Mit Ende der 1980er und Beginn der 1990er versuchten die großen Actionstars Arnold Schwarzenegger und Sylvester Stallone durch mehr komödiantische und jugendfreie Filme sich ein Segment im Familienpublikum zu erarbeiten, allerdings mit durchwachsenem Erfolg. Auch Chuck Norris wollte diesen Trend bedienen. Ob er Wind von der Idee für „Last Action Hero“ bekam, der ein Jahr später startete (und zu einem großen Flop in Schwarzeneggers Karriere wurde) oder von selbst die Idee für einen Meta-Actionfilm (auch) für jüngere Semester hatte, ist nicht ganz klar.
Jedenfalls könnte der Anfang aus einem Chuck-Norris-Film wie „Octagon“ stammen, haben doch fiese Ninja-Schurken eine nette Maid gekidnappt, die nach Hilfe greint. Doch die bösen schwarzgewandeten Ninjas werden von zwei guten Ninjas in Weiß durch die Gegend geklöppelt. Der eine der tollen Hechte ist natürlich Chuck Norris, doch wer ist sein achso wichtiger Partner? Es ist der junge Barry Gabrewski (Jonathan Brandis). Zumindest in Barrys (Tag-)Träumen, denn aus einem solchen erwacht er, nachdem er mit Chuck in die Eingangssequenz den Tag und die Dame gerettet hat, die sehr an seine Lehrerin Noreen Chan (Julia Nickson-Soul) erinnert.
Die Realität, in die Barry so hart zurückgerissen wird, ist eh keine rosige: Als Sonderling mit Chuck-Norris-Faible und häufiger geistiger Abwesenheit ist er eh kein Ausbund an Beliebtheit, noch dazu hacken Bullys auf ihm rum, die natürlich alle fleißig Karate trainieren. Deren Trainer Kelly Stone (Joe Piscopo) ist selbst ein Aufschneider und ein Bully, weigert sich Barry Training zu geben und begeht dazu noch das absolute Sakrileg Chuck Norris als Nichtskönner zu bezeichnen. Das Vorbild ist klar, nämlich „Karate Kid“, aber jedes Klischee und jede Demütigung des jugendlichen Protagonisten muss noch zig mal intensiviert werden, damit hier auch der Dümmste versteht, was für eine arme Sau Barry doch ist und wie ungerecht die Welt um ihn herum.
Doch glücklicherweise gibt es ja den weisen alten asiatischen Martial-Arts-Meister, der den Jungspund unter die Fittiche nimmt, in diesem Falle Noreens Onkel Mr. Lee (Mako), der Barry Karate beibringt und natürlich – Klischee ahoi! – ein China-Restaurant besitzt. Mit zunehmender Körperbeherrschung kommt natürlich auch steigender Erfolg in allen anderen Lebensbereichen…
Die übliche Geschichte des Hänflings also, der Selbstachtung und den Respekt anderer dadurch verdient, dass er Ziegel durch- und Nasen platthauen kann, aber das alles viel platter als im offensichtlichen Vorbild „Karate Kid“: Wo Daniel-san noch Ärger kriegte, weil er und die Freundin des Bullys sich verstehen, so ist hier „Wunderbare Jahre“-Aktrice Danica McKellar erst komplett uninteressiert an Barry, doch als er sich mit dem Oberbully prügelt, da will sie sofort etwas mit ihm unternehmen, während der Sportlehrer auch direkt Respekt bekundet. Dabei hat er Barry vorher noch getriezt. Ergo sieht es im Bereich Message etwas fragwürdig aus, doch auf diese Weise ist „Sidekicks“ auch fast schon wieder ein faszinierender Einblick in die Gedanken und Wertvorstellungen der Norris-Brüder: Alle Welt wäre gerne wie Chuck Norris, aber der hat ja auch ein großes Herz und steht den Kleinen und Unterdrückten immer bei, wenn sie Hilfe brauchen – vor allem, wenn es seine Fans sind. Frauen haben dagegen wenig zu vermelden, sind das Anhängsel am Arm des Helden, außer Noreen vielleicht, aber auch die kommt am Ende unter die Haube – schließlich ist ja Barrys schüchterner Vater Jerry (Beau Bridges) noch unbeweibt.
Ehe dann das obligatorische Karate-Turnier am Ende ansteht, bei dem alle Bullys noch mal so richtig vorgeführt und gedemütigt werden, gibt es diverse Traumszenen, die als Hommage an alte Norris-Filme dienen, diese aber in den Bereich des lustigen Kinderquatsch verfrachten: Die „Missing in Action“-Ballerei endet in Slapstick statt in durchsiebten Toten, in der „Hitman“-Lagerhallenerstürmung müssen keine Mafiosi aufgehalten werden, sondern Schurken, die Spielzeug und Süßigkeiten mit Fiesligkeiten wie Rasierklingen versetzen wollen. Mal ohne Filmvorbild ist der Traum mit Sheriff Chuck und Deputy Barry im Wilden Westen, aber genauso grobschlächtiger Klamauk für die Jungen und Einfältigen unter den Zuschauern. Immerhin: Hin und wieder, vor allem im Finale, gibt es dann sogar recht gelungene Kampfkunst, die trotz eher hausbackener Choreographien zu überzeugen weiß, gerade wenn die Darsteller ihr Metier beherrschen – Jonathan Brandis gehört nicht dazu und wird teilweise überdeutlich gedoubelt (Ninja-Ganzkörper-Outfits sind schon was Feines).
Dazu macht sich Joe Piscopo zum Affen, der hier als Universalfiesling in fast jeder Traumsequenz und im Real Life des Films herhalten muss, aber nur als Grimassenschneider nervt. In Sachen Nebendarsteller holen Mako, Julia Nickson-Soul und vor allem Beau Bridges die Kohlen etwas aus dem Feuer, während Chuck Norris immerhin sich selbst ganz annehmbar spielen kann. Jonathan Brandis ist dagegen eher schwach in der Hauptrolle und auch Danica McKellar liefert hier keine sonderlich einprägsame Leistung ab.
Noch dazu ist das Kraut-und-Rüben-Drehbuch zum Abgewöhnen und kommt von Hölzchen auf Stöckchen: Onkel muss etwas beweisen? Heissa, urplötzlich tauchen Rocker im China-Restaurant auf, die in Bud-Spencer-Slapstick-Manier abgefertigt werden müssen. Sonderlich feinmotorige Komik hat „Sidekicks“ eh nicht zu bieten, während der Meta-Ansatz über das Aufkochen von den erwähnten Norris-Szenen nicht hinausgeht. Aber um etwas über das Actiongenre aussagen zu wollen, muss man auch schon mehr im Sinn haben als bloß „Karate Kid“ mit Tagträumen und Prollkomik anreichern zu wollen.
Trotz unfreiwillig komischer Norris-Verehrung und all der anderen Schwächen hat „Sidekicks“ aber noch einen gewissen (wenngleich naiven) Charme, der das Ding neben den paar brauchbaren Actionmomenten und den guten Nebendarstellern etwas rettet. Obwohl „Sidekicks“ mit seinem einfältigen Script und seinen grobschlächtigen Witzen dann selbst für jüngere Zielgruppen mäßig aufregend ist, versuchte sich Norris dann noch mit (dem etwas besseren) „Top Dog“ und (dem noch mieseren) „Forrest Warrior“ als Freund aller Kinder, ehe er sich dann mit „Walker, Texas Ranger“ auf Fernsehkloppe für Jung und Alt verlegte.