Review

Kakerlaken mit dem gewissen Etwas

Nachdem der sympathische und horrortechnisch durchaus bewanderte, leidenschaftliche und entspannte Bela B bei Kino+ ein paar seiner liebsten Horrorfilme aller Zeiten vorgestellt hat, von denen man natürlich die meisten schon kennt, war es dennoch schön zumindest zwei Tipps aufzuschnappen, die ich noch nie gesehen hatte. Neben dem aktuelleren Schwangerschaftshorror „Proxy“ von 2013 war das vor allem „Bug“ aka „Feuerkäfer“ von 1975 - wo eine kleine US-Gemeinde nach einem ungewöhnlich starken Erdbeben von aus dem entstandenen Erdriss kriechenden Käfern (mit Feuerantrieb!) angegriffen wird…

Glühwürmchen auf Kokain

„Firestarter“ trifft „Phase IV“?! Im gleichen Jahr in dem Spielberg mit seinem gigantisch guten Haihappen Kino, Blockbuster und Tierhorror neu definiert hat, startete auch dieser „Feuerkäfer“ eher unter dem Radar im Kino - und er war seitdem an mir vorbeigegangen. Obwohl ich Tierhorror und Creature Features durchaus als eines meiner fünf liebsten Subgenres angeben würde. Daher kann man denke ich hier locker von einem Geheimtipp sprechen. Allerdings mit Einschränkungen (wenn man denn nicht gerade eine kindliche Verbindung und rosarote Brille zu ihm aufhat). Ja, wenn die Sprengkäfer und fiesen kleinen Selbstmordattentäter loslegen, dann gibt’s fast immer Highlights. Etwa wenn früh eine Katze malträtiert wird (fragliche Tierbehandlung?!) oder eine gigantische Frauenperücke Feuer fängt oder eine besonders neugierige Kakerlake durch das Telefon in Nahaufnahme in den Gehörgang krabbelt - das hat was, das ist eklig, das sind oft echte Tiere, das ist ruppig, detailliert, deutlich und fies genug inszeniert. Kombiniert man das mit der nicht überlangen Laufzeit und einer der piepsigsten, (positiv/seinen Zweck erfüllend) nervigsten und penetrierendsten Industrialsoundkulisse seines Subgenres, dann kann ich „Bug“ nicht zu böse sein. Denn zwischen den brandheißen und recht spektakulären Insektenangriffen liegt dann doch eine Meeeeeeenge Leerlauf. Die menschlichen Figuren sind nicht gerade ausführlich, interessant oder gut gezeichnet. Bis eventuell auf den in den Insektenwahnsinn fallenden Protagonisten. Und eigentlich wartet man nur auf das nächste Krabbelhighlight, das in der zweiten Hälfte auch größtenteils einer bizarren Psychosymbiose (!) von Mensch und Kakerlake weicht. Alles aber sehr behäbig, düster und halt gefühlt noch vor-„Jaws“. Trotzdem würde ich für Tierterroraficionados eine milde Empfehlung aussprechen und dem guten Herrn B nochmal von weitem danken. Es gibt etliche schlechtere Vertreter dieser krabbeligen Gattung. Vor allem die weirde Connection der Hauptfigur zu seinen Versuchsobjekten ist keine Stangenware. Aber halt auch ein gutes Stück konfus und bescheuert. Drei Jahre später durfte der eher unbekannte Regisseur Szwarc mit dem etwas unterschätzten „Jaws 2“ ein paar Ligen höher spielen - was ohne diese fiese und spezielle Visitenkarte sicher nicht denkbar gewesen wäre! 

Die Latin Lover unter den Killerinsekten

Fazit: „Bug“ besticht vor allem durch seine grandios-aggressive Soundkulisse (!!!), seine psychologischen Aspekte und ein paar echt eklige Momente. Das reicht für soliden Tierterror im behäbigen 70er-Gewand mit einigen ungewöhnlichen (genauso albernen wie verstörenden!) Druckpunkten. Doch richtig die Fußnägel hoch stellt's sich mir nicht mehr durch diese feurige Plage. Tinnitus könnte schon eher sein… Die Szenen mit echten Tieren sind zwar effektiv - aber (auch bei den etlichen echten toten Käfern!) moralisch fragwürdig. Aber nochmal: bei diesen miesen Disharmonien und Assonanzen, diesem Kratzen und Kreischen auf der Tonspur, einer wahren und perfekt orchestrierten elektronischen Ohrenpest, wird das eh kaum einer mehr mitbekommen. 

Details
Ähnliche Filme