Bereits 1953 hatte man Mickey Spillanes ersten Mike-Hammer-Roman „I, the Jury“ relativ zeitnah verfilmt, sechs Jahre nach Erscheinen des Buches. Die Neuverfilmung aus den 1980ern besitzt nicht nur zeitlich mehr Abstand zur Vorlage.
„I, the Jury“ von 1982 versetzt Mike Hammer (Armand Assante) auch in die filmische Gegenwart und modernisiert den baumlangen Muskelprotz mit kurzer Zündschnur aus dem Roman zum tough-windigen Private Eye mit leichter Schmierlappen-Schlagseite, der aufpasst, dass die Ehefrau eines Klienten nicht mit irgendwem fremdgeht, indem er sich der Dame einfach selber an den Hals und ins Bett schmeißt. Sekretärin Velda (Laurene Landon) ist wie in der Vorlage in Hammer verschossen und gleichzeitig eine tatkräftige Hilfe für ihren Chef, der ebenso gut vernetzt wie abgebrüht ist.
Hammers Spürsinn wird geweckt, als jemand seinen besten Freund Jack Williams (Frederic Downs) ermordet – passend zum Zeitgeist der 1982er-Verfilmung ein Vietnamkumpan Hammers. Da Hammer den polizeilichen Ermittlungen unter der Leitung seines Kumpels Pat Chambers (Paul Sorvino) nicht traut, macht er sich selbst auf die Suche nach dem Killer. Nicht zuletzt, da er selbst das Urteil über den Mörder fällen und die Strafe ausführen möchte, wie schon der Titel „I, the Jury“ aussagt.
Hammers Ermittlungen führen ihn zu einer Klinik, in der Jack eine Sexualtherapie bei Dr. Charlotte Bennett (Barbara Carrera) machte. Hammer kommt der Laden aber nicht ganz geheuer vor, denn es scheinen mehrere kriminelle und staatliche Organisationen die Heilanstalt zu nutzen…
Geschrieben wurde die 1982er-Adaption von „I, the Jury“ von B-Film-Legende Larry Cohen, der ursprünglich sogar Regie führen sollte. Geblieben ist vom Roman in erster Linie der Rahmen (Auftaktmord und Endszene entstammen fast eins zu eins der Vorlage), während die sonstige Handlung zwar viele Figuren des Buches übernimmt, aber wandelt: Charlotte war ebenso wenig Gast bei einer Dinnerparty Jacks wie der örtliche Gangsterboss oder die Zwillingsschwestern, die im Film keine reichen Erbinnen, sondern sogenannte Sex-Surrogate in Charlottes bumsfideler Therapie sind. So gibt es hier auch keine Spurensuche im Puff, sondern eine Orgie im therapeutischen Rahmen, die zudem noch parallel mit einem Sexualmord montiert ist, wodurch die Szene manchmal wirkt als habe Regisseur Richard T. Heffron sich hier als Aushilfs-De-Palma versucht, ohne jedoch die Eleganz des Vorbildes zu erreichen und gleichzeitig noch den Sleaze-Faktor nochmal weiter hochzudrehen als De Palma selbst im etwas schmierigeren Teil seiner Filmographie.
Ansonsten macht Heffron allerdings einen soliden, wenn auch nicht überragenden Job. „I, the Jury“ ist nämlich summa summarum professionelle, wenn auch wenig inspirierte Hausmannskost, egal ob im Bereich Regie, Kamera oder Montage. Gerade die Actionszenen des Films sind Handwerk der brauchbaren, wenn auch nicht überragenden Sorte und bieten in erster Linie ein paar meist kurze Feuergefechte und Autojagden, ehe „I, the Jury“ dann im Finale noch einmal ordentlich in die Vollen geht, wenn Hammer sich mit einer Horde Übelwichten misst, die ihm mit Maschinengewehren, Landminen und Stachelfallen das Lebenslicht ausblasen wollen – sogar die obligatorische dicke Explosion ist vorhanden und zeigt die Anteile des aufkommenden 1980er-Actiongenres in dieser Detektivadaption.
