„Leute mit Problemen sind mir ein Gräuel!“
Der Thriller „X – Urban Killer“ ist das im Jahre 2002 veröffentlichte Debüt des spanischen Regisseurs Luis Marías. Der homophobe Bulle Javier (Antonio Resines, „Aktion Mutante“) steht nach einer durchzechten Nacht inkl. Filmriss in Verdacht, einen homosexuellen Friseur erstochen zu haben, da alle Indizien auf ihn als Täter hinweisen. Javier versucht, den Abend zu rekonstruieren…
Mit seinem durchaus respektablen Debüt versucht sich Marías an einem Film-Noir-beeinflussten Thriller ohne sonderlich sympathische Identifikationsfigur, denn Javier ist ein knorriger, rauer Typ, der unter seiner Schale einen verbitterten Kern vermuten lässt, der ihn zum eher unangenehmen Zeitgenossen macht. Die dialoglastige Handlung konstruiert eine Geschichte, die den Zuschauer zweifeln lässt, ob Javier der Mörder war oder nicht und ihn damit bei der Stange hält. Jeden, der schon einmal einen „Filmriss“ hatte, wird das Thema grundsätzlich ansprechen und zu „Was wäre, wenn…“-Gedankenspielchen einladen sowie eine gewisse Empathie Javier gegenüber begünstigen. Im letzten Drittel, wenn klar geworden ist, inwieweit Javier in den Mord verwickelt ist, versucht Marías, den daraus resultierenden Spannungsabfall mit einigen Schießereien u.ä. auszugleichen, wodurch der Härtegrad des Films steigt. Die letztliche Auflösung bekommt man allerdings erst ganz am Ende serviert, womit „X – Urban Killer“ in angenehmer Weise an klassische Suspense-Kriminalfilme sowie aufgrund des nicht gerade einfach zu erratenden Motivs auch ein bisschen an einen Giallo erinnert.
Weniger glaubwürdig ist hingegen, dass ausgerechnet Javier bei aller Insichgekehrtheit eine Art Frauenheld sein soll, doch das Thriller-Reißbrett sah derartige Szenen anscheinend vor. Die Kameraarbeit fällt recht statisch aus; es wird viel mit Schuss-Gegenschuss gearbeitet, was mit dazu bei trägt, dass „X – Urban Killer“ nicht immer frei von der sicherlich angestrebten düsteren Stimmung des Films nicht sonderlich förderlicher Hektik ist. Resines indes macht seine Sache gut und glaubwürdig, ein gern gesehener Charakterkopf des iberischen Kinos. Insgesamt ist Marías‘ Film ein netter Happen für Zwischendurch und unterhaltsam sowie spannend genug, um über die gesamte Laufzeit wenn nicht zu fesseln, so doch ein gewisses Grundinteresse aufrecht zu erhalten, letztlich aber nichts Besonderes oder Herausragendes. Solider, guter Durchschnitt, von meiner Warte etwa bei 5,5/10 anzusiedeln.