht abgeändert wenige Jahrhunderte zuvor angesiedelt werden können. Regisseur Caltabiano schlüpfte unter seinem Pseudonym Al Northon in die Rolle des mexikanischen Glücksspielsyndikatinhabers und „Five Cents“, dessen taubstummer Bruder auf den vertrauenserweckenden Namen „Maschinengewehr“ hört – nicht ohne Grund. Ljuba Tadic mimt seinen Norton mit stoischer Grimmigkeit und trägt entschieden zur düsteren, zynischen Grundstimmung des Films bei, der – der Italo-Western lässt grüßen – komplett ohne schillernde Heldenfiguren auskommt und Norton als denjenigen mit den hehrsten Zielen, als am wenigsten niederen Beweggründen verpflichteten Charakter, als Identifikationsfigur anbietet. Er wird zum ungleichen Verbündeten des in seiner Lederkluft eine unprätentiöse Wildheit verkörpernden „Five Cents“, der als bodenständiger, doch gewiefter Ex-Unterschicht-Gangster ins Feld geführt wird. Eindeutiger Unsympath ist hingegen Torio, genannt „Der Heilige“, der dritte bzw. vierte, rechnet man die „Organisation“ mit ein, Eckpfeiler der Handlung, der seine Hinrichtung wie kein Zweiter zu inszenieren pflegt.
Sämtliche Charaktere wurden karikierend überzeichnet, ohne sie der Lächerlichkeit preiszugeben. Das versucht leider immer mal wieder die deutsche Synchronisation, die den Dialogen recht unbeholfen einige Kalauer und sonstige Späßchen aufzwang. Immer wiederkehrendes Motiv ist das Maschinengewehr, mit dem quasi alle Beteiligten beinahe inflationär umgehen, dass es (gewollt) skurrile Ausmaße ausnimmt. Flott schreitet die Dramaturgie voran und mündet in einem Showdown mit einem Duell in – natürlich – Italo-Western-Manier. Der zynische, nihilistische Grundton, der die einzelnen Gangster nach selbstauferlegten Riten und Regeln agieren lässt, die verständlicherweise mit dem Gesetz nicht viel zu tun haben, wird stets aufrechterhalten und man wähnt sich schnell in einer Parallelwelt, die von der hilf- und machtlosen Polizei gebilligt wird und in der ein Menschenleben höchstens eine Maschinengewehrsalve wert ist. Ob Argento tatsächlich lediglich am Drehbuch beteiligt war, darf indes angezweifelt werden, denn die formidable, originelle Kameraführung erinnert bisweilen doch stark an Argentos spätere Arbeiten. Als am eindrucksvollsten ist mir dabei eine subjektive Sicht durch die Öffnung eines Stricks in Erinnerung geblieben – eine wahrhaft furchteinflößende Perspektive.
Bis auf die von der Grundidee her wenig spektakuläre Handlung bewegt sich „Hölle vor dem Tod“ in jeder Hinsicht auf gehobenem Standard und weiß besonders mit seiner wenig lebensbejahenden, finsteren Note zu gefallen, veredelt von Morricones wunderbar stimmiger musikalischer Untermalung. Pflichtstoff für Italo-Süchtige und eine Empfehlung für Freunde härterer, atmosphärischer Gangster-Kost der 1960er und 1970er Jahre.