Die Probleme des Films liegen dann überraschenderweise nicht beim Handwerker Heffron, sondern beim eigentlich sehr fähigen Larry Cohen, des Script allerdings nicht gerade zu Jubelstürmen hinreißt. Die Geschichte ist im Kern supersimpel, wird aber so dermaßen verklausuliert erzählt, dass man sie zumindest direkt nach Sichtung des Films erst einmal nicht versteht. Klassischen Freuden des Detektivfilms entsagt „I, the Jury“ auch stellenweise und lässt manchmal gar nicht genau erkennen, warum Hammer gerade auf diese oder jene Spur gekommen ist. Das passt aber fast schon wieder zum wild zusammenfabulierten Plot, in dem Geheimdienstler, Unterweltbosse und ein Triebmörder alle wichtige Rollen spielen.
Und so bezieht „I, the Jury“ seinen kruden Charme tatsächlich aus diesem wilden Mix von Elementen, die manchmal mehr schlecht als recht zusammenpassen, wobei diese Filmversion gleichzeitig mit einem komödiantischen Augenzwinkern erzählt ist, wohlwissend, dass eine genaue Adaption des Romans vollkommen aus der Zeit gefallen gewirkt hätte. So passt auch manche Blödheit oder Unwahrscheinlichkeit des Drehbuchs in den wilden Cocktail, etwa wenn Hammer eine Rostlaube mit einer Mischung aus Mottenkugeln und Fusel wieder ans Laufen kriegt (auch wenn Hochprozentiges im Deutschen mal als Sprit bezeichnet wird, ist das immer noch eine Metapher) oder der Koch im Restaurant sich von einer Sekunde auf die andere als gedungener Mörder entpuppt. Doch neben solchen grellen Eighties-Kapriolen befinden sich auch noch einige Noir-Elemente in den Film, etwa wenn eine Geheimdienstorganisation Hammers Wüten im Hintergrund lenkt, was Erinnerungen an John Boormans „Point Blank“ weckt.
Armand Assante ist eine Besetzung, über die man sich streiten kann: Optisch hat er wenig mit dem muskulösen Wüterich aus Spillanes Romanen gemein, den harten Schnüffler mit Windhundcharme bringt er aber doch einigermaßen charismatisch herüber ohne jetzt Begeisterungsstürme auszulösen. Laurene Landon ist eine erfreulich emanzipierte Velda und kann mit Toughness punkten, während Barbara Carrera als verführerische Psychiaterin eher auf optische Reize setzt, aber damit ebenfalls Eindruck hinterlässt. Zu den charismatischen Nebendarstellern gehören die bekannten Gesichter Paul Sorvino als leitender Cop, Geoffrey Lewis als Alki-Veteran und Alan King als lokale Gangstergröße.
„I, the Jury“ von 1982 ist ein wilder, teilweise reichlich kruder und an manchen Stellen auch reichlich sleaziger Detektivfilm, der seine Pulpvorlage immerhin für die 1980er fit macht, auch wenn das bedeutet große Teil des Romans über Bord zu werfen. Klassisch spannend ist das nicht und erzählerisch mit schweren Defiziten, gleichzeitig mit seinen überbordenden Ideen, dem wilden Mix verschiedener Einflüsse und dem Mut zum Abseitigen ein Unikum. Für den Actionfan gibt es noch ein paar solide Shoot-Outs und Verfolgungsjagden, während der ziemlich gute Score von „Rocky“-Komponist Bill Conti darauf verweist, dass „I, the Jury“ trotz all seiner Sleaze-Elemente eine Major-Studio-Produktion war. In all seinen Widersprüchlichkeiten schon irgendwie charmant, den klaren erzählerischen Schwächen zum Trotz.