Ein kaltblütiger Mafiamord in einem vollbesetzten Fußballstadion bildet den Ausgangspunkt für diesen Mafiakrimi von Carlo Lizzani aus den frühen 70er Jahren.
Bud Spencer spielt hier den bulligen, aber liebenswerten und herzensguten Sizilianer Rosario Rao, dem die Mordwaffe untergeschoben und die Tat angelastet wird.
Seine beiden Söhne glauben felsenfest an die Unschuld ihres geliebten Vaters und helfen dessen Verteidiger bei seinen Anstrengungen, Licht in den mysteriösen Fall zu bringen.
Als Belastungszeugen unter fragwürdigen Umständen zu Tode kommen, entlastende Beweise verschwinden und ein skrupelloser Killer sich aller Mitwisser entledigt, kommt das ungewöhnliche Trio der Wahrheit gefährlich nahe.
Als sein Anwalt mit Gewalt eingeschüchtert und sein ältester Sohn Ziel eines brutalen Anschlags wird, nutzt Rosario die erste Möglichkeit zur Flucht und stellt die Hintermänner des Komplotts auf eigene Faust.
Auf den ersten Blick wirkt "Die Rache des Sizilianers" etwas plump und in seiner Inszenierung unbeholfen - doch der anfängliche Schein trügt und entlarvt Lizzanis kleines Meisterwerk nach wenigen Szenen als spannenden Mafiakrimi, der es wie kaum ein anderer Film des Genres versteht, das schäbige, armselige Milieu, in dem er spielt, glaubhaft zu skizzieren.
Der Film besticht durch liebevoll gezeichnete Charaktere und eine dramatische Geschichte, in der die ruhigen Momente genauso harmonisch in die Handlung integriert wurden wie die action- und spannungsbetonten.
Im Vordergrund der Handlung steht weniger der von Bud Spencer glaubhaft dargestellte Sizilianer Rosario, sondern dessen Söhne, die nach der Verurteilung des Vaters zusammen mit ihrer Mutter am Existenzminimum leben und sich durch kleinere Gaunereien und Gefälligkeiten über Wasser halten. Das Umfeld, in dem sie leben, hat sie zu ausgebufften und abgeklärten Jungen gemacht, die alles daran setzen, ihren Vater aus dem Gefängnis zu holen - und wenn sie sich dafür in Lebensgefahr begeben.
Im Gegensatz zu Damiano Damianis Werken wie "Warum musste Staatsanwalt Triani sterben" wird hier in eindrucksvollen Bildern die Geschichte des kleinen Mannes erzählt, der aufgrund seiner Gutmütigkeit und seines Gerechtigkeitssinns unschuldig ins Fadenkreuz der Mafia und in die Mühlen der Justiz gerät.
Der hier dargestellte Mob ist weniger ein weit verzweigtes Imperium verschiedenster Interessengemeinschaften und einer Korruption, die bis in die höchsten politischen Ämter reicht.
Nein, in "Die Rache des Sizilianers" werden ganz kleine Brötchen gebacken und in kurzen Rückblenden der Aufstieg eines kleinen Bauarbeiters (Marcel Bozzuffi aus Lucio Fulcis "Das Syndikat des Grauens") zum erfolgreichen Bauunternehmer geschildert, der durch Ausbeutung und Steuerbetrug zu dem geworden ist, was er heute darstellt.
Die Killer werden hier auch nicht aus dem Ausland eingeflogen, sondern im näheren Umfeld gedungen.
Der Mob in diesem Film arbeitet mit einem ganz anderen Kaliber: unliebsame Mitwisser werden nicht aus dem fahrenden Auto heraus erschossen, sondern mit dem Auto überfahren.
Es ist auch nicht nötig die Polizei zu korrumpieren, denn in Turin ticken die Uhren ganz anders als beispielsweise in Sizilien oder in Neapel: der Polizeichef ist ein unerbittlicher Paragraphenreiter, für den nur Fakten zählen, während der eine oder andere Ermittler aus Naivität oder Trägheit zwischen mehreren undurchsichtigen Todesfällen keinen konkreten Zusammenhang erkennt oder erst gar nicht erkennen will.
Bud Spencer ist hier nach dem Italowestern "Die letzte Rechnung zahlst Du selbst" und dem Argento-Giallo "Vier Fliegen auf grauem Samt" in einer seiner wenigen ernsthaften Rollen zu bewundern. Auch wenn er als "Der Sizilianer" versucht gegen sein bekanntes Image aus unzähligen Prügelklamotten mit und ohne Terence Hill anzukämpfen, kommen auch hier seine Fäuste in einigen Szenen kurz zum Einsatz. Ansonsten überzeugt er in seinen wenigen Auftritten in einer charismatischen und tragischen Rolle mit ungewöhnlicher Synchronstimme.
"Die Rache des Sizilianers" ist ein kleiner, feiner und streckenweise sehr spannender und realistischer Mafiakrimi mit einer gut durchdachten Story und einem unerwarteten, aber umso glaubwürdigeren Finale.
Bud Spencer hat zwar maximal nur zehn Minuten Screentime - 50 % davon in eingebauten Rückblenden - dennoch hat Carlo Lizzani ein rundum gelungenes, sehenswertes Stück Unterhaltung abgeliefert, das von einem abwechslungsreichen Soundtrack abgerundet wird.