Die Biographie von Ray Charles. Braucht man die? Eindeutig ja! Denn neben Mohammad Ali ist er doch DER Vorzeigeschwarze aus Amerika, der beweist, dass man auch komplett ohne Chancen zum Idol und Millionär werden kann.
Aber ist der Film auch was geworden? Das bleibt eine zwiespältige Angelegenheit.
Wirklich schlecht ist er nicht, davor bewahrt ihn schon die kraftvolle Musik von Ray Charles. Aber eine gelungene Biographie, bei der man nachher das Gefühl hat, man ist dem Menschen näher gekommen und versteht ihn jetzt - das ist Ray nicht.
Die Gründe dafür sind vielschichtig. Zum einen tappt der Film oft in die "Michael-Mann-Falle", also er zeigt einfach nur Situationen aus der Biographie, ohne sie zu erklären oder die Dramaturgie damit voranzubringen (auf besonders grauenhafte Weise ist das im Film Ali dokumentiert).
Und zum zweiten enttäuscht auch Jamie Foxx. Hat er nicht dafür einen Oscar dafür gekriegt? Ja, hat er und auch nicht ganz zu unrecht. Klingt das nicht absurd?. Ja, aber bei Ray darf man eins nicht vergessen. Jamie Foxx durfte bei der Darstellung des Rays das wichtigste Mittel eines Schauspielers nicht einsetzen: Das Spiel der Augen. Fast jede Situation kann ein guter Schauspieler (und das ist Foxx auf jeden Fall) mit seinen Augen darstellen (der König der Augen ist natürlich Tom Cruise) und dabei entsteht denn auch die vielgerühmte Glaubwürdigkeit eines Darstellers.
Das funktioniert bei Ray nun mal nicht. Und so wackelt Foxx durch die Szenen und wirft den Kopf nach hinten und schimpft ab und zu, singt und spielt Klavier. Ja, das hat man sich denn auch genau so vorgestellt, aber es gibt keine Tiefe und keine Motive.
Das ist dann nicht nur Foxx Fehler sondern hier hat auch Regisseur Taylor Hackford geschluddert. Denn er lässt den Zuschauer vollkommen im Dunkel über die Motive von Ray. Es wäre doch interessant zu erfahren, wieso Ray sich auch als Blinder weiterhin ans Klavier gesetzt hat - wann er erstmals ein Konzert gegeben hat und was die Musik eigentlich für ihn bedeutet hat. Aber im Film gibt es nur sehr wenige Gefühle von Ray.
Man erfährt, dass er noch vor seiner Erblindung als kleiner Junge Klavier spielen gelernt hat. Aber man erfährt nichts über seinen Lehrer. Dann kommt ein Schnitt, er ist etwa 20, blind und ein sehr guter Rhythm and Blues Pianist - Gab es dazwischen wirklich nichts Erwähnenswertes zu erzählen?
Auch Rays Heroinsucht ist komplett unmotiviert. Natürlich ist das eine schwere Entscheidung, vor allem wenn man blind ist und natürlich weiß auch jeder, dass das ungesund ist. Bei Ray sieht man von all dem nichts - das ist fast schon albern. Viele seiner Musikerkollegen spritzen und dann sagt er: Ich will das auch. Aber nicht etwa weil er leidet, den Streß nicht verkraftet oder unglücklich ist. Nein, Ray steht einfach in der Tür und sagt: Das will ich auch.
Das ist denn auch der schlimmste Fehler des Films, dass hier eine Biographie angeboten wird, die nichts über die Motive des Porträtierten aussagt.
Gut, Regisseur Hackford umgeht damit eine häufig geäußerte Kritik, das die Hauptfigur in Wirklichkeit ganz anders gewesen ist. Aber eine gute Biographie hat er damit nicht geschaffen. Sonst wären zumindest einige der offensichtlichsten Fragen beantwortet worden: Warum hat Ray seine Freunde verraten, seine Frau betrogen, Heroin genommen und woher kam sein ein intuitiver Zugang zur Musik und sein unerhörtes Selbstbewusstsein? Im Film Ray sucht man vergebens nach Antworten.
Aber langweilig wird es trotzdem nicht und das liegt in erster Linie an Ray Charles Musik, die man nach Ende des Films sehr gerne wiederentdeckt.