Sechs Jahre sind seit Timothy Daltons letztem Bond-Abenteuer „Licence to kill“ vergangen. Der, nach diesem Flop, schon tot gesagte Geheimagent sollte komplett überholt in „GoldenEye“ an den Start gehen. Dazu gehörte auch ein neuer Darsteller, den man in Pierce Brosnan („Dante’s Peak“, „Remington Steele“) gefunden zu glauben schien. Ihm sind die Mängel des gerade mal überdurchschnittlichen Abenteuers nicht oder kaum anzukreiden. In seinem ersten Auftritt noch etwas unsicher und ohne den gewinnendem Charme ausstrahlend, mutiert seine Figur hier zu einem modernen, unkaputtbaren Superhelden des 21. Jahrhunderts, der aus diversen Sackgassen einen Ausweg findet. Meist indem er sich durch Dutzende von Gegnern schießt. Da bleibt neben dem Humor die Menschlichkeit auf der Strecke. Zumindest sein Chauvinismus hat das überlebt.
Dabei ging man beim Drehbuch auf Nummer Sicher und präsentierte altmodische, im Bond-Universum verankerte, Motive. Das Übel ist mal wieder russisch, wird von einem Deutschen (Gottfried John, „Asterix & Obelix gegen Caesar“) gespielt und hat eine megafiese Waffe entwickelt, mit der sich einiges zerbrutzeln lässt. Als Russland dieses Gerät, das GoldenEye, abhanden kommt, wird Bond losgeschickt, um Schlimmeres zu verhindern.
Regisseur Martin Campbell („The Mask of Zorro“, „Vertical Limit“), der bis dato nur mit „Absolom“ auf aufmerksam machte, versteht es leider nie seinen Helden in der Tradition vorheriger Bonds zu instruieren. Ein Problem, das auch „Tomorrow never dies“ hatte. Statt dessen wird auf eine Action- und Zerstörungsorgie gesetzt, die in ihrem Bombast auch heute noch beeindruckt, aber Seele vermissen lässt. Das mag modern sein und an den Kinokassen klappen, enttäuscht den Bond-Fan aber. Während dieser Verlust von althergebrachten Werten wehmütig an Connery und Moore erinnern lässt, können zumindest andere Neuerungen und Neuentdeckungen überzeugen.
M mit der knorrigen, kühlen Judi Dench zu besetzen, war ein Volltreffer, der frischen Wind in die Franchise brachte. Die schwedische Darstellerin Izabella Scorupco („Vertical Limit“, „Reign of Fire“) schauspielert als Love Interest weit besser als ihre zukünftigen Kolleginnen (u. a. Denise Richards *grusel*), Ex-Model Famke Janssen („X-Men“, „I spy“) ist als mörderischer Vamp zwar hyperaktiv, aber dabei ein semihumoriges Vergnügen. Während Tchéky Karyo („Bad Boys“, “Nostradamus”) in einer kleinen Nebenrolle verheizt wird, darf Robbie Coltrane („From Hell“) einen russischen Mafioso mimen, der in “The World ist not enough” sein Comeback feiert. Was, der sich seit „Lord of the Rings“ im Aufschwung befindliche, Sean Bean spielt, dürfte klar sein - „seine“ Rolle eben. Desmond Llewelyn ist die übliche und hier auch einzige Konstante.
Viel Platz hat dieser namhafte Cast zwischen der Nonstopaction leider nicht. Doch so sehr es dem Film auch an ruhigen Momenten fehlt, Campbells Inszenierung ist einfach ein Hammer. Sich wenig auf, hier leider schwaches, CGI verlassend und auf „handmade“ Effekte setzend, zaubert Campbell mit „GoldenEye“ einen Hingucker, der später comichafte Züge annimmt. Insbesondere Bonds Entführung eines russischen Panzers ist in technischer Hinsicht pures Eyecandy – Explosion, um Explosion, viel Blechschaden und einige zerstörte Gebäude. Dazu gibt es Ballereien bis zum Abwinken und altmodische Modelleffekte, die als solche leider auch deutlich zu erkennen sind. Luc Bessons Stammkomponist Eric Serra („Léon“, „The Fifth Element“) kommt dabei zwar öfter nicht mit, präsentiert aber moderne Kompositionen mit Schmackes.
Fazit:
Funktioniert „GoldenEye“ als Actionfilm noch hervorragend, so enttäuscht er als Bond-Abenteuer. Die lang erwartete Rückkehr ist eine groß angelegte Effektorgie, die zu unterhalten weiß und technisch klasse umgesetzt worden ist, aber jeglichen Flair (Wo bleiben die exotischen Schauplätze?) früherer Bond-Filme vermissen lässt. Pierce Brosnan muss sich zudem erst noch in seiner Rolle zurecht finden, denn die ist hier nicht der erwartete smarte Geheimagent, sondern ein übermenschlicher Superheld. Kein Ausfall, aber weit über das Ziel hinaus geschossen.