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In einem kleinen Städtchen im Frankreich der ausgehenden 50er-Jahre kehrt Unruhe ein: Ausgerechnet zur Fastenzeit eröffnet die neu hinzugezogene Vianne (Juliette Binoche) eine Chocolaterie mit exquisiten Kreationen. Während sie mit ihrer verführerischen Schokolade und viel Einfühlungsvermögen Schwung ins Leben einiger Einwohner bringt, ist sie dem erzkonservativen Bürgermeister (Alfred Molina) ein unchristlicher Dorn im Auge. Noch schwieriger wird die Situation, als eine Gruppe vagabundierender Reisender mit ihren Booten am Fluss pausiert - und Vianne sich in deren Mitglied Roux (Johnny Depp) verliebt.

Mit viel Fingerspitzengefühl und elegant-berauschenden Bildern erzählt der schwedische Regisseur Lasse Hallström ein modernes Märchen über die Kraft des eigenständigen Denkens und den Mut, sich verkrusteten und engstirnigen Strukturen entgegen zu stellen. Mit Juliette Binoche hat er für seine Hauptfigur die perfekte Darstellerin gefunden: Mit fröhlicher Mimik und ausdrucksstarkem Spiel verkörpert sie die pure lebensfreudige Offenheit, die sich auch von Rückschlägen und Anfeindungen nicht unterkriegen lässt. Als Gegenspieler tritt Alfred Molina ebenso intensiv auf, gibt seinen verstockten Charakter mit strenger Mimik und wohldosierter Verletzlichkeit. Auch in den Nebenrollen glänzen namhafte Darsteller: ob Judi Dench als freigeistige Großmutter, Lena Olin als Frau, die aus ihrer ehelichen Unterdrückung ausbricht, oder Peter Stormare als grob-ungeschlachter Wirt. Und in seiner charmanten Nebenrolle gibt Johnny Depp den attraktiven Fremden, dem die meisten Zuschauerinnen wohl ebenso hoffnungslos verfallen werden wie Binoche.

Neben diesem toll aufspielenden Cast begeistert "Chocolat" auch mit verzaubernden Bildkompositionen. Die beschwingte Kamera findet originelle Fahrten und Winkel, ohne die formalen Spielereien überhand nehmen zu lassen. Vielmehr intensiviert diese Formensprache das Märchenhaft-Verschrobene der Handlung. Der gut zusammengesetzte Soundtrack wird zurückhaltend, dadurch aber umso intensiver eingesetzt und vor allem die Sequenzen aus der Schokoladenküche machen großen Appetit auf die süßen Köstlichkeiten.

Das alles dient der Untermauerung der Kernaussage des Films: das Leben zu genießen und sich nicht von fremden und willkürlichen Regeln fesseln zu lassen. So ist "Chocolat" ein energiegeladenes Plädoyer gegen gesellschaftliche Intoleranz, die sich hinter angeblich christlichen Regeln versteckt, und ein Loblied auf die Unangepasstheit. Dass dieser an sich dramatische Konflikt mit skurrilem Humor, liebenswerten Charakteren und sehr viel Emotion dargestellt wird und sich vor allem am Ende sämtliche Probleme in vollkommenes Wohlgefallen auflösen, ist angesichts des Märchencharakters des Films verzeihbar - schließlich beginnt die Erzählung schon mit den Worten "Es war einmal".

Auch kann man unter dieser Prämisse einige kleine Klischees und inszenatorische Ungenauigkeiten leicht verschmerzen. Lasse Hallström schafft mit dieser Literaturverfilmung ein unterhaltsames Stück Kino irgendwo zwischen Arthouse und Mainstream, das mit schönen Bildern und Farben, gefühlvoller Musik und romantischen Einlagen für sich zu gewinnen weiß. Und manchmal tut es auch einfach gut, sich in so eine harmonische Welt hinweg zu träumen.

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