Review

Nach der mit Abstand längsten Pause seit Bestehen der James-Bond-Reihe (mehr als sechs Jahre) und dem neuerlichen Wechsel des Hauptdarstellers von Timothy Dalton zu Pierce Brosnan begann für den bekanntesten Geheimagenten der Filmgeschichte mit "Goldeneye" eine neue Ära.
Nicht nur von Bonds Chefin "M" (ja, der neue Boß ist eine Frau!), sondern auch von manchen Filmkritikern war im Vorfeld die Frage aufgeworfen worden, ob es sich bei dem Mann mit der Lizenz zum Töten und dem unnachahmlichen Erfolg bei Frauen nicht um "ein Relikt des Kalten Krieges" handelte, doch trotz des Rußland-zentrierten Plots um die waffentechnische Hinterlassenschaft der Sowjetunion zeigte sich bereits in der Eingangssequenz, dass "Goldeneye" zumindest in den Bereichen der atemberaubenden Stunts, der aller Logik widersprechenden Heldentaten und der Selbstironie nahtlos an seine Vorgänger anknüpfen konnte: Bond springt mit einem Motorrad in einen Abgrund, um ein herrenloses Flugzeug im freien Fall einzuholen (!), es zu besteigen, noch vor dem Aufprall abzufangen und in aller Seelenruhe nach Hause zu fliegen.
Natürlich mag man gegen den Film einwenden, dass nicht nur sein Titel auffallend an die Klassiker "Goldfinger" und "The Man with the Golden Gun" erinnert, sondern sich auch die Weltraumproblematik bereits so häufig wiederholt hat, dass neben den Bondschen Satelliten kaum noch Platz im Orbit sein kann. Allerdings trifft das auch für andere Bond-Filme zu, die sowohl vor als auch nach "Goldeneye" herauskamen. Für mich steht jedenfalls die Glaubwürdigkeit der Titelfigur im Vordergrund, und der Ire Brosnan wirkt hier fast noch britischer als der Schotte Connery und der Londoner Moore. Erstmals wird auch die Fragwürdigkeit des Agentendaseins (wenn auch eher am Rande) angesprochen, so dass man sich tatsächlich mit Alec Trevelyan fragen kann, ob ein Unterschied darin besteht, für die eigene Brieftasche oder "für England" zu töten.
In den Nebenrollen glänzen neben Sean Bean als verräterischer (und verratener) Ex-006 vor allem Robbie Coltrane als Oberhaupt der Russen-Mafia und Gottfried John als korrupter General Ouromov (fast kein Bond scheint ohne deutsche Schurken auszukommen).
Bemerkenswert: der Eurocopter "Tiger", damals als superneue Geheimwaffe gepriesen, ist zehn Jahre später immer noch nicht im regulären Truppendienst, und heutzutage wirkt es fast komisch, mit welchem Elektroschrott Bond-Girl Natalya und ihr böser Kollege Boris Grischenko (Woody Allen läßt grüßen) um die Satellitensteuerung kämpfen (die Rechner, die Natalya in Moskau kauft, haben 500 MB Festplatte!).
Alles in allem sicher nicht der beste Bond (wie kann man als Doppel-Null-Agent nur einen BMW fahren?), aber immerhin derjenige, der die Serie für die 90er Jahre fitmachte und den Auftakt für Brosnans knapp zehnjährige Bond-Tätigkeit bildete.

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