Aus der Abteilung „deutschlandweite alptraumhafte Jugenderinnerungen“ präsentieren wir jetzt mal: Ralph Huettners „Der Fluch“!
Sagt euch nichts?
Naja, um so manche freundliche TV-Produktion wird im TV-Erinnerungs-Mutationslabor einen Riesenaufstand gemacht, bis man einen freundlichen DVD-Presser findet, der so ein Werk dann mit 20-40jähriger Verspätung auf Silberscheibe bannt, nachdem es jahrzehntelang maximal unter der Hand als VHS-Rip weitergereicht wurde.
So ein Fall ist auch „Der Fluch“, der anno 1988 immerhin für das Kino konzipiert wurde (auch nicht eben Standard für Horror aus Deutschland), dann im TV endlich ein Publikum bekam und fortan zur Flüsterlegende wurde.
Da kann man jetzt mal fragen: DER Ralph Huettner?
Die Musterknaben? Voll normal? Texas – Doc Snyder hält die Welt in Atem? Dr. Psycho?
Ja, Huettner ist heute eher für komödiantische Ware bekannt (und dreht zunehmend Krimis), hatte aber auch zweimal zu Beginn der Karriere Horror auf der Pfanne.
Und täuscht der Ruf wie Donnerhall?
Darauf ein gesegnetes Naja!
Also erst mal: für Horror aus deutschen Landen (produziert praktisch zwischen dem zweiten und dem dritten Otto-Film, wenn man mal einordnen möchte) ist er wirklich streckenweise sehr atmosphärisch geworden.
Die Mär geht so: auf dem Heimweg von einem rauschenden Horrorfilm-Abend juckelt die ca achtjährige Miriam auf dem Nachhauseweg durch eine Geisterfrau und dellt dann noch eine echte Passantin ein. Dann geht sie stiften. In der Folge – und die Eltern planen einen nicht eben ersehnten Wanderausflug ins Gebirge für das Wochenende – macht Miriam ein paar interessante Veränderungen durch, die nachhaltigen Einfluss auf den Ausflug haben. Sie verstellt Wegweiser, wirft die Wanderkarte weg und dreht es so, dass man in Richtung eines ominösen Gletschermassivs läuft und zwischendurch an einer Bergkapelle strandet, wo das Mägdelein ggf. bei einem frühen Stelldichein der Mama&Papa gezeugt worden sein könnte. Uh-Oh!
Es sind noch mehr Familien im Gebirge unterwegs, die auch ihre Töchterprobleme haben, aber am schwersten wiegt, dass man a) in einer Berghütte übernächtigen muss und b) im Eismassiv des Gletschers ein totes Mädchen findet. In der Folge gibt es allerlei Zores: die Eltern fetzen sich, die Bergwacht (mit dabei ein wunderbar arschiger Tobias Moretti) ist so mittel engagiert beim Bergen, das Kind sträubt sich und macht seltsame Veränderungen durch. Daheim landet die angedellte Passantin vom Beginn übrigens baldigst in der Klappse und geht von dort wieder stiften.
Alles hängt offenbar mit dem Silberabbau in der Gegend zusammen und mit dem üblichen Pakt mit dem Teufel, weswegen in der verschneiten Nacht merkwürdige Prozessionen an jungen Frauen durch Stock und Stein ziehen.
Ich gebe zu, gelesen klingt das alles ganz prachtvoll und manchmal, etwa in der zerfallenen Kapelle, im Eismassiv bei Nacht und bei der fatalen Wanderung sieht das enorm unheilsdräuend aus.
Aber der Film hat eben auch ein sehr unebenes Drehbuch und gemahnt vom Look her häufig wie eine normale TV-Produktion, meistens wenn er es am wenigsten braucht.
Bis Mom und Dad endlich mal, nach allerlei ominösen Andeutungen, von einem so semi-frischen Museumsangestellten die Hintergründe zusammengestrickt bekommen, ist der Film schon fast rum, solange tappt man im Dunkel. Und Wissen bedeutet hier auch nicht zwingend schlüssiges Handeln, denn Dominic Raacke und Barbara May sind sich so dermaßen derbe am dauerhaft Anzicken, dass man sich fragt, wie die überhaupt heiraten konnten. Die Lernfähigkeit der Figuren ist eher holprig, Erkenntnisse werden ignoriert und Fehler nicht eingestanden, insofern läuft man dann auch gern mal wider besseren Wissens falsch, weswegen alle Beteiligten für ein fatales Ende schon vorprädestiniert sind.
Bei Romina Nowack, dem Mädchen, fragt man sich wechselnd, ob sie nun enorm talentiert war oder uns einfach nur zu einer Tracht Prügel motivieren möchte und der Handlungsstrang mit der offenbar spiritistisch beeinflussten Passantin wird immer wieder neu gestartet, hat aber überhaupt keine Bedeutung für den ganzen Film.
Immerhin köchelt das alles auf einen passablen Showdown mit ordentlicher Pointe zu, lässt aber auch im Showdown trotz beachtlicher Atmosphäre an Präzision missen.
Und dennoch: als folkloristischer Beinahehorror aus der terra germanica ist der Film durchaus beachtlich und hat ein viel größeres Publikum verdient als so mancher billig runter gekurbelter Murks, der ständig und überall verfügbar ist. Aus atmosphärischen Gründen verleihe ich dem Film freundliche 7/10 – der vergessene unheimliche Horrorschocker aus den Voralpen, der uns allen in der späten Teenagerzeit den Schlaf geraubt hat, ist er aber nicht.