„Familien sind manchmal eine merkwürdige Sache…“
Mit „Body Melt“ versuchte sich im Jahre 1993 der Australier Philip Brophy an der Verfilmung von vier seiner Kurzgeschichten. Doch anstatt einen Episodenhorrorfilm daraus zu machen, wählte er für seine Low-Budget-Horror-/Splatter-Komödie ein herkömmliches, wenn auch mit rund 75 Minuten relativ kurzes Spielfilmformat und versucht, in seiner bis dato anscheinend einzigen Regiearbeit seine Geschichte zu einem homogenen Film zusammenzufügen.
Ein australische Fit- und Wellness-Unternehmen hat das neue Vitaminpräparat „Vimuvil“ entwickelt und testet dieses heimlich an den Bewohnern der idyllischen Vorstadt-Siedlung Homesville. Der Chemiker, der das gerade noch verhindern wollte, wird kurzerhand mit „Vimuvil“ zu Tode gespritzt, denn die Nebenwirkungen sind erheblich: Halluzinationen und erhöhter Sekretausstoß aus der Nase sind der Anfang, körperliche Mutationen und schlussendliches Zerplatzen des Körpers besiegeln zumeist das Ende der Probanden…
Direkt zu Beginn lassen nackte Haut ein sleaziges Vergnügen erhoffen und aus heutiger Sicht altertümliche PC-Grafiken Erinnerungen an (bei einer heutigen Sichtung) Retro-Cyberspace-Sausen wie „Tron“ oder „Der Rasenmäher-Mann“ wach werden, lehrt aber auch mittels seines Elektro-Disco-Soundtrack ein wenig das Fürchten. Nun, bis auf den sich schnell abnutzenden Billig-Soundtrack finden sich diese Elemente leider fortan nicht mehr wieder in Brophys freiwillig trashigem Film, der vorgibt, ein deftiger Seitenhieb auf Fitness- und Körperkult-Wahn zu sein. So ist die Homesville-Siedlung dann auch tatsächlich eine Art neuzeitliches „Plesantville“, immerhin fünf Jahre, bevor Gary Ross seinen gleichnamigen Film drehte. Doch statt eine Art „Street Trash“ in kleinbürgerlichem, mittelständischem Vorstadt-Ambiente abzufeuern, verzettelt sich Brophy mit seinem episodenhaften Aufbau, innerhalb dessen er seine Ekel-Effekt-Schau anbringen möchte. Der vermeintliche rote Faden der Story reißt immer wieder, „Body Melt“ wirkt fragmentarisch und unzusammenhängend, bekommt keine wirkliche Dramaturgie auf die Kette und verliert sich in Nebenkriegsschauplätzen und einer Vielzahl unwichtiger Charaktere, ergeht sich in infantilem Humor, statt sein Hauptaugenmerk auf ein akzeptables Handlungs-Grundgerüst zu legen und in hoher Frequenz sein Effektfeuerwerk zu zünden.
Ein Nebenhandlungsstrang wie beispielsweise der um die tumben Jugendlichen Sal und Gino aus Melbourne, die im Outback landen und dort auf eine inzestiöse Familie stoßen, wird mit Ach und Krach und mehr schlecht als recht in den filmischen Rahmen hineingepresst und verpufft letztlich wie so vieles andere in der Belanglosigkeit. Derweil stellt das Drehbuch eigens aufgestellte Regeln auf den Kopf, verheddert sich in Widersprüchen und ist erzählerisch allgemein einfach eine ziemliche Gurke. Das mag aber alles nicht von primärem Interesse sein, denn immerhin verspricht der Filmtitel allseits beliebte, jedoch nicht allzu häufig anzutreffende Körperschmelzeffekte, die stets ein echter Hingucker sind. In der Tat setzt „Body Melt“ verstärkt auf seinen Ekelfaktor. So bekommt man Bilder einer Obduktion vorgesetzt, sieht, wie eine Rippe aus einem Körper herausmassiert (!) wird und eine sich verselbständigende Plazenta. Viele Spezialeffekte sind nicht schlecht gemacht, oftmals aber dennoch eher mittelprächtig (obwohl angeblich vom SFX-Team von „Braindead“, was ein Blick in die IMDb aber nicht bestätigt) und einen „Fun-Splatter“-Overkill à la „Braindead“ oder eine absurde Schmelzorgie wie im bereits oben erwähnten „Street Trash“ sollte man nicht erwarten. Selbst in den 75 Minuten gibt es viel Leerlauf, der eben durch das schwache Drehbuch entsteht.
Zugute halten kann ich „Body Melt“ neben manch ansehnlichem Spezialeffekt aber seine mitunter originelle Kameraarbeit und kunterbunte Farbgebung, die immer wieder zwischen allen Albernheiten durchblitzenden satirischen Momente sowie einen gewissen Skurrilitätsbonus. Als für Genrekenner leicht verdaulicher, nebenher laufen könnender Einstieg in einen Splatter-Abend mit Freunden oder aber vielleicht ein „Aussieploitation“-Special hat er durchaus seine Qualitäten für Liebhaber des schlechten Geschmacks und Niveau-Limbos. Und dass sich in der Besetzungsliste zahlreiche australische Seriensternchen, u.a. aus der Seifenoper „Neighbours“, befinden, die sich für einen Film wie diesen offensichtlich keinesfalls zu schade waren, macht das Ganze irgendwie doch noch ein bisschen bemerkenswert.