Review

„Nur Schwächlinge spielen!“

Die einzige Regiearbeit des US-Amerikaners Rudy Durand ist die Jugend-Dramödie „Tilt“ aus dem Jahre 1979, die in der Halbwelt der Flipperspielerinnen und -spieler, äh, spielt – und von der man zuvor und danach kaum je etwas gehört haben dürfte: Sie scheint ein reines Fantasieprodukt der Autoren Durand und Donald Cammell zu sein. Meine Rezension bezieht sich auf die gekürzte deutsche VHS-Fassung.

„Es gibt nichts Leichteres, als mit Spielen anzufangen – und nichts Schwierigeres, als wieder damit aufzuhören!“

Die 14-jährige Brenda Louise Davenport (Brooke Shields, „Pretty Baby“) wird aufgrund ihrer Leidenschaft fürs Flipper-Spiel von allen nur „Tilt“ genannt. An den Flipper-Automaten gilt sie als unbesiegt, um Familie und Schule kümmert sie sich dafür weniger. Von Zuhause nimmt sie Reißaus und zieht zusammen mit dem Musiker Neil Gallagher (Ken Marshall, „Krull“) von Spielhalle zu Spielhalle, wo sie gemeinsam durch abgekartete Flipper-Wetten zu Geld kommen. Dieses will Neil unter anderem nutzen, um ein Demo aufzunehmen und seine Gesangskarriere voranzubringen. Doch im übergewichtigen Ekelpaket Harold Remmens (Charles Durning, „Das Grauen kommt um 10“), „der Wal“ genannt, droht Tilt, ihren Meister gefunden zu haben – kaum jemand beherrscht das Flippern so wie er. Und er ist es auch, mit dem Neil noch eine Rechnung offen hat…

„Analysieren ist Paralysieren, Mister!“

Der Vorspann wird hübsch in Bilder klassischer Flipper integriert, bevor Neil im Prolog bei einer Spielmanipulation gegen den „Wal“ erwischt und verknackt wird – womit auch geklärt ist, was es mit besagter offener Rechnung auf sich hat. Brooke Shields spielt eine 14-Jährige, die von den Herren der Schöpfung bereits sexualisiert wahrgenommen wird, ohne dass dieser Film dies ausschlachten würde (dessen kann man sich bei frühen Filmen aus ihrer Karriere ja nie ganz sicher sein). Süß und auf zack ist sie dennoch. Ken Marshall als Neil hat hier viel von Patrick Swayze, was als Kompliment zu verstehen, aber auch seiner Rolle geschuldet ist, und Charles Durning mimt mit einiger Hingabe den herrlich ekligen und unfreundlichen Fettsack.

„Weißt du, wann ich einen Fisch fange? Wenn er sein Maul aufmacht!“

Die dünne, unglaubwürdige Handlung lebt von ihrer Hauptdarstellerin, die möglicherweise so etwas wie eine reichlich fragwürdige Identifikationsfigur für Jugendliche abgeben sollte. Sie lässt nicht ganz fair Wetten auf ihr Flippertalent insbesondere von denjenigen, denen dieses noch gar nicht bewusst ist, abschließen, und macht damit erkleckliche Sümmchen Mammon. Kesse Sprüche treffen auf die damals verbreitete Faszination fürs Flippern, außerdem geht’s viel ums Kiffen – nein, sonderlich pädagogisch wertvoll ist dieser Jugendfilm nicht. Dafür aber hübsch bunt, womit er ein gutes Stück weit die ‘80er vorwegnimmt (als Arcade-Spielautomaten die Flipper ablösten) und damit unterm Strich ein interessanter, sehenswerter kleiner End-‘70er-Film, der, wäre er etwas populärer und wäre die Flipper-Szene entsprechend gepolt, sicherlich ein wenig Kultstatus besäße. Ich persönlich habe ein Herz für diese Art Filme und lande bei vergnüglichen 6,5 von 10 Flipperkugeln.

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