Review
von Leimbacher-Mario
Splattrig mit Aussichten auf Fleischbällchen
„The Untold Story“ von Herman Yau, über einen psychopathischen, wirklich angsteinjagenden Serienmörder und Restaurantbesitzer, der seine Opfer in Dumplings verarbeitet (!), ist einer dieser legendären Skandalfilme, die die Kategorie 3 in Hong Kong geprägt haben und der noch heute als Vorzeigetitel dieser berühmt-berüchtigten Welle gilt. CATIII-Schocker sind die brutalste und oft verbotenste Welle an Filmen, die die einstige US-Kolonie je hervorgebracht hat. Vergleichbar mit unseren indizierten oder gar beschlagnahmten Titeln oder den Video Nasties in Großbritannien. Gerade Anfang der 90er fluorierte dieses sagenumwobene Sujet und schlug weltweit hohe Wellen unter Genrefans. Von „Men Behind the Sun“ bis „Ebola Syndrom“, Letzterer ebenfalls von Yau. Doch dieses Drei-Gänge-Menü hier bleibt für viele die unvergessene und noch immer am schwersten verdauliche Mahlzeit von allen...
Warum aber ist und bleibt „The Untold Story“ eine der (nach wie vor äußerst scharfen!) Speerspitzen dieser saftig-bizarren Gattung von Asiaschlachtplatten? Weil es sich hier um eine Serienkillerstory dreht, basierend auf wahren Ereignissen (und Mythen), die derart bitterböse, heftig und hoffnungslos dargestellt wird, dass man vor lauter Klößen im Hals bei Erbrechen eine Großfamilie sättigen könnte... „The Untold Story“ ist tiefschwarz, von seiner unangenehmen Mischung aus Blödelhumor und brutalsten Schlachtungen von Menschen (und Kindern!) bis hin zum passenderweise abgehakt wirkenden, aber deswegen umso gelungeneren Ende. Hier bleibt man mit all dem Schmerz, all dem Ekel, all der Dunkelheit und all der Angst allein. Ganz ohne Erklärung, Katharsis oder Auflösung. That's life?! Anthony Wong spielt den mordenden Restaurantchef unfassbar gut, fast schon zu gut. Selten war ein Mörder derart erbarmungslos, unberechenbar und glaubhaft. Von der sprachlos machenden Essstäbchen-Vergewaltigung über den eiskalten Familienmord bis zum Durchbeissen der eigenen Pulsadern, immer unpassend und mies konterkariert vom Slapstick und dem unangebrachten, aus der Zeit gefallen Machotum der ermittelnden, folternden Polizeieinheit, die am Ende gar nicht mal viel besser dasteht als der Killer selbst - diese „unaussprechliche Geschichte“ wäre für viele wohl wirklich lieber verschollenen geblieben... Als Fan des harten, kompromisslosen und genresprengen Asiakinos ist das allerdings ein unangefochtenes Highlight, das Leere und Schockstarre hinterlässt. Damals wie heute. Ein Schlag in die Magengrube und der Grund, warum ich diese (eigentlich äußerst leckere) asiatische Spezialität wohl mein Leben lang zwiespältig betrachten werde...
Fazit: einer der absoluten CATIII-Eckpfeiler. Noch immer schockierend, fies und heftig. Hält, was sein legendärer Ruf verspricht. Nihilistisch, abartig und jeden Hunger im Keim erstickend. Was für ein Biest!