Erst mal ein Kompliment: "Die fetten Jahre sind vorbei" ist ein schlauer und gleichzeitig unterhaltsamer Film mit viel Tempo. Darin versuchen übermütige junge Erwachsene die „Welt des Kapitals“ mit Anarcho-Einbrüche in Villen aufzumischen. Als plötzlich Gefühle ausbrechen gerät die Situation aus dem Ruder und endet mit einer erstaunlichen Geiselnahme ...
Das Ganze ist klasse erzählt, emotional aufwühlend und an vielen Stellen tierisch witzig. Zudem spielen die Darsteller Daniel Brühl (Jan) und Julia Jentsch (Jule) exzellent und auch Burghart Klaußner spielt das erfolgreiche Opfer sehr überzeugend.
Aber an anderer Stelle hat der Film dann deutliche Schwächen. Beispielsweise wirkt der kurzzeitige Umstieg auf Digitalkamera und schlechtem Ton in der ersten Viertelstunde (Autoszene) vollkommen unglaubwürdig und unpassend pseudodokumentarisch.
Darsteller Stipe Erceg (Peter) fällt dann auch zu deutlich gegenüber den anderen ab. Hinzu kommt, dass sein Konflikt mit Jan sehr unglaubwürdig gelöst wird. Und dann ist da noch das Ende ... das ist sehr enttäuschend unrealistisch (soll aber nicht verraten werden).
Trotzdem sollte man diese Einwände nicht überbewertet, denn „Die Fetten Jahre sind vorbei“ ist trotzdem einer der vielversprechendsten Werke junger deutscher Regisseure und macht Lust auf mehr!
Die Story hat Regisseur Hans Weingartner geradlinig erzählt, die Dialoge sind gut und die Verwicklungen sind gekonnt aufgebaut – selbst das Auge wird mit schönen Szenerien belohnt (hier gibt es wirklich sehenswerte und neuartige Kulissen!).
Der Film ist dadurch auf jeden Fall 8 Punkte wert. Aber er hätte eben auch 10 kriegen können, wenn ... ja, wenn das Ende nicht so unnötig verklärend gewesen wäre.
Das ist hier eben besonders ärgerlich, weil zuvor die Charaktere so fein gezeichnet wurden und alles sorgfältig gemacht wurde.
Aber man wünscht sich an der Stelle eben doch eine vernünftige Botschaft, die man mit nach hause nehmen kann. Vor allem, weil den weiteren Weg von Helden (?) Volker Schlöndorff doch so deutlich mit „Die Stille nach dem Schuss“ beschrieben hat.