Wer sich ein bißchen im Horrorgenre auskennt, der weiß natürlich wie wegweisend und bahnbrechend John Carpenters "Halloween" für das Slasher-Genre war, noch abzüglich eines Übermaß an Gore, aber mit viel Suspense und Thrill, die Belagerung eines einsamen jungen Mädchens in der Einsamkeit der Nacht durch einen Psychopathen.
Wer sich ein bißchen mehr auskennt, weiß, daß viele der Kernelemente "Halloweens" bereits in dem drei Jahre zuvor produzierten Thriller "Black Christmas" vorkamen, nämlich die oben erwähnten.
Und wer sich gut auskennt, der kenn vielleicht auch Peter Collinsons "Fright" aka "Die Fratze", der noch vier Jahre vorher das Licht der Filmwelt erblickte.
Kurz die Story, auch wenn sie natürlich kaum Überraschungen bieten dürfte: Babysitterin paßt in einsamen Landhaus auf das Kleinkind eines Ehepaars auf, das endlich mal wieder ausgehen möchte, weil SIE nämlich beständig Schiß vor ihrem Ex hat, der jetzt in der Klapse sitzt und Mordgelüste gegen sie hegt, eben weil er sie so liebt. Während ER sie endlich als normale Ehefrau zurückgewinnen will - mittels Essen, Trinken und hotter Bontempi-Psychojazzrhythmen samt dem familieneigenen Arzt/Psychiater am Tisch - ist SIE praktisch starr vor Angst. Dazu hat sie auch allen Grund, denn ihr alter Göttergatte Brian ist aus der Zwangsjacke entkommen und schleicht ums Haus. Zu seinem erheblichen Knacks im Hirn hat er auch noch einen gewaltigen Knick in der Optik und sieht die miniberockte Susan George dauernd als die schon deutlich angejahrtere Honor Blackman (ja, es handelt sich um "Pussy Galore" aus "Goldfinger".
Was dann folgt, sind die üblichen "false scares", Geräusche in der Nacht, seltsame Besuche und ein munteres Kleinkind, allesamt Gründe, um schon mal präventiv Kreisch zu machen, noch bevor sich die titelgebende "Fratze" am Fenster abzeichnet.
Wie es sich gehört, läuft im TV ein alter Zombieschocker (es handelt sich um den Kracher "Plague of the Zombies") und dann steht auch noch der doof-humorvoll-angegeilte Freund in der Verandatür und will mal so richtig hinlangen.
Ich glaube, jeder kennt diese Elemente schon aus anderen Filmen, aber dieser war eben relativ früh da und daß, obwohl er auf übertriebene Gewaltdarstellungen die meiste Zeit tunlichst verzichtet. Stattdessen versucht sich Collinson an atmosphärischer Inszenierung und schafft es auch streckenweise Unruhe in die Zuschauerreihen zu bringen, vor allem eben weil die Umgebung ziemlich unheimlich ist und er die Kameramänner gern auf Bauchnabelhöhe mit Handbetrieb arbeiten läßt, was dem Ganzen eine bedrohliche Form delirischer Nähe verpaßt.
Dazu kommt, daß sich parallel zu den Ereignissen im Haus (oder ums Haus) die Backstory um den Psychopathen Brian erst langsam aber sicher mittels der Nebenhandlung entwickelt, indem Frau, Mann und Arzt den Fall sowohl durchdiskutieren, als auch keine Gelegenheit auslassen, um die notwendige Hilfe für die arme Babysitterin zu verschleppen. Immerhin wieder wird die panische Ehefrau mit "Vernunftsgründen" aufgehalten oder in halber Panik wieder mit "es wird schon nichts sein" zurechtgestutzt.
Über 90 Minuten trägt das aber nicht ganz, zuviel Füllmaterial geht an den egoistischen Boyfriend und ein paar knackige Fummeleien drauf und wenn Brian dann endlich die heiligen Hallen entert (zunächst als Nachbar getarnt) wirds erst recht talky, denn hier fehlen dann ganz eindeutig mögliche Opfer. Denn daß die nette Amanda oder Bub Tara (wer nennt sein Kind so - noch dazu im richtigen Leben auch? Oh, ich sehe gerade, es ist der Sohn des Regisseurs...) dran glauben müssen, das glaubt niemand und spätestens wenn die Grütze in den Ventilator fliegt, wirds zäh und unglaubwürdig: eine depperte Autopanne, schläfrig-steife Polizisten und armselige Scharfschützen, die einen freistehenden Killer aus einigen Metern Entfernung nicht umlegen wollen, weil sie ja "die Frau treffen könnten" oder "das Schußfeld zu schlecht" war - das ist alles bemüht und brachial angeklebt, ohne die inszenatorischen Qualitäten der Isolationssequenzen zu erreichen. Schließlich leidet der Film, der eine prima TV-Episode abgegeben hätte, sowieso unter Mono- und Dialogdurchfall, in der zuviel Spannung zerredet wird.
Aufgrund der guten Besetzung (Cole, Blackmann, Bannen) kann man sich "Fright" zwar trotzdem ansehen, aber im Nachhinein spürt man doch, daß es mehr historische oder technische Gründe sind, wegen denen man sich für den Film interessieren sollte. "Fright" ist mit seiner 70er-Mode und seinem heute geschmacklosen Lokalkolorit (die Tanzszenen sind "camp" pur) schlecht gealtert, hat aber ein paar ordentliche Momente, bis dann zu viele Drehs und Wendungen die Geduld zu Tode prügeln.
Der Vollständigkeit halber, allein wegen der latenten Geburtsstunde des Babysitterhorrors und der europäischen Einflüsse (Collinson drehte danach übrigens noch weitere Genreware mit "Open Season" und den diskutablen Klassikerremakes "Das Geheimnis der Wendeltreppe" und "Ein Unbekannter rechnet ab"), sollte man den Film, wenn schon nicht im Regal, sondern zumindest im Hinterkopf haben. "Ist da jemand?" kommt übrigens auch vor. Gabs daran Zweifel? (4/10)