Review

Von kullernden Köpfen und bezaubernden Blaufiltern

In "Sleepy Hollow" frönt Tim Burton seiner dunklen Seite, ohne dass er seinem Stil das Augenzwinkern komplett raubt. Basierend auf der düsteren Fabel des hessischen Reiters, inszieniert der stilistisch exzentrische Regisseur hier einen barocken Alptraum über einen legendären Geisterreiter, der ein Dorf einige Köpfer kleiner macht... Während man mittlerweile an die Personen Depp und Burton bzw. ihre neueren Ergüsse skeptisch herangeht, war das 1999 noch nicht der Fall. "Sleepy Hollow" zeigt eindrucksvoll warum. Kreativ, dunkel, irgendwie magisch anziehend. Zumindest wenn man horroraffin ist.

Die mittelalterlichen Kulissen und Kostüme sind von einer Detailversessenheit und Pracht, dass man neben dem Hut gleich den gesamten Schäden ziehen will. Christopher Walken als kopfloser Reiter ist etwas, was man erleben muss und Depp als hochnäsiger aber begabter Ermittler spielt wunderbar zurückhaltend und nicht ansatzweise so extrovertiert wie schon kurze Zeit später. Wenige Werke würde ich lieber nochmal, wenn möglich 4K-restauriert, auf der großen Leinwand sehen. Unterkühlt, atmosphärisch, voller Nebel und Liebe zum Spukgenre. Blutig dazu. Sprudelnd.

Fast eine Art romantischer Gothic-Grusel, ganz dem Zauber alter Tage verpflichtet. Horror-Retro, bevor "retro" zu einem geflügelten Wort wurde. Als ob man einen Film der Hammer-Schmiede sehen würde, aus einem Paralleluniversum, in dem das altehrwürdige Produktionshaus nie vom Gas gegangen wäre und sich sogar weiterentwickeln durfte. Ich halte "Sleepy Hollow" für eine zeitlose Schauermär und einen der unterschätztesten Filme Burtons. Oder zumindest ein Werk, dass man viel öfters erwähnen sollte. Poetisch, kraftvoll und spielend leicht. Trotz dem traditionell schwermütigen Thema. Jedes Bild ein Gemälde. Zwischen klassischer Literatur und Comic, zwischen Romantik und Horror, zwischen Verklärtheit und Tagtraum, zwischen breitem Grinsen und Gänsehaut. Zum Zungeschnalzen!

Fazit: aus einer Zeit vor dem nervigen Johnny Depp und dem entzauberten Tim Burton. "Sleepy Hollow" ist eines von Hollywoods feinsten Gruselmärchen. Prachtvoll, gespenstig und mit mehr grauenhaft-schönen Schauwerten gesegnet als Freddy Kruegers Alpträume. Zudem nimmt er sich nie allzu ernst und weiß immer, was er sein will. Bockstark!

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